Segeln: Imocas mit Boris Herrmann ins Transat-Abenteuer gestartet
Nach neuntägiger Wartezeit ist am Dienstag auch die Imoca-Bootsklasse mit dem Hamburger Weltumsegler Boris Herrmann in die 16. Auflage des Atlantikrennens "Transat Jacques Vabre" (TJV) von Le Havre nach Martinique gestartet. Es wird ruppig für die Zweihand-Crews.
Blauer Himmel, Wolken-Türme am Horizont und aufgewühlte See bei Windstärken von 20 bis 25 Knoten zum Start in der Normandie: Angeführt vom französischen Titelverteidiger Thomas Ruyant und Morgan Lagravièr (For People) hat sich die Rekordflotte von 40 Booten am Morgen auf den auf 3.765 Seemeilen (rund 7.000 Kilometer) verkürzten Weg in die Karibik gemacht. Knapp zwei Wochen werden die Teams bis zum Zielhafen Fort de France unterwegs sein.
Drei deutsche Segler bei den Imocas dabei
Die Boote kamen nach dem Start direkt ins Foilen und lieferten spektakuläre Bilder, die Malizia passierte die Startlinie im hinteren Mittelfeld, machte dann aber umgehend Plätze gut. "Der Start war okay. Wir wurden ein bisschen zwischen zwei Booten eingequetscht und mussten aus Vorsicht ein wenig das Tempo drosseln. Aber das macht nichts, es ist ein langes Rennen", teilte das Team von Boris Herrmann mit.
Auch die in München geborene Deutsch-Französin Isabelle Joschke mit Co-Skipper Pierre Brasseur (MACSF) und Andreas Baden sind auf der traditionellen "Kaffee-Route" dabei. Baden und sein Skipper Fabrice Amedeo hatten am Morgen auf der Nexans - Art et Fenetres noch Probleme mit dem Autopiloten, die sie aber in stundenlanger Arbeit rechtzeitig in den Griff bekamen. "Alle Systeme laufen", meldete der Kieler nach dem Start.
Das Renngeschehen im Live-Tracker:
Weiter starke Winde erwartet
Binnen der ersten 48 Stunden werden Herrmann und Co. bei heftigem Wind schwer gefordert sein. Zudem müssen die Crews in der ersten Woche wichtige strategische Entscheidungen treffen. "Es wird starke Winde geben, wenn wir aus dem Ärmelkanal kommen. Wir könnten eine kleine Spaltung der Flotte erleben, aber das wird kein wichtiger Teil des Rennens sein. Erst nach der Front müssen wir uns entscheiden, ob wir die Westoption oder die lange Route nach Süden zu den Kanaren wählen", erläuterte Malizia-Co-Skipper Will Harris.
"Es wird nicht ganz ohne, denn wir haben ein, zwei starke Wetterfronten mit Winden in Böen bis 50 Knoten zu passieren. Der neue Start und die neue Route eröffnen jetzt aber viel mehr strategische Möglichkeiten." Boris Herrmann
Der Süden könne die bevorzugte Option sein, erklärte Harris, "dort ist es warm, es ist bequem - aber auch 500 bis 600 Meilen weiter. Und es könnte immer noch sein, dass man keinen Wind hat." Im Norden sei zwar immer Wind, aber dort warten auch vier bis fünf Meter hohe Wellen.
"Die Frage ist, wo die Passatwinde sind und was es in Meilen kostet, dorthin zu gelangen", so der Brite, der mit Herrmann ein erfahrenes Duo bildet. Beide segelten bereits 2019 die Transat zusammen, wo sie Zwölfte wurden, und umrundeten in der ersten Jahreshälfte beim Ocean Race gemeinsam die Welt an Bord der Hightech-Yacht, die gute Starkwind-Eigenschaften besitzt. Durch die verkürzte Route entfallen Flautengebiete - das kommt Herrmann entgegen.
Herrmann und Harris haben Vertrauen in ihr Boot
Der gebürtige Oldenburger, der mit der Malizia - Seaexplorer im kommenden Jahr am Einhand-Klassiker Vendée Globe 2024 teilnehmen will, trifft bei der TJV erstmals auf viele seiner Konkurrenten mit ihren Neubauten. "Wir haben einen kleinen Vorteil, weil wir unser Boot sehr gut kennen und es schon in einigen ziemlich schwierigen Bedingungen eingesetzt haben", sagte Harris. "Es gibt eine Menge Boote in der Flotte, die nicht annähernd so viel getestet haben wie wir. Sie könnten wegen des stärkeren Windes und der schwierigeren Bedingungen nervös sein. Es ist schön, dass wir in dieser Hinsicht Vertrauen in das Boot haben."
Burke und Fink in der Class 40 gut unterwegs
Bereits am Montag waren die beiden Bootsklassen Ocean Fifty und Class 40 wieder in See gestochen. Beide hatten zum Auftakt am vorvergangenen Sonntag einen Auftaktsprint von Le Havre nach Lorient absolviert und dort das Orkantief Ciarán ausgesessen, das den planmäßigen Start der Imocas verhindert hatte. Die beiden deutschen Class-40-Segler Lennart Burke (Stralsund) und Melwin Fink (Bad Salzuflen) haben sich auf ihrer Sign for Com inzwischen vom 34. auf den 17. Platz vorgekämpft und zählten nach der ersten Nacht auf See am Dienstagmorgen zu den schnellsten Booten ihrer Flotte.
Ultim-Giganten haben fast schon Halbzeit
Von den vier Bootsklassen bei der Transat konnten lediglich die fünf Ultim-Giganten wie geplant starten und segeln ohne Halt nach Martinique. Sie waren schnell genug, um dem Sturmtief zu entkommen. Nach neun Tagen haben die Trimarane fast die Hälfte ihrer 7.500 Seemeilen (13.890 Kilometer) langen Strecke geschafft. Die Franzosen Armel Le Cléac’h und Sébastien Josse auf Le Banque Populaire XI liegen mit fast 40 Seemeilen Vorsprung vor SVR Lazartigue sowie Titelverteidiger Charles Caudrelier und Erwan Ïsrael auf Maxi Edmond de Rothschild (knapp 100 Seemeilen zurück).