Deutschland: Schaltzentrale im Drohnenkrieg
Die US-Basis in Ramstein spielt eine weit bedeutendere Rolle im weltweiten Drohnen-Krieg der USA als bislang bekannt. Nach Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung werden auf der Militärbasis Live-Bilder der völkerrechtlich umstrittenen Drohneneinsätze analysiert und mit nachrichtendienstlichen Erkenntnissen abgeglichen. Zudem wird Ramstein als Relaisstation genutzt, um Steuerungsbefehle an die weltweit operierende Drohnenflotte zu übermitteln.
Bislang ging man davon aus, dass lediglich Drohnenangriffe in Afrika von Deutschland aus gesteuert werden. Die Recherche stützt sich auf amerikanische Dokumente und die Aussagen des ehemaligen Drohnen-Piloten Brandon Bryant: "Ohne Deutschland wäre der gesamte Drohnen-Krieg des US-Militärs nicht möglich", so Bryant. Er war bis April 2011 auf einer Basis in New Mexico stationiert und steuerte von hier aus Drohnen. Während Bryants Dienstzeit war seine Einheit an der Tötung von 1626 Menschen beteiligt.
"Als erstes in Ramstein angerufen"
"Bei Dienstbeginn habe ich immer als erstes in Ramstein angerufen", sagt Bryant. Wegen der großen Entfernung zwischen den Einsatzgebieten - etwa Pakistan oder Jemen - und den Drohnen-Piloten in den USA müsse das Signal über Deutschland geleitet werden. Hier wird das Satellitensignal aufgefangen. Über ein Kabel wird dann die Verbindung in die USA hergestellt. Das belegen auch interne Dokumente des US-Militärs.
Weltweit operierende Einheit
Auf der Basis in Ramstein befindet sich seit Februar 2003 zudem das sogenannte "Distributed ground System 4" (DGS-4) eine Einheit, die Live-Bilder der Drohnen-Einsätze analysiert. Die Videos werden mit Geheimdienstinformationen abgeglichen, und über ein verschlüsseltes Chat-Programms namens mIRC erhalten die Drohnen-Piloten aus Ramstein dann Analysen und Anweisungen.
Das DGS-4 ist eine von fünf weltweit operierenden Einheiten, die Drohnenbilder auswerten. Welche Einheit welche Drohneneinsätze konkret begleitet,bleibt unklar. Entsprechende Fragen - auch nach den Satellitenverbindungen - wollte das US-Militär aus Sicherheitsgründen nicht beantworten. In Militärzeitschriften und in Einträgen im Karriereportal Linkedin beschreiben amerikanische DCGS-Mitarbeiter die Funktionsweise dagegen offen.
Untersuchungsausschuss soll für Aufklärung sorgen
In mehreren Linkedin-Profilen berichten Militärs und Zivilangestellte aus Ramstein über ihre Beteiligung an den Drohneneinsätzen im "weltweiten Krieg gegen den Terror." Die Bundesregierung erklärte auf Anfrage, die US Regierung habe ihr versichert, "dass von amerikanischen Stützpunkten in Deutschland Einsätze bewaffneter ferngesteuerter Luftfahrzeuge weder geflogen noch befehligt werden."
Im vergangenen Jahr hatten Panorama, WDR und die "Süddeutsche Zeitung" erstmals über die deutsche Verwicklung in den Drohnen-Krieg berichtet und die Debatte damit angestoßen. US-Präsident Barack Obama hatte auf die Berichterstattung mit der Aussage reagiert, Deutschland sei "keine Ausgangsbasis" für Drohnenangriffe. Ab dieser Woche beschäftigt sich auch der NSA-Untersuchungsausschuss mit der Drohnen-Problematik.