Live vom Ozeandampfer: Das "Hamburger Hafenkonzert"
Das Sendungskonzept deckte sich mit den Interessen der Hansestadt. Alexander Zinn, seit 1922 Leiter der neu geschaffenen Hamburgischen Staatlichen Pressestelle und in dieser Funktion seit 1924 Vertreter des Senats im Norag-Überwachungsausschuss, setzte sich aktiv für Werbemaßnahmen für den Hafen ein. Deutschlands "Tor zur Welt" musste die Einbußen überwinden, die der Erste Weltkrieg verursacht hatte. Bereits 1928/29 erreichte der Warenverkehr wieder das hohe Vorkriegsniveau. Mit 28,5 Millionen Tonnen kletterte der Umschlag von Gütern im deutschen Universalhafen sogar auf ein erstes Rekordhoch, wie der Maritimhistoriker Stefan Kiekel nachwies. Von Anfang an spiegelte das "Hafenkonzert" auch immer die wirtschaftliche und politische Situation dieser Hamburger Lebensader wider.
"Eine Sendung, die nach Tang und Teer riecht"
Die Stimme des "Hafenkonzerts" gehörte Kurt Esmarch , er war für über drei Jahrzehnte "Herr Hafenkonzert". Esmarch, in Bergenhausen (Kreis Schleswig) als Pastorensohn geboren, war fasziniert von Wind und Meer, von Technik und Abenteuer. Seine Laufbahn als Marinebaumeister führte zum Einsatz als Marineflieger im Ersten Weltkrieg. Bereits 1924 arbeitete der literarisch ambitionierte junge Mann gelegentlich für den Rundfunk, im Januar 1927 wurde er fest angestellt.
Esmarch war Sprecher, Ansager, Reporter - kurz: Mädchen für alles -, als er den entscheidenden Auftrag von Intendant Hans Bodenstedt erhielt. "Eine Sendung, die nach Tang und Teer riecht" sollte es werden, so die Legende. Der von der neuen Reportagetechnik begeisterte Mitarbeiter gestaltete die Programmvorgaben aus. Die Übertragung kam von einem im Hafen liegenden Schiff, um etwas von der maritimen Aura zu vermitteln. Die Glocken des "Großen Michel" (St. Michaelis Kirche), dem Wahrzeichen der deutschen Seefahrer, und ein Choral bildeten den stimmungsvollen Sendeauftakt. Die Hörerinnen und Hörer sollten ein bisschen Fernweh verspüren und einen Schuss Hafen- und Seefahrer-Romantik vermittelt bekommen.
Aus der Tradition des feiertäglichen Frühkonzerts entwickelte die Norag kurzerhand etwas ganz Neues, eine rundfunkgemäße Mischform mit Live-Musik vom eigenen "Hafenkonzert"-Orchester, mit kleinen Reportagen und Lokalkolorit versprühendem Schnack rund um Seefahrt und Hafen - Radio-Werbung für Hamburg also.
- Teil 1: Radio-Werbung für Hamburg
- Teil 2: "Eine Sendung, die nach Tang und Teer riecht"
- Teil 3: Das "Hafenkonzert" im "Dritten Reich"
- Teil 4: So alt und doch jedes Mal neu