HSV hadert, doch Daten zeigen: Die Probleme sind nicht neu
Die Saison des Fußball-Zweitligisten Hamburger SV hat die erste Delle. Seit drei Spielen sind die Norddeutschen nun sieglos. Die Entwicklung ist bedenklich: Die Daten zeigen, dass der HSV defensiv schon lange über seine Verhältnisse spielte - und nun wird er auch offensiv schwächer.
Sie rauften sich die Haare, auf dem Platz, auf der Bank und auf den Tribünen. Spät wachte der HSV am Sonntag gegen den 1. FC Magdeburg auf, erspielte sich Großchance um Großchance - doch die Bemühungen kamen zu spät, um die 2:3-Niederlage noch zu verhindern. Seit drei Spielen warten die "Rothosen" in der Liga auf einen Sieg, in der Tabelle sind die Hamburger nur noch Dritter, der Vorsprung auf Platz vier ist auf zwei Zähler geschmolzen.
"Alles Scheiße momentan." HSV-Trainer Tim Walter
HSV-Trainer Walter: "Das ist kläglich"
Entsprechend angefressen reagierte Trainer Tim Walter nach der Partie. "Wenn wir als Dritter im eigenen Stadion gegen den Tabellen-17. spielen, müssen wir uns an die eigene Nase fassen, wenn wir das Spiel nicht gewinnen", sagte der 46-Jährige dem NDR. Und äußerte danach deutliche Kritik an der Offensiv-Leistung seiner Mannschaft: "In den letzten 15 Spielen hatten wir nicht so viele Torchancen, wie heute. Am Ende musst du sagen: Das ist kläglich."
Hamburger machen zu wenig Tore
Die Chancenauswertung des HSV ist eines der Probleme des Clubs, wie die Zahlen belegen. Die Hamburger haben bisher 19 Saisontore erzielt, laut GSN-Daten liegt der "Expected goals"-Wert des HSV seit Saisonbeginn allerdings bei 2,00 pro Partie. Das bedeutet, die Norddeutschen bleiben offensiv deutlich unter ihren Möglichkeiten und hätten bereits 26 Treffer erzielen müssen.
Bis zum achten Spieltag war dieser Unterschied an der Elbe noch nicht so gravierend: Zwölf Tore (1,50 pro Partie) gelangen dem HSV bis dahin, 14,80 Treffer (1,85 pro Partie) hätten es damals statistisch gesehen anhand der Chancen sein können. Bedeutet im Umkehrschluss: Die Hamburger brauchen seither von Spieltag zu Spieltag immer mehr Großchancen für einen eigenen Treffer. Eine bedenkliche Entwicklung.
Muheim: "Müssen lernen, wieder besser zu verteidigen"
Noch mehr Gesprächsbedarf bestand allerdings in Bezug auf die Defensivleistung der Hamburger. Elf Gegentreffer hagelte es für die Norddeutschen in den vergangenen vier Pflichtspielen. "Wir kassieren viel zu viele Gegentore, weil wir zu leichte Fehler machen. Das ist einfach schlecht, das muss man ehrlich sagen", legte Walter den Finger deutlich in die Wunde. Und Miro Muheim pflichtete seinem Trainer bei: "Wir müssen lernen, wieder besser zu verteidigen. Wenn man drei Gegentore zu Hause bekommt, hat man es auch nicht verdient zu gewinnen."
"Beste Abwehr der Liga" - seit Saisonbeginn ein Mythos
Die einst "beste Abwehr der Liga" kassiert momentan viele Gegentore - doch ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass sie bereits die ganze Saison lang sehr anfällig war. Laut GSN-Daten liegt der "Expected goals"-Wert was die Gegentreffer betrifft für alle bisherigen Spieltage bei 1,46 - das sind in Summe 18 potenzielle Gegentore. Der HSV hat allerdings bisher "nur" 13 kassiert.
Aber: Zu Saisonbeginn und als Tabellenführer spielten die Hamburger defensiv noch stärker über ihre Verhältnisse. Fünf Gegentreffer kassierten sie bis zum achten Spieltag, der erwartete Wert lag allerdings da schon bei 13 Gegentoren (1,63 pro Partie). Die derzeitigen zahlreichen Gegentreffer haben sich also schon im Sommer abgezeichnet.
Gelingt die Wende in Paderborn?
Aber wie führt der Weg raus aus der Krise für den HSV? Ein Erfolgserlebnis gegen einen direkten Konkurrenten könnte nicht schaden, um auch in der Liga mal wieder ein Ausrufezeichen zu setzen. Am Sonntag (13.30 Uhr, im NDR Livecenter) muss der HSV zum SC Paderborn reisen. Keine leichte Aufgabe, denn die Ostwestfalen haben als Tabellenzweiter mit 32 geschossenen Toren die beste Offensive und zusammen mit Heidenheim auch die beste Defensive (zwölf Gegentore) der Liga.
"Mit der Offensive gewinnst du Spiele, mit der Defensive Meisterschaften", lautet eine alte Sport-Weisheit. Der HSV wird versuchen müssen, beides wieder besser auszubalancieren, um nicht langfristig das Ziel Bundesliga-Aufstieg zu gefährden.