St.-Pauli-Coach Schultz: Erfolg mit gesundem Menschenverstand
Timo Schultz schwimmt beim FC St. Pauli weiter auf der Erfolgswelle: Die Kiezkicker sind als Tabellendritter bester Nord-Zweitligist - vier Zähler vor dem Stadtrivalen HSV. Für den 44-Jährigen aber kein Grund, neue Saisonziele auszurufen.
"Wenn wir uns im oberen Drittel der Zweiten Liga bewegen, dann ist das eine Rolle, die dem FC St. Pauli momentan ganz gut zu Gesicht steht", sagte Schultz im NDR Sportclub. Er könne sehr gut mit der zurückhaltenden Vorgabe des Clubs leben, zu den Top 25 in Deutschland zu zählen. "Wir sind seit zehn Jahren in der Zweiten Liga. Dennoch wollen wir uns aber auch nicht kleiner machen, als wir sind. Wir sind ambitioniert und wenn es denn irgendwann mal nach oben geht, werden wir uns nicht dagegen wehren. Sich in den Top 25 zu etablieren, schließt ja nicht aus, auch mal Top 15 zu sein."
Derzeit freue er sich über den gelungenen Saisonstart mit zehn Punkten aus fünf Partien. Das liege vor allem an seiner eingespielten Mannschaft - trotz Abgängen von Leistungsträgern wie Rodrigo Zalazar oder Omar Marmoush: "Wenn 70 bis 80 Prozent gleich bleiben, dann hat man schon mal eine Basis, auf der man aufbauen kann", so der St.-Pauli-Coach.
Neue Spielergeneration hinterfragt mehr
Entscheidende Aspekte seiner Trainer-Tätigkeit seien soziale Kompetenz und Empathie: "Wichtig ist es zuzuhören. Zuzuhören, um zu verstehen, warum handelt der andere so. Was macht ihn stark, was macht ihn schwach? Hat er Probleme mit Fehlern?", erklärte der 44-Jährige. Zudem sei die heutige Spielergeneration im Vergleich zu früher eine andere, es werde mehr hinterfragt: "Wenn man dann mit den Jungs zusammen etwas entwickelt, dann folgen sie einem auch. Wenn es nur Ansagen gibt ohne Sinn und Verstand , dann sind sie auch sehr kritisch."
"Wenn der Trainer früher sagte 'Lauf 20 Runden', dann habe ich als Spieler gefragt 'Wie schnell?'. Wenn ich heute sagen würde 'Lauft 20 Runden', dann fragen die 'Warum?'" St. Paulis Trainer Timo Schultz
Bei allem "Verständnis für die Jungs" müsse man trotzdem natürlich "irgendwann auf eine gemeinsame Linie kommen, und dann muss es auch eine klare Ansage geben". Kumpelhaftigkeit und Autorität würden sich dabei aber nicht ausschließen, meint Schultz: "Es gibt bei mir keinen Strafenkatalog. Mit einem gesunden Menschenverstand alles anzugehen, das hat noch nie geschadet."
Kritik an "streikenden" Profis
Klare - und auch unpopuläre - Entscheidungen scheut Schultz dabei nicht, wie in der vergangenen Saison der Umgang mit dem damaligen Stammkeeper Robin Himmelmann zeigte. Insofern blickt der Trainer auch kritisch auf das Verhalten von Fußball-Profis wie Filip Kostic (Eintracht Frankfurt) oder Marco Friedl (Werder Bremen), die sich an vergangenen Wochenende wegen Wechselwünschen weigerten, für ihre Clubs zu spielen. "Kein Spieler ist wichtiger als die Mannschaft. Das ist nicht das Verhalten, das man sich als Verein wünscht und das sich gehört."
Die Gefahr, dass so etwas bei St. Pauli passiert, scheint gering: "Die Jungs wissen ganz genau, dass sie bis zu einem gewissen Punkt gehen können, dass sie mit mir über alles reden können. Aber am Ende entscheide ich."