Live vom Ozeandampfer: Das "Hamburger Hafenkonzert"
Die neue Sendung wurde schnell ein großer Erfolg, das Publikum nahm sie begeistert auf. Die Fachkreise um die Seefahrt, der Handel und die verschiedenen Schiffsberufe berichteten darüber, die Reedereien stellten gern ihre Schiffe für eine Übertragung zur Verfügung.
Das "Hafenkonzert" im "Dritten Reich"
Für die Nationalsozialisten, die von 1933 an auch den Rundfunk kontrollierten, war es daher gar keine Frage, dass dieses populäre Format weitergeführt werden musste. Die einzelnen Bausteine, aus denen die Sendung bestand, kamen ihren Intentionen entgegen. Der feierliche Einstieg war bereits ein Ritual. Die unterhaltenden Elemente, der Schnack von Kurt Esmarch mit Karl Herbert, genannt "Käpp’n Herbert", dazu die Musik und die Berichte - das passte sehr gut in ein Rundfunkprogramm, das sich möglichst volkstümlich geben wollte. In vielen autobiografischen Texten von Beteiligten und in den Sachbüchern zum "Hafenkonzert" wird betont, wie unbeschadet und kompromisslos die Geschichte des "Hafenkonzerts" gewesen sei.
Dabei bedurfte es nur ganz geringer Vorgaben, um die populäre Sendung mit den Zielen des nationalsozialistischen Staates in Einklang zu bringen. Denn ganz selbstverständlich wurde beispielsweise in der Sendung am 5. Mai 1937 das "Kraft durch Freude"-Schiff "Wilhelm Gustloff" getauft und eine Ansprache von Robert Ley, dem Leiter der Deutschen Arbeitsfront, gesendet. Die 500. Sendung des "Hamburger Hafenkonzertes" am 10. Juli 1938 avancierte zum Presseereignis, mit dem der "Wiederaufstieg der deutschen Wirtschaft, das Wachsen der deutschen Flotte und die wiedererstandene deutsche Seegeltung" gefeiert wurde. Das "Hafenkonzert" gab es auch während des Zweiten Weltkriegs, freilich nicht mehr als Live-Übertragung, sondern als im Bunker aufgezeichnete Sendung.
Zwischen "Hafen-" und "Bergmannskonzert"
Nach dem Ende des "Dritten Reiches" nahm der Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR) die Traditionssendung wieder ins Programm. Auf Anraten des ehemaligen Intendanten Hans Bodenstedt, der 1933 von den Nationalsozialisten entlassen worden war und nach dem Krieg erneut beim NWDR arbeitete, wurde das bewährte Format am 4. Mai 1947 wieder eingeführt - zunächst noch vierzehntäglich, denn die Konkurrenz zwischen dem Hamburger und dem Kölner Funkhaus im NWDR sorgte dafür, dass das "Hafenkonzert" sich mit dem "Bergmannskonzert" abwechseln musste. Der neue, demokratische Rundfunk achtete recht genau darauf, dass in der unterhaltenden Sendung propagandistische Töne vermieden wurden und sowohl heimatliche Identifikation als auch Völkerverständigung im Mittelpunkt standen.
Musik und ein bißchen Seemannsgarn
Für die Musik sorgte Erich Schneider-Kamin, 1954 gefolgt von Hans Freese, genannt "Küsten-Karajan" und "Meister des Blechs". Sein Hamburger Blasorchester prägte knapp ein Vierteljahrhundert lang den Sound dieser Sendung. Seit Mitte der 1950er Jahre spielte die Kapelle im Schulauer Fährhaus. Darüber hinaus lud man zahlreiche Gäste ein: Gesangssolisten wie Bernhard Jakschtat, Hein Timm und Addi Münster oder zeitgenössische Schlagerstars, allen voran Freddy Quinn, Vico Torriani und Fred Bertelmann. Erst Mitte der 1950er-Jahre wurden auch Frauen eingeladen. Heidi Kabel war der erste weibliche Gast, gefolgt von Lale Andersen, Liselotte Malkowsky oder Hildegund Carena.
Die Gespräche standen unter dem Motto: vielseitig, aktuell und interessant. Seefahrer erzählten von ihren Fahrten und Abenteuern, aber auch von politischen Geschicken. Dazu gehörte etwa Kapitän Gustav Schröder, der 1950 darüber berichtete, 900 jüdische Emigranten in die "Neue Welt" zu bringen. Karl Otto Drummer, einer der wenigen Überlebenden des 1959 untergegangenen Viermastsegelschiffs "Pamir", wurde interviewt, und der damalige Hamburger Innensenator und spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt informierte 1962 über den Stand der Rettungsarbeiten bei der Hamburger Flutkatastrophe. Ganz selbstverständlich wurde aber auch über die Schiffsbegrüßungsanlage "Willkomm-Höft" berichtet, die der Gastronom Otto Friedrich Behnke im Juni 1952 eröffnete, und hier und da wurde auch eifrig Seemannsgarn gesponnen.
- Teil 1: Radio-Werbung für Hamburg
- Teil 2: "Eine Sendung, die nach Tang und Teer riecht"
- Teil 3: Das "Hafenkonzert" im "Dritten Reich"
- Teil 4: So alt und doch jedes Mal neu