Holocaust-Leugnerin Haverbeck macht weiter
Tut sie es wieder? Leugnet sie erneut den Holocaust? Das war die große Frage. Erst im November war Ursula Haverbeck vom Hamburger Amtsgericht zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden - wegen Volksverhetzung. Ins Gefängnis musste sie bisher nicht, noch läuft das Berufungsverfahren. Nun war die 87-Jährige Hauptrednerin bei einer Veranstaltung von Rechtsextremisten in Berlin. Dabei sollte es um "neue historische Fakten aus jüdischen und russischen Originalquellen" gehen. Um es vorweg zu nehmen: Haverbeck verkündete erneut ihr krudes Credo: "Den Holocaust hat es nicht gegeben" - und bestätigte damit das, was der Hamburger Richter in seinem Urteil sagte: "Sie sind unbelehrbar!"
"Wesensverwandtschaft" der NPD zum Nationalsozialismus?
Rund 80 Zuhörer waren in das Hinterzimmer einer Berliner Kneipe gekommen. Haverbeck eingeladen hatte der rechtsextreme "Hoffmann-von-Fallersleben-Kreis", dessen Leiter der ehemalige NPD-Bundestagskandidat Richard Miosga ist. Der war zwar selbst nicht vor Ort, dafür andere führende Köpfe der Partei, wie Uwe Meenen, Berliner Landesvorstand und Referent des NPD-Europaabgeordneten Udo Voigt, die Brandenburger NPD-Funktionärin Manuela Kokott und Frank Odoy, Aktivist des Kreisverbands Oderland.
NPD-Funktionäre bei einer Veranstaltung, bei der der Massenmord an den Juden geleugnet wird? Das kommt dem NPD-Bundesvorstand angesichts des laufenden NPD-Verbotsverfahrens wohl eher ungelegen. Anfang März beginnt die Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Dabei soll auch geklärt werden, inwieweit es eine "Wesensverwandtschaft" der rechtsextremen Partei zum Nationalsozialismus gibt. "Zur ideologischen Programmatik der NPD gehören Versuche, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu relativieren oder zu rechtfertigen", heißt es in dem Antrag der Bundesländer. Der Bundesvorsitzende der Partei, Frank Franz, gab sich auf Anfrage von "Spiegel Online" jedenfalls zerknirscht. Er habe von der Versammlung in Berlin keine Kenntnis gehabt: "Das Präsidium der NPD hat und wird solche Veranstaltungen weder genehmigen noch befürworten." Warum Funktionäre aus seinen Reihen teilgenommen haben und wer Organisator der Holocaust-Leugner-Versammlung war, das müsse man jetzt auswerten.
"Nichts echt an der Gaskammer"
Die andere Frage, ob Ursula Haverbeck sich nicht vor dem Gefängnis fürchte, beantwortete sie gegenüber Panorama mit einem klaren "Nein!". Vielmehr wolle sie mit ihren Vorträgen dem Paragraphen 130 des Strafgesetzbuches "nun endgültig den Garaus machen". Der Paragraph stellt Volksverhetzung und Leugnung der NS-Verbrechen unter Strafe. So wiederholte sie in Berlin das, was sie schon mehrmals vor Gericht brachte: "Es ist nichts echt an der Gaskammer", sagte sie zu den Gaskammern im Vernichtungslager Auschwitz. Damit sei "das größte, unsühnbare und unvergleichbare Verbrechen, das die Deutschen begangen haben sollen, hinfällig". Haverbeck kündigte an, sich von Gerichtsurteilen nicht aufhalten zu lassen. Schließlich seien in Auschwitz "keine Millionen und auch keine Hunderttausenden umgebracht worden", so die 87-Jährige. Deswegen müssten sich die Deutschen gegen die "Sechs-Millionen-Lüge" der Juden zur Wehr setzen.
"Den Holocaust hat es nicht gegeben", versicherte Haverbeck mehrmals. Und sie fügte an: "Immer mehr Juden sagen das auch." Als Beleg dafür stellte sie das Buch "Tell the Truth & Shame the Devil" von Gerard Menuhin vor, in dem er den Holocaust als "größte Lüge der Geschichte" bezeichnet und Deutschland von der Schuld am Zweiten Weltkrieg freisprechen will. Einen solchen "Beleg" nimmt Haverbeck gerne an - scheint er doch von vermeintlich seriöser Seite ihre Verherrlichung des Nationalsozialismus zu stützen. Gerard Menuhin ist Sohn des weltberühmten jüdischen Geigers Yehudi Menuhin.
Abermals behauptete Haverbeck, dass die vom renommierten Institut für Zeitgeschichte gesammelten "Standort- und Kommandanturbefehle des Konzentrationslagers Auschwitz" belegen würden, dass in Auschwitz keine Menschen vernichtet wurden. Einer der Herausgeber, Professor Norbert Frei, hatte gegenüber Panorama bereits erläutert, dass diese Befehle keineswegs Beweis dafür sind, dass es sich bei Auschwitz um kein Vernichtungslager handelte.
Berliner Verfassungsschutz ahnungslos
Als Haverbeck dann noch zum Rundumschlag gegen das Judentum ausholte, gab es starken Applaus ihrer Zuhörer. Das Judentum sei "eine Weltanschauung, die den Materialismus, das Geschäft, den wirtschaftlichen Erfolg als oberstes Prinzip hat", so die verurteilte Volksverhetzerin. Die Juden seien das "Antivolk", quasi ein "Nein zu den Völkern".
Neben Haverbeck referierte in Berlin der ehemalige Chef der NPD Oberbayern, Roland Wuttke. Der Funktionär der NPD-Tarnorganisation "Bürgerinitiative Ausländerstopp" stellte ein anderes Buch aus einem rechtsextremen Verlag vor, in dem die Schuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg relativiert wird. Für jenes Buch steuerte der AfD-Funktionär Stefan Scheil ein Vorwort bei. Die Veranstaltung des "Hoffmann-von-Fallersleben-Kreises" sollte ursprünglich im brandenburgischen Rangsdorf (Kreis Teltow-Fläming) stattfinden, die Behörden verhinderten dies jedoch im Vorfeld. So verlegte man die Versammlung kurzfristig in der Gaststätte "Zum Marienstübchen" in Berlin-Lichtenrade. So konnten es keine Probleme mit den Behörden geben. Vom "Hoffmann-von-Fallersleben-Kreis", der regelmäßig Veranstaltungen durchführen soll, hat man beim Berliner Verfassungsschutz noch nichts gehört.