Altonas Ausnahmefußballer: Adolf Jäger
Schon der junge Jäger blickte 1908 mit erstaunlicher Gelassenheit in die Kamera des Porträtisten. Bilder aus späteren Jahren verfestigen den Eindruck einer reifen Persönlichkeit, die auch abseits des Platzes mit ihrem Leben zurechtkam. Im Ersten Weltkrieg schien er immer wieder einen Dreh gefunden zu haben, von der Westfront zu wichtigen Spielen seines AFC heimzureisen. Zwei nicht näher beschriebene Verletzungen verkürzten Jägers Militärlaufbahn zusätzlich und bewahrten ihn vor dem Schicksal etlicher Mannschaftskameraden, die nicht zurückkehrten. Kurz nach dem Krieg eröffnete er einen Tabakladen und bald darauf mit einem Mitspieler ein gut gehendes Geschäft für Herrenoberbekleidung: "Jäger & Koch". Seine Kontakte durch den Sport öffneten ihm etliche Türen, unter anderem war er mit Boxidol Max Schmeling befreundet. Ende der Zwanziger reüssierte er im Verlagsgeschäft mit einer Annoncenagentur, an seiner Seite der spätere Verlagsgründer John Jahr.
Der gesellige Adolf: "Wir bleiben die Alten."
Bei aller Cleverness und Umtriebigkeit galt der Vorzeigefußballer als "so gesprächig wie ein Torpfosten", wie Norbert Carsten in seiner AFC-Biographie "Altona 93 - 111 Ligajahre im Auf und Ab" anmerkt. Privates drang kaum nach draußen. Bekannt ist, dass er kurz nach dem Krieg seine Agnes heiratete - der gemeinsame Sohn Rolf, ebenfalls ein begnadetes Fußballtalent im AFC-Dress, kam im Zweiten Weltkrieg ums Leben.
Den geselligen Jäger bekam man in seiner Hoch-Zeit erst nach dem dritten, vierten Grog zu Gesicht, wenn er die Gläser auf dem Tisch hin- und herschob: "So müsst ihr spielen." Lief’s mal nicht so, lautete der Standard-Schnack: "Du kriegst die Tür nicht zu." Und verabschieden tat Jäger sich stets mit einem "Wir bleiben die Alten" in die Runde. Sein Verhältnis zum Konkurrenten "Tull" Harder sei seit gemeinsamen Kriegstagen freundschaftlich gewesen, wollen zeitgenössische Berichte nahelegen: "Prost Tull. Dein Wohl." - "Prost Adolf." - "Wir bleiben die Alten." - "In alter Frische." Eine große Nähe bezweifelt Biograph Mohrhof angesichts der völlig unterschiedlichen Charaktere aber: "Ein Kaffeekränzchen oder ein, zwei Helle während des Krieges sind eher die Grundlage einer schlichten Kameradschaft." Während Harder schon in den Zwanzigern kräftig nationalistisch daherschwadronierte und später als SS-Mann in Konzentrationslagern Dienst tat, sucht man bei Adolf Jäger vergeblich nach Hinweisen auf eine Nähe zum Nazi-Regime. Er sei unpolitisch gewesen, habe sich aber nie vereinnahmen lassen, sagt Mohrhof. Dafür spreche auch sein "fast völliges Verschwinden aus der Altonaer und Hamburger Presse während des Dritten Reiches".
- Teil 1: Mehr als 2.000 Tore in 700 Vereinsspielen
- Teil 2: Tabakladen, Herrenbekleidung, Anzeigengeschäft
- Teil 3: Kein Fußball für 'nen Appel und ein Ei