Wohltäter Hitler: Besuch bei Auschwitz-Leugnern
"Ich möchte wissen, wo die angeblich sechs Millionen Menschen umgebracht worden sind", ruft der Mann seinen Kameraden zu. "Warum bin ich jahrzehntelang belogen worden?" Der Mann, der hier offenkundig den Holocaust in Frage stellt, ist Hans Püschel, Vorsitzender der NPD-Fraktion im Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt. Er hat Gleichgesinnte in eine Kneipe in Naumburg an der Saale geladen, um über "Auschwitz und die Meinungsfreiheit" zu diskutieren - in einer Zeit, in der Überlebende und Angehörige zum 70. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager der Opfer gedenken.
Ermittlungen gegen Haverbeck
Mit im Saal auch weitere NPD-Politiker, darunter Landesvorstandsmitglied Steffen Thiel, der unlängst die Proteste gegen das Flüchtlingsheim in Tröglitz organisiert hatte. Gemeinsam mit der bekannten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck will Püschel neue Beweise dafür vorlegen, dass die Massenvernichtung der Juden durch die Nationalsozialisten nicht stattgefunden habe.
Die 86-jährige Frau aus dem westfälischen Vlotho, einst Mitbegründerin des mittlerweile verbotenen geschichtsrevisionistischen Schulungszentrums "Collegium Humanum", hat unlängst mit einem Internetvideo auf ihrer Homepage für Aufsehen gesorgt. Darin behauptet sie: "Der Holocaust ist die größte und nachhaltigste Lüge der Geschichte." Als "umwerfenden Beweis" dafür feiert sie vor allem ein Buch, das sie vor einiger Zeit entdeckt habe: Die "Standort- und Kommandanturbefehle des Konzentrationslagers Auschwitz 1940-1945", eine Quellensammlung des Münchner Instituts für Zeitgeschichte, in der die Befehle für die SS-Wachmannschaften zusammengetragen sind. Inzwischen wird deshalb gegen sie ermittelt.
Zitate und zynische Kommentare
Auch bei der Veranstaltung in Naumburg steht dieses Buch im Mittelpunkt. Haverbeck und Püschel - beide bereits wegen Volksverhetzung verurteilt - verkünden, dass dies "das letzte Puzzlestück" sei, das fehlte, um zu belegen, dass Auschwitz ein Arbeits- und kein Vernichtungslager gewesen sei. "Alle Kräfte dort waren eigentlich unentbehrlich für die Rüstungsindustrie", sagt Haverbeck. Von Gaskammern sei da nicht die Rede, vielmehr sei mit den Gefangenen ordentlich umgegangen worden.
Die Zitate liefern sie gleich mit - samt kaum zu ertragender zynischer Kommentare. In einem Befehl heiße es, liest Püschel vor, dass darauf zu achten sei, dass die Gefangenen sieben bis acht Stunden Ruhe haben, um ausgeruht ihre Arbeit wieder beginnen zu können. Und frotzelt: "Das habe ich selber selten genug gehabt“. Jede Woche sei einmal ein Fußappell zu machen, zitiert er weiter und verhöhnt die Auschwitz-Opfer: "Die Häftlinge haben also die Füße vorzuzeigen, dass sie sauber und gesund sind, weil es viele von sich aus wahrscheinlich nie gemacht oder nur einmal im Monat die Füße gewaschen hätten, sonst wäre so eine Anordnung nicht notwendig gewesen.“ Kranke Häftlinge seien rechtzeitig herauszuziehen: "Lieber bei entsprechender ärztlicher Behandlung eine kurze Zeit im Krankenbau und dann wieder gesund an den Arbeitsplatz als eine lange Zeit ohne Arbeitsleistung am Arbeitsplatz belassen", referiert er. "Das würde ich mir heute wünschen, wo viele Leute aus Angst um den Arbeitsplatz weiter arbeiten, damit sie ihren Arbeitsplatz nicht verlieren."
Die bizarre Schlussfolgerung von Haverbeck und Püschel: Wo gearbeitet wurde, wurde nicht getötet. Schließlich herrschte deutsche Ordnung und Gründlichkeit. Ob die Herausgeber der "Standort- und Kommandanturbefehle" dies genauso sehen?
- Teil 1: Ermittlungen gegen Haverbeck
- Teil 2: Keine Beweise für die Nichtexistenz des Holocaust