VfL Wolfsburg im "Endspiel" gegen Bayern unter Zugzwang
Die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg empfangen heute Abend Tabellenführer Bayern München zum Bundesliga-Topspiel. Für die Niedersächsinnen, die auf Stürmerin Alexandra Popp verzichten müssen, ist das Duell mit dem Titelverteidiger bereits ein Endspiel um die Meisterschaft.
Bei einer Pleite würde der Rückstand auf den Spitzenreiter auf sieben Zähler anwachsen. An ein solches Worst-Case-Szenario verschwendet bei den "Wölfinnen" vor dem Nord-Süd-Gipfel (17.45 Uhr, live im Ersten und im Livestream bei NDR.de) allerdings keine Protagonistin einen Gedanken. "Wir wollen Bayern auf den Fersen bleiben und werden alles daran setzen, zu gewinnen", sagte Verteidigerin Kathy Hendrich dem NDR. Die frühere Münchnerin kündigte kampfeslustig an: "Wir gehen es als Endspiel an, wollen alles raushauen und gucken, was dann am Ende dabei rumkommt."
Der Unterstützung der Fans darf sich das Team von Coach Tommy Stroot gewiss sein. Über 20.000 Zuschauer werden in der Wolfsburger Fußball-Arena erwartet, in der sonst überwiegend die seit geraumer Zeit chronisch erfolglosen VfL-Männer auflaufen. "Wir freuen uns, wenn das Stadion voll ist. Es macht einfach Spaß, vor so vielen Zuschauern zu spielen", erklärte Hendrichs Mannschaftskameradin Marina Hegering.
VfL kampfeslustig: "Mia san hia zu Hause"
Damit das Topspiel einen würdigen Rahmen bekommt, haben die Wolfsburger Verantwortlichen seit Wochen die Werbetrommel gerührt. So sind beispielsweise überall in der Autostadt Plakate des Autoclubs mit der Aufschrift: "Mia san hia zu Hause" zu sehen. Der Slogan darf fraglos als Kampfansage an den FCB gewertet werden, der ja gerne mit seiner "Mia san mia"-Mentalität hausieren geht.
Nahmen bis dato primär die Münchner Männer für sich in Anspruch, mit ihrem Willen und ihrer sportlichen Qualität ein Alleinstellungsmerkmal zu haben, wollen nun auch die Frauen in ihrer Liga das Maß aller Dinge im deutschen Fußball werden.
Nichts anderes als eine Wachablösung im Frauenfußball wird an der Säbener Straße angestrebt. Daraus machte FCB-Trainer Alexander Straus vor dem Aufeinandertreffen mit dem VfL, dem die Münchnerinnen endgültig den Rang ablaufen wollen, kein Geheimnis.
Vor Wolfsburg habe er "großen Respekt", sagte der Norweger: "Es ist ein sehr erfahrenes Team, das viele Titel gewonnen hat. Sie haben das getan, was wir in der Zukunft tun wollen. Wir wollen da hinkommen, dass wir eine Dominanz haben, wie sie sie über viele Jahre hatten."
München will Wachablösung - und plündert Festgeldkonto
Selbstbewusste Worte, die der FCB allerdings auch bereits durch Taten unterstrichen hat. So steht seit dem vergangenen Sommer unter anderem die dänische Starstürmerin Pernille Harder auf der Gehaltsliste des Clubs. Die frühere Wolfsburgerin wechselte gemeinsam mit ihrer Freundin Magdalena Eriksson vom Chelsea FC nach München. In England soll das Duo übrigens auch nicht mit Gutscheinen für Fish and Chips, sondern sehr vielen Pfund bezahlt worden sein. Dass Harder und Eriksson dennoch von der Themse an die Isar gezogen sind, dürfte kaum am angeblich in Deutschland besseren Essen gelegen haben.
Und zur kommenden Saison schlägt dann ja auch noch Lena Oberdorf ihre Zelte in München auf. Für die Nationalspielerin überweisen die Münchner 400.000 Euro an den VfL. Eine vor Jahren im Frauenfußball noch undenkbare Ablösesumme - nun zumindest für die Bayern offenbar kein Problem mehr. Der FCB macht ernst und zweigt von seinem berühmt-berüchtigten Festgeldkonto jetzt auch ein paar Euro mehr für sein Frauenteam ab.
Bald-Münchnerin Oberdorf schweigt vor Topspiel
Für Oberdorf wird es das letzte Bundesliga-Duell im Wolfsburger Trikot mit ihrem künftigen Arbeitgeber sein. Interviewanfragen lehnte die 22-Jährige vor der Partie ab. Wohlwissend, dass jedes weitere Wort zu ihrem Wechsel, der hohe Wellen schlug, weiteres Öl ins Feuer gießen würde. Stattdessen sprang Hendrich Oberdorf zur Seite: "Ich kann total verstehen, dass sie eine Veränderung haben will, kann es nachvollziehen, dass sie jetzt den nächsten Schritt geht."
Zur Thematik Wachablösung hat die 31-Jährige eine noch deutlichere Meinung. "Wenn Leute da von Wachablösung sprechen, ist es auch ein Stück weit respektlos gegenüber dem Verein, weil das letzte Jahrzehnt Wolfsburg die erfolgreichste Mannschaft Deutschlands war. Der VfL hat über Jahre hinweg nicht nur national, sondern auch international konstant Leistungen gebracht", sagte die Abwehrspielerin. Und zudem spiele der VfL ja "nach wie vor eine gute Rolle".
Wolfsburg gegen FCB zu Hause seit 15 Jahren ungeschlagen
Ein Erfolg gegen die Münchnerinnen wäre fraglos die beste Wolfsburger Antwort auf die selbstbewussten Töne aus Bayern. Die Statistik spricht für die "Wölfinnen": Ihre bis dato letzte Heimpleite gegen den Erzrivalen liegt 15 Jahre zurück. Auf der anderen Seite ist der Tabellenführer nun bereits seit 33 Partien unbesiegt.
Viel Zahlensalat, dem aber zumindest Hegering keine größere Bedeutung beimessen möchte. "Ich beschäftige mich mit Statistiken gar nicht. Deswegen kenne ich diese Zahl 33 nicht. Deswegen spielt es weder für mich noch die Mannschaft eine Rolle. Es ist ein ganz normales Spiel. Und wir versuchen alles, um es zu gewinnen", sagte die VfL-Verteidigerin.
Wolfsburg muss auf Popp verzichten
Das Selbstbewusstsein bei den "Wölfinnen" scheint also durch die 1:2-Pleite am vergangenen Spieltag bei der TSG Hoffenheim nicht gelitten zu haben. Allerdings, das zeigte sich am Freitag, hat die zweite Saisonniederlage auch noch personelle Folgen. Wolfsburg muss auf Kapitänin Alexandra Popp verzichten. Wie Stroot in der Pressekonferenz mitteilte, ist die Angreiferin keine Option. Knieprobleme plagen die 32-Jährige seit der Partie bei der TSG. "Alex stand heute nicht auf dem Trainingsplatz. Es hatte sich angedeutet, und wir haben alles probiert", sagte der 35-Jährige: "Aber wir wollten keine Dummheiten machen und irgendetwas riskieren."
Popp steuerte in der laufenden Saison bereits fünf Tore und neun Assists bei und ist damit geteilte Top-Scorerin der Liga. Umso wichtiger für den VfL ist, dass Ewa Pajor dabei ist. Die beste Torschützin der Liga (zehn Tore) hatte zuletzt ebenfalls Knieprobleme und war für das Spitzenspiel fraglich gewesen.