Niedersachsenderby mit Gästefans - Ministerin Behrens: "Letzte Chance"
Am 6. Oktober findet im Eintracht-Stadion das Niedersachsenderby zwischen Braunschweig und Hannover 96 statt - mit Gästefans, wie Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) am Mittwochmittag auf einer Pressekonferenz verkündete. Allerdings wird das Kontingent um 40 Prozent reduziert.
Die 56-Jährige ließ keine Zweifel daran, bei erneuten Zwischenfällen hart durchgreifen zu wollen. Es sei "die letzte Chance. Erleben wir im Stadion wieder Ausschreitungen, Gewalttätigkeiten, Verletzte und Pyrobeschuss aus den Kurven, ist der Gästefan-Ausschluss für das zukünftige Derby in Braunschweig gesetzt", erklärte Behrens.
Bereits für das am 6. Oktober (13.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) im Stadion an der Hamburger Straße stattfindene Zweitliga-Duell der beiden Erzrivalen sei zunächst ein Ausschluss der Gäste-Anhänger avisiert worden, so die Innenministerin.
Kontingent für Gästefans deutlich reduziert
Erst nachdem Gastgeber Braunschweig ein "verschärftes Rahmenkonzept" vorgelegt habe, sei es bei ihrer Behörde und der Polizei zum Umdenken gekommen. Denn: "Der Verein zeigt sich nun zu Maßnahmen bereit, die er bisher immer abgelehnt hat." Das Kontingent für die Gästefans wird um 40 Prozent reduziert. Statt 2.100 96-Anhängern werden lediglich 1.260 Fans aus der Landeshauptstadt in Braunschweig dabei sein. Zudem muss die Eintracht zahlreiche weitere vom Verein zugesagte Sicherheitsmaßnahmen erfüllen.
"Eintracht Braunschweig hat den Gästefan-Ausschluss buchstäblich in der letzten Minute der Nachspielzeit abgewendet. Jetzt haben es der Verein und insbesondere die Fans in der Hand, diese allerletzte Bewährung zu rechtfertigen." Daniela Behrens
Intensivere Einlasskontrollen
Die Mitnahme von Intro- und Choreomaterialien ist verboten, zudem wird es intensivere Einlasskontrollen sowie eine verbesserte Videoüberwachung geben. Bis auf wenige Ausnahmen dürfen keine Fanutensilien mit in den Gäste-Block gebracht werden. Die Regelungen gelten zunächst nur für das Spiel in Braunschweig am 6. Oktober. Über ein etwaiges Alkoholverbot im Stadion ist noch nicht entschieden worden. Darüber werden Polizei und der BTSV noch beraten, teilte Behrens mit.
Hannover darf für das Rückspiel Anfang März ein eigenes Sicherheitskonzept vorlegen. Die SPD-Politikerin nahm beide Clubs in die Pflicht: "Die Mehrheit der Stadionbesucher fühlt sich massiv verunsichert. Die vielen Rückmeldungen aus der Bevölkerung sprechen da eine eindeutige Sprache. Es muss sich also etwas ändern. Für die Sicherheit im Stadion sind die Vereine verantwortlich. Die Verantwortung dafür kann nicht von der Polizei wahrgenommen werden."
Ihre unmissverständliche Ansage an den BTSV und seine Anhänger: "Verein - und insbesondere die Fans - haben es jetzt in der Hand, zu zeigen, ob sie an einem friedlichen Fußball erleben interessiert sind. Denn Gewalt ist kein Teil des Fußball-Spektakels."
Behrens: "Geduld erschöpft"
Die Ministerin übte insgesamt scharfe Kritik am Umgang des Profifußballs mit der Problematik. "Die Sicherheitsrichtlinien des DFB gibt es auf dem Papier, aber in der Wirklichkeit des Stadions funktionieren sie in der Regel nicht. DFB und DFL und auch die Vereine sind also gefordert", sagte Behrens. "Und ich nehme deutlich wahr bei meinen Kolleginnen und Kollegen in den Ländern, dass die Geduld damit erschöpft ist."
BTSV-Präsidentin Kumpis erleichtert
Seit fast einem Jahr hatte es intensive Gespräche zwischen Behrens und den niedersächsischen Clubs gegeben, besonders mit Eintracht Braunschweig und Hannover 96. Zuletzt hatten die Vereine bis zum 30. August erneut eigene Sicherheitskonzepte im Ministerium einreichen müssen. Letztlich konnte der BTSV Behrens gerade noch so von dem lange befürchteten Ausschluss von Gäste-Fans abbringen. Dementsprechend groß war nun die Erleichterung bei Präsidentin Nicole Kumpis.
"Auch für uns waren die negativen Vorkommnisse während der beiden vergangenen Derbys schwer zu ertragen. Daher teilen wir die Auffassung von Frau Innenministerin Behrens, dass alles getan werden muss, damit sich solche Vorkommnisse nicht wiederholen und begrüßen im Grundsatz ihre Initiative gegen Gewalt und gegen Vandalismus beim Fußball. Allerdings halten wir eine Kollektivbestrafung in Form eines Gästefanausschlusses nicht für das geeignete Mittel und sind deshalb froh, dass wir die Ministerin nach mehreren, intensiven Verhandlungsrunden schlussendlich mit unserem Konzept überzeugen konnten", sagte die Vereinschefin.
Fanhilfe Hannover prüft rechtliche Schritte
Die Fanhilfe Hannover kündigte an, juristische Schritte gegen den Teilausschluss zumindest zu prüfen. Eine Stellungnahme des Vereins Hannover 96 dazu gibt es weiterhin nicht. Auch Trainer Stefan Leitl wollte sich in der Pressekonferenz zum nächsten Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern (Sonnabend, 13 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) nicht zu der Entscheidung vom Mittwoch äußern.
Die Gewerkschaft der Polizei Niedersachsen sieht in der Entscheidung "sinnvolle Ansätze, die es zu evaluieren und weiterzuentwickeln gilt", hieß es in einer Pressemitteilung. Allerdings forderte der stellvertretende Landesvorsitzende Sascha Göritz "eine Lösung, die präventiv wirkt und Vereine und Fans dauerhaft in die Verantwortung nimmt".
Schwere Ausschreitungen in der Vorsaison der Auslöser
In der vergangenen Saison war beim Derby in Hannover ein Polizeibeamter bei einer Rangelei im Heimbereich schwer verletzt worden. Beim Rückspiel in Braunschweig hatte es vor allem wieder großen Einsatz von Pyrotechnik in beiden Fan-Lagern gegeben. Danach mussten beide Clubs über 300.000 Euro Strafe an den DFB zahlen.
"Bei den Begegnungen der vergangenen Saison ist die Grenze des Verantwortbaren unter anderem durch den immensen Einsatz von Pyrotechnik als Waffe und den extremen Vandalismus mit Gefahren für unbeteiligte Zuschauer deutlich überschritten worden", so Behrens.