Serhat-Semih Güler: Bei Hansa Rostock glücklos, in Köln glücklich
Der FC Hansa Rostock empfängt am Sonntag Viktoria Köln zum Verfolger-Duell in der 3. Liga. Bei den Gästen führt Serhat-Semih Güler die interne Torschützenliste mit 13 Treffern an. Und das nach einer Vorsaison, in der er sowohl beim FC Hansa als auch beim TSV 1860 München kein Bein auf den Boden bekam.
Am Ende einer langen und beschwerlichen Reise hatte es Serhat-Semih Güler im Sommer 2023 endlich geschafft. Nach einigen Stationen im Amateurfußball unterzeichnete der Angreifer beim FC Hansa Rostock seinen ersten Profivertrag. Mit damals 25 Jahren fiel der gebürtige Kölner nicht mehr in die Rubrik "Talent" oder "Perspektivspieler". Er sollte und wollte sofort liefern. Oder zumindest ziemlich schnell.
"Rückblickend muss ich sagen: Ich hätte vermutlich nicht schon nach einem halben Jahr den FC Hansa Rostock und die Zweite Bundesliga verlassen sollen. Da war ich vielleicht etwas zu hektisch." Serhat-Semih Güler
"Ich hoffe, dass ich meine Leistungen aus den letzten beiden Spielzeiten fortsetzen und mich auch zwei Ligen höher beweisen kann, um einen Beitrag zum Erfolg der Mannschaft zu leisten", sagte Güler nach der Vertragsunterschrift. Der Deutsch-Türke hatte zuvor im Trikot des Wuppertaler SV die Torjägerkanone in der Regionalliga West geholt.
Hansa und Güler - das passte nicht
Einer wie er, Typ Straßenfußballer, würde auch in Liga zwei funktionieren - dachten sich jedenfalls die Hansa-Verantwortlichen. "Semih ist ein variabler Stürmer mit gutem Tiefentempo, der unserer Offensive eine weitere Option geben wird und dessen energische Spielweise zu uns passt", frohlockte der damalige Sportchef Kristian Walter. Er sollte sich irren. Denn Hansa und Güler - das passte nicht. Nach nur einem halben Jahr wurde die "Ehe" geschieden.
Güler bester Drittliga-"Joker" aller Zeiten
Aber man sieht sich im Leben bekanntlich immer mindestens zweimal. Und so wird der Stürmer am Sonntag (13.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) erstmals nach seinem Abschied Ende Januar des vergangenen Jahres wieder im Ostseestadion auflaufen. Vieles ist dabei nicht mehr so wie vor rund zwölf Monaten. Hansa spielt inzwischen nur noch drittklassig. Und aus "Null-Tore-Güler" ist der "Super-Joker Güler" geworden.
Denn nachdem der Stürmer nach seinem Rostocker Abschied auch beim TSV 1860 München nicht glücklich geworden war und zur Viktoria wechselte, blüht er in seiner Heimatstadt wieder auf. Mit 13 Treffern führt der 27-Jährige gemeinsam mit Sebastian Grönning (FC Ingolstadt) und Fatih Kaya (SV Wehen Wiesbaden) die Torschützenliste an. Das Besondere daran: Güler hat neun seiner 13 "Buden" als Einwechselspieler erzielt und damit den "Joker"-Rekord von Kai Brünker aus der Saison 2021/2022 (sieben Treffer) übertroffen.
Viktoria trotz Spar- auf Aufstiegskurs
Der Mann aus der Karnevalsstadt Köln, der keinen Karneval mag ("Ich bin keine Partymaus und trinke keinen Alkohol"), hat also großen Anteil daran, dass rechts vom Rhein in Höhenberg vom Aufstieg geträumt werden kann. Das ist durchaus überraschend. Denn nach dem Tod des langjährigen Sponsors und Vereinsbosses Franz-Josef Wernze im Jahr 2023 musste der Verein mit sukzessive weniger Geld auskommen.
Vor dieser Serie verließen wichtige Akteure wie Luca Marseiler (Darmstadt 98) oder David Philipp (1860 München) die Viktoria. Ersetzt wurden sie beinahe ausnahmslos durch Talente oder Spieler wie Güler, die anderswo ihr Potenzial nicht hatten abrufen können.
Güler bedauert überstürzten Hansa-Abgang
"Ich habe mir immer zugetraut, viele Tore zu erzielen. Das Vertrauen der Verantwortlichen bei der Viktoria war auch klar in den Verhandlungsgesprächen im Sommer zu spüren", begründete der Stürmer jüngst im Interview mit "DFB.de" seinen Wechsel nach Höhenberg. Die Rückkehr in seine Heimatstadt war für Güler nach zwölf frustrierenden Monaten fernab des Rheins ein Neuanfang.
Der sonst stets fröhliche Torjäger geht dabei aber sehr selbstkritisch mit seinen Entscheidungen um. "Rückblickend muss ich sagen: Ich hätte vermutlich nicht schon nach einem halben Jahr den FC Hansa Rostock und die Zweite Bundesliga verlassen sollen. Da war ich in dem Moment vielleicht etwas zu hektisch. Ich wollte unbedingt zu mehr Einsatzminuten kommen. Beim TSV 1860 München war aber dann genau das Gegenteil der Fall", erklärte er.
Deutliche Pleite im Hinrunden-Duell
Mit der nötigen Selbstreflexion, nun auch wieder viel Selbstbewusstsein und dem ihm offenbar angeborenen Torriecher könnte es für Güler und seine Viktoria vielleicht sogar mit dem Aufstieg klappen. Diesbezüglich stapelt der 27-Jährige aber lieber tief: "Es gibt genug Mannschaften, die mit höheren Ambitionen in die Saison gestartet sind als wir. Daher haben wir keinen großen Druck. Grundsätzlich wollen wir aber schon jedes Spiel gewinnen."
Hansa muss sich am Sonntag also auf einen sehr selbstbewussten Kontrahenten gefasst machen. Unterschätzen werden die Mecklenburger die Viktoria aber wohl kaum, denn das Hinrundenspiel ging sang- und klanglos mit 0:3 verloren. Das Tor zum Endstand erzielte dabei Güler (68.). Er war gegen seinen Ex-Club nur Sekunden zuvor eingewechselt worden. Der Fußball schreibt zuweilen verrückte Geschichten.