Eintracht Braunschweigs Anthony Ujah (l.) versucht, Immanuel Pherai zu motivieren. © IMAGO / Joachim Sielski

Extreme Eintracht - Datenanalyse zu Braunschweigs Höhenflug

Stand: 04.11.2022 14:09 Uhr

Ein miserabler Saisonstart mit einem Punkt aus sechs Spielen und nun die Zweitliga-Mannschaft der Stunde mit acht Partien in Serie ohne Niederlage: Kann Eintracht Braunschweig nur extrem? Vor dem Spiel am Sonntag gegen Fürth zeigt die Datenanalyse, was der Aufsteiger jetzt anders macht und wo die Reise hingeht.

von Matthias Heidrich

Gleich zum Auftakt lieferten die "Löwen" einen Wert, an den bislang in dieser Saison noch kein Team annähernd wieder herangekommen ist. 3,41 "Expected goals" spuckten die GSN-Daten für das Heimspiel gegen den HSV aus. Mehr als drei Tore hätten die Braunschweiger Fans erwarten dürfen, zu sehen bekamen sie keins. 0:2 hieß es am Ende und bei der Eintracht wusste keiner genau, warum.

Das Muster "gute Leistung, aber keine Punkte und vor allem Tore" setzte sich bei den Niedersachsen nach dem HSV-Spiel nahtlos fort. Ein Zähler (gegen Düsseldorf) und 3:15 Tore nach sechs Partien waren eine ebenso desaströse wie unnötige Auftakt-Bilanz. Umso bemerkenswerter, wie Trainer Michael Schiele und seine Mannschaft ab dem siebten Saisonspiel den Schalter umgelegt haben und 16 Punkte holten bei einem Torverhältnis von 14:8.

"Wir waren zu Saisonbeginn nicht gut drauf, haben aktuell aber das Momentum brutal auf unserer Seite. Da wollen wir weitermachen und unser Spiel auf den Platz bringen." Eintracht-Coach Michael Schiele

Vereinfacht gesagt haben eine Systemumstellung, eine extrem gesteigerte Effizienz, eine noch stärkere Fokussierung auf die defensive Spielanlage und zwei Transfers das Blatt gewendet.

Seit dem Derby gegen Hannover 96 (1:1) setzt Schiele auf ein 3-4-1-2-System, mit Filip Benković als zentralem Mann. Die Leihgabe vom italienischen Erstligisten Udinese Calcio steht seit Anfang September und dem Beginn der Erfolgsserie mit dem 4:2 gegen Nürnberg in der Eintracht-Startelf und hat seitdem nicht eine Minute verpasst.

"Aggressive-Leader" Benković als Stabilisator

Der aktuelle GSN-Index von 70,06 verortet den 1,94 Meter großen Kroaten in der internationalen Klasse. Der 25-Jährige hat die Eintracht-Abwehr stabilisiert und die "Löwen" noch aggressiver gemacht. Seine 87,62 Prozent gewonnenen Zweikämpfe pro Partie sind herausragend und sicherlich ein Grund, warum die Gegner der Blau-Gelben nun nur noch auf einen "Expected goals"-Wert von 1,29 kommen, anstatt 2,40 wie in den ersten sechs Saisonspielen.

Überhaupt setzt Schieles Team zurzeit noch viel mehr als ohnehin schon auf das Breitschwert statt die feine Klinge, agiert noch körperlicher. Überspitzt formuliert könnte man sagen: Mit dem Ball wollen die Braunschweiger noch weniger als sonst zu tun haben, außer vorne schießt ihn einer rein.

Lediglich 18:36 Minuten hat die Schiele-Elf den Ball im Schnitt (38%). Vor Nürnberg waren es immerhin noch 20:56 Minuten (41%). 660 Aktionen pro Partie stehen nun nur noch 620 gegenüber, 353 zu 319 Pässe.

"Hinten dicht machen und vorne hilft der liebe Gott", würden das die Rentner auf den Mecker-Hügeln der Amateurplätze wohl nennen. Bei Braunschweig trägt "Gott" zurzeit den Namen Anthony Ujah.

"Gott" Ujah effektiv mit Köpfchen

Fünf Tore hat der Nigerianer, den die Braunschweiger nach den ersten beiden Saisonniederlagen verpflichtet hatten, in den jüngsten acht Spielen erzielt. Er hat zuletzt maßgeblich an der größten Eintracht-Baustelle "Effizienz" geschraubt, sodass der "Expected goals"-Wert pro eigenem Treffer der "Löwen" von 3,08 (ersten sechs Spiele) auf 0,70 gepurzelt ist. Ujah und Co. machen quasi aus nichts Tore, haben die Chancenverwertung von 8,62 auf 35 Prozent gesteigert.

Der 32-Jährige wartet dabei mit einer besonderen Statistik auf: Von 21 Kopfballduellen im gegnerischen Strafraum hat Ujah lediglich fünf gewonnen - nur 23,81%. Aus den fünf gewonnenen Kopfballduellen hat der Angreifer allerdings drei seiner fünf Tore gemacht - wie zuletzt beim 2:2 gegen Sandhausen. Effektiver geht es kaum.

Ujah performt also besser, als das die Daten vermuten lassen würden, wie das Eintracht-Team aktuell insgesamt. Zu Beginn der Saison hatte der Aufsteiger wiederum extrem unterperformt.

Aufholjagd der "Löwen" läuft

Ujah wird dieses Effizienz-Niveau mutmaßlich nicht halten können. Für ihn und auch die ganze Mannschaft gilt es wohl eher, den goldenen Mittelweg zu finden, aber die Agressivität der jüngsten acht Partien beizubehalten. Dann könnte es mit dem Klassenerhalt klappen.

Aktuell spucken die GSN-Daten gemessen an den "Expected points" zwar trotzdem noch Rang 17 in der Endabrechnung und eine 44-prozentige Abstiegswahrscheinlichkeit aus. Aber nach den ersten sechs Spielen waren es hier stolze 69 Prozent. Die Aufholjagd der extremen "Löwen" läuft, ist aber noch lange nicht zu Ende.

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Sportclub | 06.11.2022 | 22:50 Uhr

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