Hansa Rostock will HSV erneut ein Bein stellen
Fußball-Zweitligist FC Hansa Rostock bittet den HSV heute zum Nordduell. Das Hinrundenspiel in Hamburg gewannen die Mecklenburger an einem sehr emotionalen Tag überraschend mit 1:0.
Nichts war so wie sonst, als sich beide Teams am 24. Juli des vergangenen Jahres im Volksparkstadion gegenüberstanden. Drei Tage vor der Partie war Uwe Seeler verstorben. Ganz Hamburg trauerte um seinen Ehrenbürger und den größten Fußballer, den der HSV in seiner Geschichte hervorgebracht hat. Dementsprechend stand auch das erste Spiel nach dem Tod des stets volksnahen und überall beliebten Idols ganz in dessen Zeichen.
Im Mittelkreis der Arena wurde ein Kranz aufgestellt. Die Spieler beider Mannschaften hielten vor dem Anpfiff einen großen Banner mit der Aufschrift: "Uns Uwe - Sportler. HSVer. Mensch" in den Händen. Auch auf den Rängen waren unzählige Fahnen und Transparente mit dem Konterfei Seelers zu sehen. Der HSV lief zudem ohne Werbung auf dem Trikot auf. Stattdessen stand auf der Vorderseite der Jerseys "Uns Uwe".
Schumacher trifft beim HSV zum späten Hansa-Sieg
Es war fraglos eine emotionale Ausnahmesituation für den gesamten Verein. Und an diesem sonnigen Tag speziell auch für das Team von Coach Tim Walter. Es ging zwar ohnehin als Fast-Aufsteiger - der HSV war kurz zuvor in der Relegation gescheitert - als klarer Favorit in die Partie. Nun aber war der Druck noch größer auf die Mannschaft. Alle Hamburger, die es mit dem einstigen Bundesligisten halten, erwarteten einen Sieg für "Uns Uwe".
Aber die Walter-Elf konnte ihren Anhängern diesen Wunsch nicht erfüllen. Sie wirkte über weite Phasen der Partie gehemmt und kassierte in der Nachspielzeit den Gegentreffer durch Kevin Schumacher zur 0:1-Niederlage.
Torschütze nun bei Rostock in anderer Rolle
Es war das bisher einzige Zweitliga-Tor des Blondschopfs, der seinerzeit noch als Linksaußen eingesetzt wurde. Allerdings überwiegend nur für ein paar Minuten. Denn nur einmal stand Schumacher in der Hinrunde von Beginn an auf dem Feld. Mit der Rolle des Edeljokers wollte sich der 25-Jährige aber auf Dauer nicht zufriedengeben.
In der Rückrunden-Vorbereitung sorgte er für "mächtig Dampf", wie Coach Patrick Glöckner der "Bild" sagte: "Er ist einer, der immer unterwegs ist, immer kämpft und alles investiert - wirklich eine Maschine auf der Seite."
Beim Re-Start nach der WM-Pause am vergangenen Sonnabend auswärts gegen den 1. FC Heidenheim (0:2) stellte Glöckner Schumacher im linken Mittelfeld auf. Auf der für ihn ungewohnten Position zeigte der 25-Jährige eine ansprechende Leistung und gab anschließend ausgepumpt, aber glücklich zu Protokoll: "Sowohl offensiv als auch defensiv macht es mir Spaß. Ob ich ein Tor schieße oder einen Ball im Sechzehner verteidige, es ist beides das gleiche geile Gefühl."
HSV zuletzt mit überragender Flügelzange
Heute (13.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) gegen den HSV könnte auf "Schumi", wie der Allrounder an der Kopernikusstraße gerufen wird, primär viel Verteidigungsarbeit zukommen. Denn die Gäste gehen wie im Hinrunden-Duell favorisiert in die Begegnung und machten bei ihrem Rückrunden-Auftakt gegen Eintracht Braunschweig (4:2) insbesondere über die Flügel viel Druck. Schumacher wird es wohl auf seiner linken Seite mit Bakery Jatta und Ransford-Yeboah Königsdörffer zu tun bekommen.
Doch selbst wenn der Rostocker diesen Flügel dichtmachen kann, droht über die andere Hamburger Seite mit dem gegen die Eintracht überragenden Jean-Luc Dompé noch immer viel Gefahr. Und ganz vorne steht beim HSV in Robert Glatzel ja auch noch eine nicht zu vernachlässigende Offensivkraft. "Das wird sehr interessant", ist sich Schumacher sicher.
Walter erwartet "hitzige Atmosphäre"
Davon geht auch Hamburgs Trainer Tim Walter vor dem Nordduell an der Ostsee aus, das die Polizei zu einem Hochrisikospiel ausgerufen hat. "Wir erwarten eine hitzige Atmosphäre und freuen uns darauf. Wir mögen solche Stimmungen, in denen sich beide Seiten alles abverlangen. Solange alles im Rahmen bleibt, ist das schön", sagte der 47-Jährige.
Hansa-Coach Patrick Glöckner baut vor ausverkauftem Haus auf den gewohnt starken Rückhalt der Rostocker Anhänger. "Ich freue mich auf die Fans und auf die Stimmung. Ich hoffe, dass wir die Energie auf den Platz übertragen können. Es wird wichtig sein, auf den Rängen und auf dem Platz eine Einheit zu sein."
Neuzugänge beim HSV bisher außen vor
Der Coach hofft, dass sein Team an die gute Offensivleistung gegen Braunschweig anknüpfen kann: "Wie wir unsere Tore und Chancen herausgespielt haben, war schon sehr, sehr gut." Die Vielzahl an Tormöglichkeiten, die der HSV gegen den BTSV besaß, konnte allerdings nicht über Schwächen im Rückzugs- und Zweikampfverhalten hinwegtäuschen. "Es gibt Kleinigkeiten, die wir noch besser machen können. Hier arbeiten wir täglich weiter im Detail", erklärte Walter. Der Coach leistete sich gegen die "Löwen" den Luxus, seine drei Winterzugänge Javi Montero, Noah Katterbach und András Németh zunächst auf die Bank zu setzen.
Das warf die Frage nach der Notwendigkeit dieser Nachkäufe ein. Zumal in László Bénes, Sonny Kittel und William Mikelbrencis noch andere schon früher getätigte millionenschwere Transfers nicht zur Startformation zählten. Doch jede Position beim Tabellenzweiten soll eben mindestens doppelt besetzt sein, um im fünften Anlauf endlich die Bundesliga-Rückkehr zu schaffen.
Walter: "Jeder versucht, gegen uns Punkte zu holen"
Mit einem Erfolg in Rostock käme der HSV diesem Ziel wieder ein kleines Stück näher. Dass Hansa um seinen "Schumi" dieses Vorhaben durchkreuzen möchte, ist Walter selbstverständlich klar: "Jeder versucht, gegen uns Punkte zu holen. Wir werden dagegen ankämpfen. Es sind noch 16 Spiele und damit 16 Gründe, um fokussiert zu bleiben."
So könnten sie spielen:
Hansa Rostock: Kolke - Ananou, van Drongelen, Roßbach, Rhein, Neidhart, Fröde, Schumacher, Ingelsson, Duljevic - Verhoek
Hamburger SV: Heuer Fernandes - Heyer, David, Schonlau, Muheim - Meffert, Reis, Benes - Jatta, Dompé, Glatzel