Zahnspangen: Wie Kieferorthopäden Kasse machen
In Deutschland bekommen zwei von drei Kindern eine Zahnspange. Etwa 80 Prozent der Familien bezahlen neben den Krankenkassenkosten noch zusätzlich Geld zur Behandlung. Im Durchschnitt sind das pro Kind rund 1.000 Euro zusätzlich. Kritik gibt es auch von Kieferorthopäden selbst.
Alexander Spassov ist Kieferorthopäde, laut eigenen Aussagen behandelt er fast alle seine Patienten ohne Zuzahlungen. Denn: Laut Spassov würden die teuren Zahnspangen keine medizinischen Vorteile bieten. "Der Forschungsstand, den ich kenne, sieht keine Unterschiede, weder in der Behandlungsdauer, in der Behandlungsqualität, noch beim Erreichen der Behandlungsziele oder möglicher Schäden, zum Beispiel Karies oder Zahnfleischerkrankungen", sagt er.
Die Studienlage bestätigt die Aussagen von Spassov. Zuletzt erschien eine große Metastudie. Das Ergebnis von Wissenschaftlerinnen der Universität Straßburg: "Die überwiegende Mehrheit der untersuchten Kriterien zeigte keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Arten von Zahnspangen." Das bedeutet - das Kassenmodell reicht aus.
Die Recherchen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" zeigen: Die Privatspangen sind nicht nur medizinisch unnötig, sondern manchmal sogar noch überteuert. Dem Recherche-Team liegen E-Mails und Einkaufspreise vor, die zeigen, dass Zahnärzte bisweilen hohe Rabatte von 40 Prozent oder mehr erhalten - beim Weiterverkauf an Patienten schlagen Ärzte teilweise sogar mehr als 100 Prozent auf.
Der Berufsverband der deutschen Kieferorthopäden lehnt ein Interview zu den Missständen ab, sieht aber offenbar kein Fehler im System. Er schreibt: "Versicherten steht es jederzeit frei, sich für eine zuzahlungsfreie Behandlung zu entscheiden."