Bundesregierung muss nicht gegen U.S.-Drohnenangriffe vorgehen

Stand: 25.11.2020 21:18 Uhr

Die US-Militärbasis Ramstein gilt als Schaltzentrale bei internationalen Drohnenangriffen. Unklar war bisher, ob die Bundesregierung etwas dagegen unternehmen muss. Das Bundesverwaltungsgericht entschied nun: Nein, muss sie nicht.

von Armin Ghassim

Deutschland muss den USA nicht untersagen, die Air-Base Ramstein für Drohnenangriffe im Jemen zu nutzen. So hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 25.11.2020 entschieden. Drei Jemeniten hatten mit Hilfe von Menschenrechtsanwältinnen und -anwälten seit 2015 gegen die Bundesrepublik geklagt, denn die US-Militärbasis im rheinland-pfälzischen Ramstein macht Drohnenangriffe im Mittleren Osten und Afrika überhaupt erst möglich.

VIDEO: Deutschland: Schaltzentrale im weltweiten Drohnenkrieg (12 Min)

Entscheidende Logistik in Deutschland

Wie Panorama und "Süddeutsche Zeitung" 2013 berichteten, befinden sich in Ramstein wichtige Satelliten-Relaisstationen, welche die Drohnenpiloten in den USA letztlich mit den Drohnen verbinden. Ohne Ramstein wären tödliche Drohnenangriffe z.B. in Afrika und dem Mittleren Osten also gar nicht machbar. Auf diese Erkenntnisse stützt sich die Klage.

Einer der Kläger ist der 62-jährige Faisal bin Ali Jaber. Er verlor nach eigenen Angaben einen Neffen und einen Schwager bei einem Angriff 2012. "Ich erwarte und erhoffe mir, dass die deutsche Bevölkerung mit uns fühlt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Deutschen die Rolle von Ramstein im US-Drohnenprogramm gutheißen. Ich appelliere an die Bundesregierung, dafür zu sorgen, dass Ramstein nicht für illegale Tötungen wie bei US-Drohnenprogrammen benutzt wird."

Deutsche Verantwortung für getötete Zivilisten?

Die USA fliegen regelmäßig Drohnenangriffe gegen mutmaßliche Terroristen im Jemen, lange schon vor dem Ausbruch des Jemen-Krieges. Menschenrechtler beklagen dabei immer wieder, dass häufig aus reinem Verdacht heraus - der sich später als falsch erweise - getötet wird. Seine Verwandten seien Lehrer und Polizisten gewesen, so der Kläger Faisal bin Ali Jaber.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte im letzten Jahr anerkannt, dass Deutschland aktiv prüfen muss, ob die US-Drohnenangriffe von Ramstein aus gegen das Völkerrecht verstoßen. Es reiche nicht, dass die Bundesregierung sich auf eine amerikanische Zusicherung verlasse, dass nichts Illegales passiere. Deutschland habe eine Schutzpflicht für potenzielle Opfer von Drohnenangriffen, die auch von deutschem Boden aus gesteuert werden, urteilte das OVG. Dies ergebe sich aus dem Grundrecht auf Leben. Das Gericht mahnte zudem eine genaue Unterscheidung von Zivilisten und Kombattanten an. Das Völkerrecht biete keine Grundlage für Militärschläge ohne unmittelbare Gefahr.

"Das Urteil ist für uns nicht nachvollziehbar"

Die Bundesregierung legte jedoch Revision ein. Nun gab das Bundesverwaltungsgericht ihr Recht. Die Kläger hätten keinen Anspruch, "dass die Bundesregierung über die bisher schon durchgeführten diplomatischen und politischen Konsultationen sowie die Einholung rechtlicher Zusicherungen hinaus Maßnahmen ergreift, um sicherzustellen, dass die Nutzung der Air Base Ramstein durch die USA für Einsätze bewaffneter Drohnen im Jemen im Einklang mit dem Völkerrecht erfolgt."

Im Klartext: Die Kläger müssen sich damit zufriedengeben, dass die USA der Bundesregierung versichern, nichts völkerrechtswidriges auf deutschem Boden zu tun.

"Es bestehen weiter Zweifel über diese Auslegung des Völkerrechts. Das Urteil ist für uns nicht nachvollziehbar", sagte der die Kläger vertretende Menschenrechtsanwalt Andreas Schüller nach Urteilverkündung gegenüber Panorama.

Das Recht auf Leben sei ein zu hohes Gut. Diplomatische Bemühungen dürften hier nicht ausreichen, es müsse Kontrolle geben. "Alle bisherigen Informationen zu dieser Thematik kamen von Whistleblowern und Journalisten. Es ist Zeit, dass die Bundesregierung selbst hinschaut. Wir werden eine Verfassungsbeschwerde prüfen", so Schüller.

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