Ocean Race: Kehrt 11th Hour Racing nach der Kollision zurück?
Ein Crash, ein Schock, eine Reparatur-Nachtschicht und das Warten auf die Jury: Beim Ocean Race kämpft 11th Hour Racing nach der Kollision mit dem Team Guyot um die Rückkehr ins Rennen und den Gesamtsieg.
Am Tag nach der folgenschweren Ocean-Race-Kollision vor Den Haag herrschen weiter Schock und Entsetzen im niederländischen Etappenhafen. Gleichzeitig sind Reparaturarbeiten und der Jury-Prozess in Gang gesetzt worden. Die letzte Etappe der Weltumseglung wird vorerst mit nur drei statt fünf Booten fortgesetzt. Ob das in der Gesamtwertung führende 11th Hour Racing noch einmal in das Rennen einsteigen kann, ist noch unklar.
Guyot bohrte sich in die Malamā hinein
Kurz nach dem Start zur letzten Etappe in den Zielhafen Genua hatte das Team Guyot mit dem französischen Skipper Benjamin Dutreux einen schweren Crash mit dem US-Team 11th Hour Racing verursacht.
Während dabei keine Segler verletzt wurden, ist vor allem die amerikanische Yacht Malamā massiv beschädigt worden, als sich der spitze Bugspriet der schwarzen Guyot in die hintere Backbord-Rumpfseite von Malamā bohrte und bis ins Innere des US-Bootes vordrang. Kameras an Bord haben die Szenen aufgezeichnet.
"Ich übernehme die volle Verantwortung." Guyot-Skipper Benjamin Dutreux
"Ich war am Ruder und sah ihr Boot plötzlich auftauchen. Da war es zu spät. Der Kontakt war unvermeidlich, nachdem ich sie gesehen hatte. Ich übernehme die volle Verantwortung. Es war unser Fehler", sagte Dutreux.
In einem späteren Guyot-Statement hieß es: "Unsere Gedanken sind ausschließlich bei 11th Hour Racing, dem Team, das in diesem Ocean Race führt, dem freundlichen Team um Skipper Charlie Enright, das es dem Guyot Environnement – Team Europe ermöglicht hatte, in den Wettbewerb zurückzukehren."
Die Amerikaner hatten dem Team Guyot nach einem Mastbruch auf Etappe vier ihren Ersatzmast fürs Comeback in Etappe sechs zur Verfügung gestellt.
"Das war wie ein Autounfall." Guyot-Teammanager Jens Kuphal
In beiden Teamlagern flossen nach dem Crash viele Tränen, aber es gab auch Umarmungen. "Wir sind am Boden zerstört", sagte Guyots Berliner Teammanager Jens Kuphal in Den Haag. "Das war wie ein Autounfall. Es ist ein Geschenk, dass niemand schwer verletzt wurde."
Wie wird jetzt die Jury entscheiden?
Vor allem aber warten die Ocean-Race-Teams und auch die Veranstalter an Land auf die Jury-Entscheidung über den von 11th Hour Racing eingereichten Protest. Sie wird entscheidende Auswirkungen auf das Gesamtergebnis des 14. Ocean Race haben.
Sollte dem Team 11th Hour Racing eine klassische Wiedergutmachung zugesprochen werden, könnte dies den im Klassement mit zwei Punkten vor dem Schweizer Team Holcim - PRB liegenden Amerikanern am grünen Tisch vorzeitig den Gesamtsieg sichern. Damit wäre Holcim der Chance beraubt, 11th Hour Racing auf dem Wasser noch zu überholen.
Das Team Malizia - Seaexplorer mit dem Hamburger Skipper Boris Herrmann hatte vor der letzten Etappe eine hauchdünne Chance, im Gesamtklassement noch auf Platz zwei vorzurücken. Die deutsche Yacht hätte die Etappe gewinnen und Team Holcim - PRB Fünfter werden müssen.
Bei aktuell nur noch drei Booten im weiterlaufenden Rennen ist die Chance zum finalen Vorrücken für Team Malizia aber nicht mehr gegeben. "Uns tut es unheimlich leid um beide Teams. Natürlich fragen wir uns, was die Konsequenzen für das Rennen sein werden", sagte Herrmann.
Die abschließende Etappe nach Genua ist mit 2.200 Seemeilen nicht sehr lang, birgt aber mit einigen Sperrzonen im Ärmelkanal und der engen Straße von Gibraltar auch knifflige Passagen. Vor Gibraltar gibt es auch eine erweiterte Orca-Risikozone, in der es in der Vergangenheit vermehrt Angriffe der Wale gegeben hatte. Die Ankunft der Imocas in Genua wird am 25. Juni erwartet.