Im Dienst der "Volksgemeinschaft"
Seit dem Sommer 1932 war der Rundfunk verstaatlicht, große Kompetenzen lagen bei der Reichsregierung. Den Nationalsozialisten fiel bei ihrer "Machtergreifung" im Frühjahr 1933 somit ein wirksames Propagandainstrument in die Hände. Mit der Gründung des neuen "Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda" am 13. März 1933 sicherte sich der Propagandachef der Nationalsozialisten, Joseph Goebbels, den entscheidenden Einfluss auf die Medien und auf die kulturellen Bereiche des neuen Staates.
Gezielt knüpften die neuen Machthaber an den erfolgreichen Verlauf der Radioentwicklung an und führten diese in ihrem Sinn fort. Mit billig produzierten Empfangsgeräten wie dem "Volksempfänger" und dem "Deutschen Kleinempfänger" setzte sich das Radio in den deutschen Haushalten immer mehr durch. Der Rundfunk wurde im "Dritten Reich" zu einem Massenmedium. Waren Ende 1932 4,3 Millionen Deutsche als Rundfunkteilnehmer angemeldet, so kletterte diese Zahl bis Ende 1939 auf über 13,7 Millionen. Dabei sollte der Rundfunk – so die Propaganda – der Bildung der "Volksgemeinschaft" dienen.
Hörerproteste gegen den "Staatsfunk"
"Ganz Deutschland hört den Führer" verkündete ein bekanntes Werbeplakat, das für den Kauf eines "Volksempfängers" warb. Doch den Radioprogrammen wurde nicht - wie darauf beworben - in der Öffentlichkeit und in Massenversammlungen gelauscht. Der Rundfunk war bereits zu einem Alltagsmedium geworden, das vorrangig im privaten, häuslichen Umfeld genutzt wurde.
Die NS-Machthaber taten sich schwer, das Programmangebot des Rundfunks attraktiv zu gestalten. So war das Programm im Jahr der "Machtergreifung" von den neuen politischen Tönen beherrscht. Sondersendungen, Übertragungen von Reden, propagandistische Sendeplätze und ganze Programmtage im Dienst der neuen Ideologie sorgten für Proteste bei den Hörern. Vor allem Joseph Goebbels forderte in den nächsten Jahren mehr unterhaltende Programmangebote und sorgte für mehr Musikanteile im Programm. Der Rundfunk sollte zwar immer politisches "Führungsmittel" sein, gleichzeitig sollte er aber auch auf Akzeptanz in der Bevölkerung stoßen.
Hakenkreuzfahnen auf dem Hamburger Funkhaus
In Norddeutschland spiegelten sich diese Entwicklungen wider. Bereits am 19. Januar 1933 war die Norag in eine GmbH umgewandelt worden: 51 Prozent des Gesellschaftskapitals lagen bereits bei der zentralen Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (RRG), die verbleibenden 49 Prozent der Länder sollten bis 1934 an die RRG abgegeben werden. Dieser Umbau des Rundfunksystems, das wirtschaftlich und politisch zentralisiert werden sollte, war am 1. April 1934 abgeschlossen.
Der "Reichssender Hamburg" - einer von insgesamt neun "Reichssendern" - wurde zu einer Filiale der "Reichs-Rundfunk-Gesellschaft". Der Zugriff der Nationalsozialisten auf den Rundfunk war auch in Norddeutschland von Entlassungen begleitet. Wie viele der insgesamt knapp 250 Mitarbeiter der Norddeutschen Rundfunk GmbH ihre Arbeit verloren, kann nicht mehr festgestellt werden. Darunter waren jedoch die jüdische Hamburger Schriftstellerin Grete Berges, Mitarbeiterin in der "Heimatkundlichen Abteilung", und der von Nationalsozialisten angefeindete Hanns Gröninger, Leiter der Werbeabteilung der Norag.
- Teil 1: Hörerproteste gegen den "Staatsfunk"
- Teil 2: Auf dem Weg zur Gleichschaltung