Para-Triathletin Neele Ludwig: Der Wille versetzt Berge
Neele Ludwig von den Tri-Bandits der TSG Bergedorf nimmt erstmals an den Paralympischen Spielen teil. Die 33-Jährige, die seit einem Schlaganfall an einer spastischen Lähmung der rechten Körperhälfte leidet, will ihr Debüt in Paris einfach nur genießen.
Der 13. Januar 2019 war der Tag, der das Leben von Neele Ludwig schlagartig veränderte - sie aber dennoch nicht aus der Bahn warf: Die Hamburgerin war beim Besuch der Show "Feuerwerk der Turnkunst" in der Barclaycard Arena zusammengebrochen, drei Tage lang bewusstlos - und ist seitdem auf der rechten Seite gelähmt.
Nach drei Wochen schon wieder im Wasser
Dabei war die begeisterte Triathletin gerade dabei, sich einen großen Traum zu erfüllen: Sie wollte im August desselben Jahres in Glücksburg einen Ironman absolvieren. Dieses Ziel aufzugeben, war für die Bergedorferin aber trotz der Folgen des Schlaganfalls keine Option.
"Nach drei Wochen war ich schon wieder im Wasser und wusste: Ja, das ist es, es muss weitergehen", erzählt die heute 33-Jährige im ARD-Interview: "Gerade im Wasser hilft die Schwerelosigkeit und bringt einen vorwärts. So habe ich mich dann zurückgekämpft."
Ein Elektro-Stimulator am Bein hilft beim Laufen: "Bei mir ist es so, dass die Hardware arbeiten möchte, die Software aber nicht funktioniert." Mit Hilfe dieser Stromimpulse werden die Muskeln aktiv - und so hat sie 2019 auch den Ironman trotz aller Schwierigkeiten geschafft. Den Zieleinlauf nach 14,5 Stunden bezeichnet sie bei triathlondeutschland.de als "schönsten Moment" ihrer Karriere.
2023 EM-Silber in Madrid
Neele Ludwig ist eine Kämpferin. Stück für Stück hat sich die Kinderkrankenschwester ihre Sportwelt zurückerobert - mit eisener Disziplin und großer Willensstärke: "Mein Wecker klingelt jeden Tag um 4.15 Uhr. Dann mache ich ein bisschen Pilates, dann eine Trainingseinheit. Danach Arbeiten in der Frühschicht, ein bisschen Erholung und Physio - und noch einmal zwei Einheiten."
Die Strapazen zahlen sich aus: 2022 und 2023 wurde sie deutsche Meisterin, bei den Europameisterschaften im Para-Triathlon in Madrid gewann die Sportlerin von der TSG Bergedorf im vergangenen Jahr Silber. Wegen der schlechten Wasserqualität in der spanischen Hauptstadt war das Schwimmen durch Laufen ersetzt und der Wettbewerb als Duathlon ausgetragen worden.
Bei den Paralympics "die Momente mitnehmen"
Das könnte auch bei den Paralympics in Paris passieren, bei denen Ludwig erstmals startet: Wie schon bei den Olympischen Spielen vor wenigen Wochen dürfte der Fluss Seine den Veranstaltern auch diesmal wieder Kopfzerbrechen bereiten. Bei Olympia hatten Trainings abgesagt und der Triathlon der Männer verschoben werden müssen. Einige Starter erkrankten nach dem Schwimmen in der braunen Brühe.
Ludwig lässt sich jedoch die Vorfreude auf die Triathon-Wettkämpfe ab Sonntag an der Pont Alexandre III im Herzen von Paris nicht nehmen. "Mein Körper ist immer eine große Wundertüte. Ich kann nie sagen, wie die Spastiken sind, was der Körper zulässt, wie weit ich gegen ihn ankämpfen muss. Deswegen ist nicht planbar, was am Ende herauskommt", sagt sie: "Aber ich werde mein Bestes geben und die Momente mitnehmen, sodass ich sie noch lange im Herzen tragen kann."