Live vom Ozeandampfer: Das "Hamburger Hafenkonzert"
Das "Hamburger Hafenkonzert" ist Tradition. Die maritime Radiosendung am Sonntagmorgen, die 1929 startete, stellt eine beispiellose Erfolgsgeschichte dar. Bis heute ist die unterhaltsame Sendung von der Waterkant mit viel Musik und nettem Plausch ein akustisches Aushängeschild des Hamburger Senders und eine Visitenkarte des Nordens.
"Stapellauf" war am 9. Juni 1929. Unter dem Titel "Hamburger Hafenkonzert" kündigte die Direktion der Nordischen Rundfunk AG (Norag) ein Frühkonzert an, das jeden Sonntagmorgen von 7.00 bis 8.15 Uhr live von einem im Hafen liegenden Ozeandampfer übertragen werden sollte. Die damalige gleichnamige Rundfunkzeitschrift "Die Norag" begrüßte diesen Entschluss "aufs wärmste" und prognostizierte, dass "die Übertragung eines solchen Konzerts (…) werbend für Hamburg und seinen Hafen wirken wird." In der Tat blieb der Erfolg nicht aus. Sehr bald schon übernahmen andere deutsche Rundfunksender die maritime Sendung aus der Hansestadt. Bis jetzt wurden bereits mehr als 2.800 Sendungen ausgestrahlt.
Heimatverbunden und weltläufig
Zum Erfolg der neuen Sendung in der Weimarer Republik trugen zwei Umstände bei: Zum einen reagierten die Senderverantwortlichen des Rundfunks in Hamburg mit der Erfindung dieses Musik-Wort-Formats folgerichtig auf die Programmdebatten ihrer Zeit. Zum anderen fiel die Sendung in eine Boom-Phase der Hafenwirtschaft und unterstützte so die Werbemaßnahmen der Hansestadt.
1929, im fünften Jahr seiner Geschichte, war der Hamburger Rundfunk den Kinderschuhen entwachsen. Die Hörerschaft in Norddeutschland stieg kontinuierlich an, sie wurde anspruchsvoller und verlangte ein vielseitiges Programmangebot. Vor allem die Frage nach der regionalen Identität und nach der Rolle, die das neue Medium Rundfunk dabei spielen konnte, wurde lebhaft diskutiert. Die Programmmacher in Hamburg - allen voran Hans Bodenstedt, Hans Böttcher und Kurt Stapelfeldt - waren fest in der Volks- und Heimatbewegung verankert und verstanden den Rundfunk folgerichtig als "Träger und Erhalter der Heimatkultur".
Eine neue unterhaltende Sendung aus Hamburg für die norddeutsche Region war also sehr willkommen - als Heimatsendung trug sie zur norddeutschen Identität bei, strahlte zugleich aber auch Weltläufigkeit und Internationalität aus. Denn Heimat, so Stapelfeldt im zeitgenössischen Sprachgebrauch, sollte eine "Kraft zum seelischen Gleichgewicht" sein. Gleichzeitig verstand man den Rundfunk als Instrument zur Bildung von "Weltmenschen".
- Teil 1: Radio-Werbung für Hamburg
- Teil 2: "Eine Sendung, die nach Tang und Teer riecht"
- Teil 3: Das "Hafenkonzert" im "Dritten Reich"
- Teil 4: So alt und doch jedes Mal neu