Festtagsstimmung im "Freudenhaus": St. Pauli siegt 4:2
Zweitligist FC St. Pauli hat seinen ersten Saisonsieg gefeiert. Gegen Heidenheim gewann der Kiezclub mit 4:2 (2:0). Die 2.226 zugelassenen Zuschauer sorgten für prächtige Stimmung im Millerntorstadion.
Die Dezibelwerte waren natürlich nicht wie in Vor-Corona-Zeiten, als die Spieler des FC St. Pauli und vom 1. FC Heidenheim am Sonntagmittag ins Millerntorstadion einliefen. Aber es war laut im "Wohnzimmer" des Kiezclubs. Sehr zur Freude von Neu-Coach Timo Schultz, der im Interview von "Gänsehaut pur" sprach.
Die 2.226 zugelassenen Zuschauer - ausschließlich Anhänger der Hausherren - empfingen die Teams mit Gesängen wie: "We love Sankt Pauli we do" und stimmten den Schlachtruf "Hier gewinnt nur einer - Sankt Pauli und sonst keiner" an. Nach dem Anpfiff wurde dann zunächst jede noch so triviale Aktion der Gastgeber (beispielsweise ein Rückpass zu Torsteher Robin Himmelmann) geradezu frenetisch gefeiert. Der Anhang hatte so sehr nach Live-Fußball gedürstet, dass er sogar den durchwachsenen Auftritt St. Paulis in der Anfangsphase großzügig übersah.
Heidenheim in Anfangsphase besser
Die Braun-Weißen mühten sich vorerst vergeblich, Struktur und Stabilität in ihr Spiel zu bekommen. Heidenheim hinterließ den kompakteren Eindruck und war zielstrebiger - allerdings nur bis zum gegnerischen 16-Meterraum. Denn bis auf einen Schuss von FCH-Legende Marc Schnatterer (seit 2008 bei den Württembergern auf der Gehaltsliste), den Himmelmann entschärfte (10.), wurde der Tabellendritte der Vorsaison vor der Halbzeit nicht so richtig gefährlich. Die meisten Gäste-Angriffe konnten die Hamburger im letzten Moment noch entscheidend stören. Oder Heidenheim zielte daneben. Schultz attestierte seinen Spielern "einige Stockfehler", machte aber auch deutlich, dass er ihnen diese Fehler zugesteht: "Ich will nicht, dass wir die Bälle irgendwohin bolzen und nicht mehr mutig nach vorne spielen. Der Mutige wird immer belohnt."
Kyereh trifft wie aus dem Nichts
Nachdem sich der FCH ein wenig ausgetobt hatte, schlug St. Pauli eiskalt zu: Daniel-Kofi Kyereh spielte mit Rico Benatelli einen Doppelpass und ließ Schlussmann Kevin Müller dann mit einem satten Linksschuss aus 18 Metern keine Abwehrchance - das 1:0 (26.). Für den Zugang vom SV Wehen Wiesbaden war es nach seinem Doppelpack in der Partie beim VfL Bochum (2:2) bereits der dritte Saisontreffer. Da hat Sportchef Andreas Bornemann fraglos ganz vorzüglich den Markt "gescannt", wie Clubboss Oke Göttlich einst etwas kryptisch die Suche nach neuem Personal titulierte.
Vielleicht hat irgendwann ja auch mal Patrick Schmidt auf einer "Einkaufsliste" des Kiezclubs gestanden. Angestellt ist der 27-Jährige seit dieser Saison aber beim 1. FC Heidenheim. Dennoch traf er für St. Pauli: Nach einem Freistoß von Marvin Knoll fälschte der Angreifer den Ball ins eigene Tor ab (34.).
Youngster Wieckhoff sorgt für die Entscheidung
Die in der Höhe etwas schmeichelhafte Führung gab natürlich zusätzliches Selbstbewusstsein. Zu sehen war dies wenige Sekunden nach dem Wiederbeginn, als Jannes Wieckhoff ein abgefälschter Kyereh-Schuss vor die Füße fiel und der Youngster mit seinem rechten "Schlappen" zum 3:0 ins lange Eck traf. Wieckhoff? Der 20-Jährige dürfte bis vor Kurzem vornehmlich Freunden des gepflegten Viertliga-Fußballs ein Begriff gewesen sein. Denn bis zum Sommer kickte das Eigengewächs noch in St. Paulis U23. Nun also Heidenheim statt Hildesheim - ein schöner Karrieresprung für den Blondschopf, der auch bei seinem zweiten Zweitliga-Einsatz ein belebendes Element für das Spiel des Kiezclubs war.
St. Pauli in der Schlussphase nachlässig
Die Gäste waren anschließend um Ergebniskosmetik bemüht, blieben aber harmlos. Also ging auf der Gegenseite das muntere Spielchen "Wer hat noch nicht, wer will nochmal?" weiter. Diesmal wollte Maximilian Dittgen: In der 70. Minute sorgte der 25-Jährige mit der Brust für das 4:0. Dorthin hatte ihn Müller beim Abwehrversuch geschossen. Es war ein Tag, an dem für Heidenheim lange nahezu alles schief lief. Immerhin konnten Christian Kühlwetter (78.) und Tobias Mohr (80.) das Resultat in der Schlussphase noch ein bisschen aufhübschen. Den Schmerz der Niederlage dürften die Treffer aber wohl nicht gemindert haben.