Vor Hansa und HSV: St. Pauli mit Köpfchen den Aufstieg vor Augen
Die Erleichterung war allen Beteiligten auf Seiten des FC St. Pauli deutlich anzumerken. Direkt mit Abpfiff bildete sich rund um Trainer Fabian Hürzeler und Sport-Geschäftsführer Andreas Bornemann ein hüpfendes Knäuel an der Seitenlinie. Innig die Umarmung, laut die Jubelschreie, breit das Grinsen.
Per Kopf und mit Köpfchen hatten sich die Hamburger nach den beiden Niederlagen zuvor in Karlsruhe (1:2) und dem wilden 3:4 gegen Elversberg durch das 2:1 in Hannover selber wieder in die Erfolgsspur gebracht. Sie hatten es sich selbst nicht leicht gemacht, benötigten gegen die Niedersachsen knapp 30 Minuten Anlauf, aber es gelang. Und so kann die Begegnung mit Blick auf den Ausgang der Saison eines der Spiele sein, die den Ausschlag für den Bundesliga-Aufstieg geben.
St. Pauli widersteht dem Druck aus Düsseldorf
Den hat St. Pauli - allem Druck der seit zehn Partien ungeschlagenen Fortuna aus Düsseldorf zum Trotz - dank des Erfolges an der Leine weiter fest vor Augen. Der Weg dahin war für das Team, das sich über weite Teile der Saison durch Selbstvertrauen und Selbstverständnis ausgezeichnet hatte, am Sonntag allerdings ein weiter. "Wir sind nicht gut reingekommen ins Spiel. Man hat eine gewisse Instabilität gemerkt im Spiel mit und gegen den Ball", sagte Coach Hürzeler.
96 setzte seiner Mannschaft mit hohem Pressing und vielen Tiefenläufen ordentlich zu und sein Team benötigte eine halbe Stunde, sich besser darauf einzustellen, um in die Begegnung zu finden. Vor der Partie hatte der 31-Jährige die Rückbesinnung auf die Basics gefordert - und das hieß gegen die "Roten" zunächst mal: resilient bleiben, sich gegen den Gegner, nach den zwei Pleiten zuvor aber auch ein Stück weit den eigenen Kopf durchzusetzen, wie auch Abwehrchef Hauke Wahl eingestand: "Zwei Niederlagen in Folge machen natürlich was mit einem."
"Man muss sich in solche Partien reinkämpfen. Der Führungstreffer hat uns Selbstvertrauen gegeben." St. Paulis Abwehrspieler Hauke Wahl
St. Pauli überstand den schwachen Start - dank eines gut aufgelegten Nikola Vasilj im Tor, der zunächst mehrere gute Chancen der Gastgeber entschärfte, und weil Oladapo Afolayan nach einem schönen Angriff das 1:0 gelang (41.). "Man muss sich dann in solche Partien reinkämpfen und der Führungstreffer hat uns definitiv Selbstvertrauen gegeben", analysierte Wahl nach der Partie.
Denn auch wenn 96 durch Lars Gindorfs Premierentor (45.) noch vor der Pause zurückschlug, hatte das Team in der Folge "mehr Spielkontrolle" und wieder besser in den üblichen Rhythmus und zu mehr Leichtigkeit gefunden. Und - einmal mehr - einen Standard genutzt, um zum Erfolg zu kommen. Nach einer Ecke erzielte Johannes Eggestein, durch gezielte Laufwege im Sechzehner "freigespielt", den umjubelten Siegtreffer (65.).
Standard- und Kopfballstärke ist St. Paulis Faustpfand
Ein Muster, das die Mannschaft immer wieder anwendet, um entweder den Mittelstürmer oder Kapitän Jackson Irvine in Position zu bringen. Ein Muster zudem, das im Verlaufe der Saison immer wieder zum Erfolg geführt hat und das in Phasen, in denen Leichtigkeit und spielerisches Selbstverständnis abgehen, ein Faustpfand war - und ist.
Das betonte auch Irvine nach der Partie: "Wir haben unter der Woche viel über möglichen Druck gesprochen. Deshalb ging es auch darum, zurück zu einer gewissen Leichtigkeit zu finden." Und die Kopfball- und Standard-Stärke ist ein möglicher Weg dahin - auch und gerade mit Blick auf die ausstehenden vier Partien.
Mit Sieg in Hannover die Fortuna auf Abstand gehalten
Denn auch wenn St. Pauli durch den Dreier den Abstand zur Fortuna bei fünf Punkten halten konnte, der Druck der Rheinländer, die durch ihren 1:0-Erfolg gegen Fürth am Sonnabend zwischenzeitlich bis auf zwei Zähler an das Hürzeler-Team herangerückt waren, wird hoch bleiben.
Und so war der Sieg in Hannover nicht nur tabellarisch von großer Bedeutung, er sollte vor allem in puncto Selbstvertrauen einen Schub bringen für den Rest der Saison. Und der hält in den kommenden zwei Wochen zwei brisante Duelle für die "Kiezkicker" bereit.
Brisante Duelle gegen Hansa und den HSV
Am Freitag (18.30 Uhr, im NDR Livecenter) kommt der abstiegsbedrohte FC Hansa Rostock ans Millerntor, am Freitag darauf (3. Mai, 18.30 Uhr) geht es für St. Pauli zum Hamburger Stadtderby gegen den HSV ins Volksparkstadion.
Der gebürtige Hamburger Wahl sprach die Warnung aus, sich nicht von der Brisanz dieser beiden Partien ablenken zu lassen. "Das sind immer zwei besondere Spiele für unseren Verein. Wir in der Mannschaft wissen um die Wichtigkeit für die Fans", sagte der 30-Jährige. "Aber wir sollten das Ganze trotzdem ein bisschen herunterspielen. Denn es geht am Ende auch in diesen Spielen nur um drei Punkte."
Aufstiegsfeier im Volkspark?
Trotzdem blickt auch der 30-Jährige mit Vorfreude zunächst auf Freitag, wo "eine bombastische Stimmung im Stadion sein" werde. Zumal für St. Pauli die Chance besteht, mit einem Sieg dieses Mal den Druck auf Düsseldorf zu erhöhen - und sich ein aus Sicht der "Kiezkicker" charmantes Szenario zu "erspielen". Denn sollte die Fortuna - einen Sieg St. Paulis gegen Rostock vorausgesetzt - ihr Topspiel bei Schalke 04 am Sonnabend nicht gewinnen, könnte das Hürzeler-Team am 3. Mai beim HSV den direkten Bundesliga-Aufstieg mit einem Erfolg perfekt machen.
Doch ob im Volkspark oder später: Sollte der FCSP am Ende der Saison aufsteigen, der Sieg in Hannover wird einer der Meilensteine auf dem Weg sein - weil er per Kopf und mit Köpfchen gelang.