Kommentar zum Transfer von Lena Oberdorf: Ein Wechsel, viele Signale
Lena Oberdorf verlässt den VfL Wolfsburg und wechselt ausgerechnet zum größten Konkurrenten FC Bayern München. Für die "Wölfinnen" eine Enttäuschung - der Transfer ist aber ein deutliches Zeichen in Richtung der anderen europäischen Topligen.
Ein Kommentar von Inka Blumensaat
Lena Oberdorf ist eine Ausnahmekönnerin. Schon in ihrer Jugend galt sie als Jahrhunderttalent und konnte die Erwartungen im Erwachsenenbereich erfüllen: Bei der Euro 2022 wurde sie als beste junge Spielerin ausgezeichnet, mit gerade einmal 22 Jahren hat sie bereits 44 Länderspiele bestritten, ist Vize-Europameisterin, deutsche Meisterin und Pokalsiegerin. Im defensiven Mittelfeld gehört sie mit ihrer Robustheit und den Fähigkeiten im Spielaufbau zu den Top-Spielerinnen in Europa - kein Wunder also, dass sie im Fokus vieler Topclubs stand.
Rekordablöse in der Bundesliga
Vor der Europameisterschaft 2022 hatte Oberdorf ihren Vertrag in Wolfsburg verlängert, der mit einer Ausstiegsklausel versehen wurde. Sie kann den Verein nun also gegen eine festgeschriebene Ablöse verlassen, die nach NDR Informationen bei rund 400.000 Euro liegt - Ligarekord. Für den VfL lohnt sich der Wechsel somit finanziell, der Club kassiert ein Vielfaches der 2020 zur SGS Essen für Oberdorf überwiesenen Summe. Schmerzlich ist der Transfer dennoch, mit einem Wechsel der populären Stammspielerin ins Ausland hätten sie in Wolfsburg sicher besser leben können.
Ein starkes Zeichen für die Liga
Dass Oberdorf in Deutschland bleibt, ist jedoch ein starkes Zeichen für eine Liga, die im internationalen Vergleich abgehängt zu werden droht. Zuletzt waren alle drei deutschen Clubs in der Gruppenphase der Champions League ausgeschieden, Wolfsburg hatte sich nicht einmal dafür qualifiziert.
Die Teams der englischen Super League haben dank des Budgets der Weltvereine wie Chelsea, Arsenal, Manchester City und Manchester United deutlich bessere finanzielle Möglichkeiten, das gilt auch für den FC Barcelona und Real Madrid aus Spanien. Der Verbleib von Lena Oberdorf schmückt die deutsche Bundesliga.
Der FC Bayern macht Ernst
Hunderttausende Follower bei TikTok und Instagram, gut dotierte Werbeverträge mit einem Sportartikelhersteller und einer Baumarktkette - Oberdorf zeigt, welche Bekanntheit und welche Einnahmen jetzt auch für Fußballerinnen möglich sind. Nach dem Wechsel in den Süden wird sie zu den Spitzenverdienerinnen der Liga zählen.
Im vergangenen Sommer hatte der FC Bayern bereits die internationalen Stars Pernille Harder und Magdalena Eriksson verpflichtet, im Herbst den Vertrag mit Europameisterin Georgia Stanway verlängert. Die Strategie ist klar: Der Verein greift weitaus tiefer in die Tasche als früher, um sich international behaupten zu können. Und auch, um in Deutschland dauerhaft die Nummer eins zu werden.
Wohin steuert der VfL Wolfsburg?
Der VfL, der von 2016 bis 2020 vier Meistertitel in Folge holte, muss sich dagegen fragen lassen, ob er sich tatsächlich wie von Direktor Ralf Kellermann des Öfteren geäußert als "Ausbildungsclub" begreift - und damit in Deutschland das Nachsehen hat und in Europa kaum noch eine große Rolle spielen wird. Oder ob mit der Hilfe von Eigner Volkswagen das Investment ins Team doch noch einmal deutlich erhöht wird.