Angelique Kerber beendet ihre Tennis-Karriere nach Olympia
Tennisprofi Angelique Kerber hat am Donnerstag überraschend ihr Karriereende angekündigt: Nach den olympischen Spielen macht die gebürtige Bremerin Schluss. In Paris bleiben ihr zwei Medaillenchancen.
Das Match in der ersten Runde von Wimbledon gegen die Kasachin Julija Putinzewa (5:7, 3:6) war damit das letzte Spiel der ehemaligen Weltranglisten-Ersten auf der WTA-Tour. "Bevor die Olympischen Spiele beginnen, kann ich bereits sagen, dass ich Paris 2024 nie vergessen werde, denn es wird mein letztes Profi-Turnier als Tennisspielerin sein", sagte die 36-Jährige, die nach der Geburt ihrer Tochter Liana erst zum Beginn dieser Tennis-Saison auf die Tour zurückgekehrt war. "Und auch wenn es vielleicht die richtige Entscheidung ist, wird es sich nie so anfühlen, weil ich den Sport vom ganzen Herzen liebe."
In Paris bleiben ihr zwei Medaillenchancen: Im Einzelwettbewerb, der am Sonnabend startet, ist sie Außenseiterin. Sie trifft auf Naomi Osaka aus Japan. Im Doppel an der Seite von Laura Siegemund sind die Hoffnungen etwas größer. Das deutsche Duo bekommt es zunächst mit der britischen Paarung Katie Boulter und Heather Watson zu tun.
Kerber hatte nach ihrem Comeback nicht so schnell, wie sie sich das wohl auch selbst vorgestellt hatte, zur alten Stärke zurückgefunden. Gerade die Enttäuschung bei den Grand-Slam-Turnieren war groß: In Melbourne, in Paris und eben zuletzt in London schied sie jeweils in der ersten Runde aus.
Große Erfolge in einer großen Karriere
Kerber war nicht müde geworden zu betonen, dass sie sich auf einen schwierigen Weg zurück eingestellt habe. Sie wolle aber ihr Herz auf dem Platz lassen.
Doch die (eigenen) Ansprüche waren nicht zuletzt ob der großen Erfolge groß: 2012 hatte sie beim Hallenturnier in Paris ihren ersten Titel auf der WTA-Tour gefeiert. "In dem Jahr habe ich meinen Durchbruch geschafft", blickt Kerber zurück. "Ich habe meine Zweifel überwunden und bin selbstbewusster geworden."
"Paris 2024 markiert für mich die Ziellinie - nach einer unglaublichen Reise, wie ich sie mir nie hätte erträumen lassen." Angelique Kerber
Der Deutsche Tennis Bund (DTB) würdigte Kerber am Donnerstag als "strahlendes Vorbild für junge Nachwuchsspieler:innen", zu dem sie durch ihren besonderen Kampfgeist und großer Leidenschaft geworden sei. "Mit Angelique Kerber tritt eine der erfolgreichsten und populärsten Tennisspielerinnen ab, die Deutschland je hervorgebracht hat", sagte DTB-Präsident Dietloff von Arnim.
DTB lobt Kerber: "Strahlendes Vorbild für Nachwuchs"
Insgesamt sind es in ihrer Karriere 14 Titel geworden - darunter 2016 die Siege bei den Australian Open und den US Open. Im selben Jahr verpasste sie zwar im Olympia-Finale von Rio Gold gegen die Puerto Ricanerin Monica Puig, die danach nie wieder ein WTA-Turnier gewann, kletterte aber noch auf Rang eins der Weltrangliste. 2018 kam dann noch der Triumph in Wimbledon hinzu. Kerber ist damit nach Steffi Graf die erfolgreichste deutsche Tennisspielerin.
Am 21. Mai 2022 feierte die Linkshänderin, die in Kiel aufgewachsen ist, auf dem Sand von Straßburg den bislang letzten Turniersieg ihrer Karriere. Wenig später gab sie bekannt, dass sie schwanger ist. Doch bevor ihre Tochter das Licht der Welt erblickte, hatte sie schon klargestellt, dass sie auf jeden Fall auf den Platz zurückkehren wolle. Tennis-Rente? Auf keinen Fall!
Sieg beim United Cup - und viele Rückschläge
Und so war es auch lange geplant, als sie für Deutschland vom 29. Dezember 2023 bis 7. Januar 2024 am United Cup teilnahm. Zunächst bestritt sie für Deutschland die Einzel und Doppel zusammen mit Alexander Zverev. Doch anders als ihr neun Jahre jüngerer Teamkollege wusste sie nicht vollends zu überzeugen.
Im Einzel gelang ihr nur im Halbfinale gegen Australien ein Sieg - der war aber ein ganz besonderer: "Für mich ist es der erste Einzelsieg seit meinem Comeback, es ist ein wirklich großartiges Gefühl", gab Kerber zu Protokoll. Im Mixed-Doppel musste sie allerdings im Halbfinale und dem Endspiel Teamkollegin Laura Siegemund die Bühne überlassen, die dann auch zusammen mit Zverev zweimal den entscheidenden Punkt holte. Dennoch: Am deutschen Titel hatte Kerber auf jeden Fall ihren Anteil.
Hoffnungsschimmer in Indian Wells verblasst schnell
Es folgte die bittere Enttäuschung in Melbourne, wo sie einst ihren großen Siegeszug im Jahr 2016 begonnen hatte. Und auch das Erstrunden-Aus in Linz Ende Januar gab eigentlich keinen Grund zur Hoffnung. Doch in Indian Wells war Kerber auf einmal wieder da. Besonders beim Erfolg gegen die Lettin Jelena Ostapenko (5:7, 6:3, 6:3) konnte man den Eindruck haben, Kerber sei nicht weggewesen. Doch nach drei Siegen war im Achtelfinale Endstation. Ausgerechnet gegen ihre Freundin Caroline Wozniacki, die selbst nach Babypause den Weg zurückgefunden hat. Immerhin auf Rang 73 der Weltrangliste ist die Dänin wieder geklettert.
Doch der Hoffnungsschimmer von Kalifornien verblasste schnell. Und nachdem auch noch die Rasensaison in Berlin, Bad Homburg und Wimbledon mit drei Erstrundenniederlagen zum Horror wurde, zog Kerber, die in ihrer Karriere nach offiziellen WTA-Angaben gut 32,5 Millionen Dollar Preisgeld erspielt hat, nun einen Schlussstrich. "Paris 2024 markiert für mich die Ziellinie - nach einer unglaublichen Reise, wie ich sie mir nie hätte erträumen lassen", betonte Kerber.