Svenja Brunckhorsts Sommermärchen - Olympia-Gold und Basketball-Hype
Für Svenja Brunckhorst war 2024 "ein Jahr der Superlative": Erst die doppelte Qualifikation für die Sommerspiele in Paris, dann das historische Olympia-Gold mit dem 3x3-Team und die Wahl zur Mannschaft des Jahres. Auch nach dem Ende ihrer aktiven Karriere pusht sie den Frauen-Basketball weiter voran.
Endlich hat Svenja Brunckhorst einmal Zeit. Und doch so viel zu tun. Vor allem mental. Die turbulenten vergangenen Monate erstmals "wirklich sacken lassen", die Erfolge verarbeiten, dazu will sie die freien Tage zwischen den Jahren nutzen. Den Jahreswechsel verbringt sie in kleiner Runde im Schnee, ganz entspannt in einer kleinen Skihütte - abseits vom Trubel der vergangenen Monate.
"Es ist jetzt Zeit, dass ich mir ein bisschen Ruhe gönne", erzählt die 3x3-Olympiasiegerin im NDR Interview, "und das unglaublich tolle Jahr 2024 gebührend ausklingen lasse." So richtig Zeit, alles Revue passieren zu lassen, hatte sie noch nicht.
Olympia-Gold für die Ewigkeit
Seit dem 5. August ist Brunckhorsts Leben auf den Kopf gestellt. Seit jenem lauen Sommerabend in Paris, an dem das 3x3-Team sensationell Olympia-Gold holte - vor den Augen von Basketball-Ikone Dirk Nowitzki. Gemeinsam mit ihren Mitspielerinnen Sonja Greinacher, mit der sie nun auch zusammen Silvester feiert, Elisa Mevius und Marie Reichert gewann sie die erste olympische Medaille in der Geschichte des deutschen Basketballs.
"Diese Szenen aus Paris ... Irgendwann denkt man sich wirklich: 'Ja, ich war auch da. Und ich habe auch so eine Medaille.' Das ist absurd. Das kann ich auch in diesem Moment noch nicht realisieren." Svenja Brunckhorst
Das Finale am Place de la Concorde war Brunckhorsts letzter Auftritt als aktive Basketballerin. Besser kann man eine Karriere sicher nicht beenden - findet auch Brunckhorst: "Das hätte ich mir niemals erträumen können."
Neuer Job, neue Stadt, neue Aufmerksamkeit
Langweile hat die gebürtige Rotenburgerin (Wümme) im Sportruhestand nicht: "Viele reden von dem Loch nach Olympia", so Brunckhorst, bei ihr sei das nicht auftaucht, "weil ich einfach sehr schnell den Umstieg zu meinem Job hatte". Gerade einmal acht Tage nach dem Triumph in Paris wurde sie offiziell bei Bundesligist Alba Berlin vorgestellt - als neue Managerin für Mädchen- und Frauen-Basketball.
Neben den Arbeitsterminen füllen weitere Events ihren Kalender: eine Einladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier etwa (Verleihung Silbernes Lorbeerblatt) oder Besuche auf dem Roten Teppich sowie Auftritte als Speakerin. "Seit August gibt es kaum ein Wochenende, an dem ich nicht bei einem Event bin", erzählt sie. Zuletzt bei der Wahl zum Sportler des Jahres. Der Titel ging - wie soll es in einem "Jahr der Superlative" auch anders sein - an die 3x3-Basketballerinnen; vor Fußball-Bundesligst und Double-Sieger Bayer Leverkusen.
"Diese Sichbarkeit und mediale Aufmerksamkeit ehren uns natürlich, manchmal ist es aber auch ein bisschen komisch. Ich habe ja die 20 Jahre davor genau dasselbe gemacht", lacht Brunckhorst: "Aber da sieht man, wie groß das ist. Es ist schon etwas sehr Besonderes, in diesem elitären Kreis von Olympiasiegern zu sein."
Zwei Teams, zwei Tickets und eine emotionale Entscheidung
Es ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit: 2006 lief Brunckhorst erstmals in der Basketball-Bundesliga auf. Sie spielte in Spanien und Frankreich, kehrte aber immer wieder zu ihrem ersten Profi- und Heimverein Wasserburg zurück, mit dem sie mehrere Meisterschaften und Pokalsiege feierte. Ihr Debüt für das A-Nationalteam gab die Aufbauspielerin 2013, in einer Zeit, als der deutsche Frauen-Basketball zweitklassig war. Trotzdem blieb die langjährige DBB-Kapitänin immer am Ball, auch nachdem sie den Fokus auf den 3x3-Basketball legte.
"Die Qualifikation im Februar war ein Startschuss für sehr viel: Für den Frauen-Basketball und für mich. Meine persönliche, harte Arbeit ging in Erfüllung. Danach hat sich mein Selbstbewusstsein extrem gesteigert." Svenja Brunckhorst über die Quali mit dem 5x5-Team
Beide Teams führte Brunckhorst in diesem Jahr als Kapitänin zur historischen Qualifikation für die Olympischen Spiele - und stellte sich und Greinacher damit vor ein Luxusproblem. Die Spielerinnen wollten in beiden Wettbewerben in Paris antreten, doch der Verband verlangte eine Entscheidung.
"Da hat man gerade das Größte seines Lebens geschafft und hat auf einmal die schwerste Entscheidung", erzählt Brunckhorst, die in der Zeit viele Gespräche geführt hat, unter anderem mit ihrer Sportpsychologin: "Das war für mich persönlich eine schwierige Phase. Sich bei zwei so emotionalen Geschichten für eine zu entscheiden, war extrem schwer." Rückblickend lässt sich aber sagen: Die Entscheidung für das 3x3-Team war im wahrsten Sinne goldrichtig.
Hype nach Olympia soll nachhaltig sein
Das trifft für Brunckhorst auch auf ihren neuen Job zu. Ihre Stellenbeschreibung beim deutschen Meister Alba Berlin sei ein "perfect fit", sagt sie: "Ich bin immer eine Spielerin gewesen, die sehr viel angesprochen hat, was entwickelt werden muss. Und auf einmal habe ich selbst eine Möglichkeit dazu."
In einer Position, die es zuvor nicht gab. Deshalb sei vieles auch noch in einer Findungsphase, sie habe aber viele Freiheiten bei der Gestaltung ihres Jobs und der Projekte. Das Ziel: Mädchen- und Frauen-Basketball weiter stärken und dafür sorgen, dass der Hype nach Olympia nachhaltig bleibt.
Jahresabschluss im Schnee
Eine große Aufgabe. Zuvor heißt es aber: durchatmen. Im Urlaub im Schnee - unter anderem mit der langjährigen Wegbegleiterin und engen Freundin Greinacher: "Ich freue mich, dass ich das alles mit ihr gemeinsam Revue passieren lassen kann", erzählt Brunckhorst, die sich für die Zeit auch sportliche Ziele gesteckt hat: Skifahren lernen.
Dass sie das nicht könne, obwohl sie mit ihren Eltern im Alter von zehn in den Süden gezogen ist, sei schon "sehr verrückt". Aber ihre Eltern seien nun einmal norddeutsch und keine Skifahrer. "Und später hatte man sehr oft im Vertrag stehen, dass man nicht Skifahren oder Extremsportarten machen soll", sagt Brunckhorst. "Aber das ist jetzt vorbei. Jetzt kann ich machen, was ich möchte."