Schmadtke macht Schluss - Wehmut "hält sich noch in Grenzen"
Ende Januar kehrt Jörg Schmadtke nach fast 40 Jahren als Profi und Manager der großen Fußballbühne den Rücken. Im NDR Interview blickt der Sportdirektor des VfL Wolfsburg auf seine Karriere zurück und verrät, was überhaupt nicht vermissen wird und ob es einen Weg zurück gibt.
Herr Schmadtke, mit Ihnen geht ein "Kind der Bundesliga", heißt es oft. Ist Ihnen das schon zu viel Pathos?
Jörg Schmadtke: Ja, ich bin zwar über viele Jahre ein Teil dieses Geschäfts gewesen. Aber ein Kind der Bundesliga? Damit kann ich nicht so viel anfangen.
Ist in diesen Wochen trotzdem ein wenig Wehmut dabei?
Schmadtke: Das hält sich noch in Grenzen, aber es gibt immer mal Momente, in denen ich denke: Das wird es so nicht wieder geben. Aber im Moment ist das okay.
Sie gelten auch als "echter Typ", als einer, der anders ist als die anderen. Haben Sie das auch so empfunden?
Schmadtke: Ich habe immer versucht, meinen Job so gut wie möglich zu machen, hatte dabei aber immer eine Grunddistanz zu Teilen dieses Geschäfts. Ich mache mein Ding. Und schaue, dass ich zumindest für meinen Arbeitgeber die Dinge gut hinbekomme - und dass ich damit auch leben und umgehen kann.
Wie würden Sie ihren Führungsstil oder Ihre Art zu arbeiten denn beschreiben?
Schmadtke: Sich immer darauf einzustellen, was vorhanden ist, und versuchen, daraus möglichst das Beste zu machen. Aber auch keine Angst davor zu haben, Veränderungen vorzunehmen oder Entscheidungen zu treffen. Auch wenn die sich hinterher als falsch herausstellen sollten. Man sollte ohnehin nicht glauben, dass man alles richtig macht.
Sie haben in Aachen, Köln, Hannover und Wolfsburg gearbeitet. Inwiefern hat sich Ihre Arbeitsweise bei den verschiedenen Clubs unterschieden? Man kann seinen Plan A ja nicht überall drauflegen?
Schmadtke: Das wäre schön, oder? Man hat einmal einen großen Plan entwickelt und mit dem rennt man dann von A nach, B, C und D. So ist es leider nicht. Man hat sich auf die jeweilige Situation einzustellen: Wen findet man da vor, was macht die DNA dieses Clubs aus? Wie kannst du dort Dinge verändern und erfolgreicher machen, ohne im Grundsatz alles über Bord zu schmeißen?
Hat es Sie gestört, dass Sie als Sturkopf bezeichnet werden?
Schmadtke: Nein, im Großen und Ganzen nicht. Die Außenwirkung war mir nie das Wichtigste. Für mich war wichtig: Wie geht es den Leuten und wie funktionieren die Themen, die ich angeschubst habe. Ist das erfolgreich oder nicht?
Sind Sie in der Rückschau mit sich im Reinen?
Schmadtke: Im Grundsatz ja. Aber natürlich gibt es viele Dinge, bei denen ich im Nachhinein sage: 'Puh, das war jetzt nicht die richtige Entscheidung oder das richtige Verhalten'. Aber wichtig ist doch, dass das große Ganze, die grobe Richtung in Ordnung war - und so gehe ich da auch raus.
Was werden Sie denn definitiv nicht vermissen am Profifußball?
Schmadtke: Interviews!
Außer mit dem NDR natürlich!
Schmadtke: Mit dem NDR habe ich natürlich immer total gerne geredet (lacht). Aber im Ernst: Ich werde es nicht bedauern, nicht mehr in der Öffentlichkeit zu stehen.
Marcel Schäfer ist ihr Nachfolger. In welchem Zustand übergeben Sie ihm den VfL Wolfsburg?
Schmadtke: Ich denke, in einem guten Zustand. Wir sind punktemäßig gut dabei. Die Mannschaft ist sauber aufgestellt. Es gibt genügend Entwicklungspotenziale, sodass er auch noch kreativ einwirken kann.
Marcel Schäfer ist dann erstmals in einer solchen Position: Was wünschen Sie ihm?
Schmadtke: Dass er bei seinem Tun weiterhin viel Freude behält. Und dass er in der einen oder anderen Situation das Quäntchen Glück hat, das er braucht. Dass der Ball nämlich nicht vom Innenpfosten ins Tor, sondern vielleicht ins Feld zurückprallt, wenn es auf der eigenen Seite passiert.
Darf er Sie anrufen, oder stellen Sie das Handy komplett aus?
Schmadtke: Mal gucken, ob ich die Nummer behalte (lacht). Nein, natürlich darf er sich melden, wir haben ja nicht umsonst viereinhalb Jahre miteinander verbracht. Ich neige auch nicht dazu, hinter mir alle Brücken abzubrechen. Wenn jemand Hilfe benötigt, ist er jederzeit willkommen.
Können Sie mit Dingen komplett abschließen oder gibt es eine gewisse Rückfallgefahr bei Ihnen?
Schmadtke: Das lässt sich nicht wirklich seriös beantworten. Es kann schon sein, dass ich nach einer gewissen Zeit denke: 'Das ist dann schon ein bisschen zu viel Alltag und zu viel Langeweile'. Ich glaube aber, dass es noch viele spannende Dinge gibt, die mich bewegen werden und die mich interessieren.
Was würde denn Ihre Frau sagen, wenn wir Sie in ein paar Jahren wieder in der Bundesliga sehen?
Schmadtke: Das wird nur passieren, wenn meine Frau sich deutlich zu einem 'Ja' positionieren kann. Sonst wird das nicht passieren.
Was machen Sie jetzt ohne den geregelten Arbeitsalltag, ohne Spiele oder Interviews? Manche gehen dann ja auf Weltreise oder machen eine Kreuzfahrt …
Schmadtke: Wir sind bis Ende April noch in Wolfsburg, weil ich zum zweiten Mal Opa werde. Da helfen wir natürlich noch ein bisschen. Und dann wird man sehen. Es gibt aber noch ganz viele Dinge auf der Welt, die ich sehen oder erleben möchte. Aber eine Weltreise ist nicht geplant.
Haben Sie ein Beispiel, bei dem Ihre Frau sagt: Da will sie mal mit Ihnen hin?
Schmadtke: Wir wollen auf jeden Fall Gorillas in der freien Wildbahn anschauen. Das ist fest im Plan. Die Frage ist nur, wann wir das umsetzen.
Also erst mal Opa werden und dann zurück ins Rheinland?
Schmadtke: Unsere Basis wird Spanien und das Rheinland sein. Düsseldorf ist unser Heimatort.
Abschließend, Herr Schmadtke, wie dankbar sind Sie für die Jahre in diesem Geschäft?
Schmadtke: Ich bin total happy. Ich habe wirklich gute Jahre in der Fußball-Bundesliga verbracht. Ich habe da im Großen und Ganzen viel Spaß gehabt und ich habe dem Fußball unglaublich viel zu verdanken und damit auch der Bundesliga. Das hat schon mein Leben geprägt.
Das Interview führte Thorsten Iffland.