Altonas Ausnahmefußballer: Adolf Jäger
Wie wichtig die Benennung öffentlicher Einrichtungen für die Erinnerungskultur sein kann, erweist sich auf Hamburgs ältestem Fußballplatz an der Griegstraße in Bahrenfeld. Ohne die Adolf-Jäger-Kampfbahn wäre Altonas bedeutendster Sportler inzwischen vergessen. Die Glanzzeiten dieses Ausnahmefußballers liegen ein rundes Jahrhundert zurück, sie begannen in der Kaiserzeit. Der Fußballsport war auf dem Weg von einer Sportart zum Massenphänomen. Vereine und Auswahlmannschaften zogen vier- und bald auch fünfstellige Zuschauerzahlen an die Stehtraversen, und bei Endspielen um die deutsche Meisterschaft ließ sich auch schon mal ein Kronprinz im Stadion blicken. Bedeutung und Qualität des Fußballs in den 1910er- und 1920er-Jahren einzuschätzen, fällt heute schwer, aber seine Popularität war offenkundig hoch.
Mehr als 2.000 Tore in 700 Vereinsspielen
Die spärlichen persönlichen Fakten zu Jäger hat der Altonaer Folkert Mohrhof in seinem lesenswerten Buch "Die Ära Adolf Jäger. Das Vierteljahrhundert des Altmeisters von Altona 93" zusammengetragen, das im Frühjahr 2018 zum 125-jährigen Vereinsjubiläum erschien. Gesichert ist, dass Jäger am 31. März 1889 als Sohn eines Schusters geboren wurde und 1907 vom Ortsrivalen Union 03 zum AFC wechselte. Körperlich war er von jeher gut beieinander, wie ein Rekord-Schlagballweitwurf und eine 100-m-Militärmeisterschaft (11,4 Sekunden) belegen. Auch seine fußballerischen Qualitäten sprachen sich schnell herum, schon ein Jahr später wurde der hochaufgeschossene Stürmer in die DFB-Auswahl berufen. 18 Länderspiele (elf Tore) weisen die Annalen für ihn aus, Jägers letzter Auftritt im deutschen Trikot datiert vom Dezember 1924. Die für einen Topspieler wie ihn geringe Zahl ist auf den Ersten Weltkrieg zurückzuführen. Beeindruckender machen sich die rund 700 verbuchten Vereinsspiele aus, in denen er deutlich mehr als 2.000 Tore erzielt haben soll.
Spezialität: Zweckmäßiger Pass auf den Flügel
Aber wie kann man sich heute noch ein Bild von einem Anno-Tobak-Superstar machen? Körnige Schwarz-weiß-Fotos helfen, die ausführlichen Spielberichte in den lokalen Zeitungen auch. Jäger war demnach ein hoch aufgeschossener Stürmer mit früher Stirnglatze, der durch filigrane Technik und Spielverständnis glänzte. Anders als sein kraftstrotzendes HSV-Pendant Otto "Tull" Harder, mit dem er in der norddeutschen Auswahl und auch im Nationalteam zusammen stürmte, überzeugte Jäger die Kritiker immer wieder durch intelligente Pässe, vornehmlich auf die Flügel. Heute würde man ihn als hängende Spitze oder "klassischen Zehner" bezeichnen. Ein Zeitgenosse beschrieb die Altonaer Spielweise 1925 so: "Die Jägerschen Flügelvorlagen in bunter Abwechslung mit halbhoher Ballweitergabe oder kurzer Pass-Vorlage im Mittelfeld, je nach Bedarf und Zweckmäßigkeit angewandt." Dagegen "die berühmte H.S.V.-Taktik - Steilvorlagen in den freien Raum und geringe Ausnutzung des Flügelspiels".
- Teil 1: Mehr als 2.000 Tore in 700 Vereinsspielen
- Teil 2: Tabakladen, Herrenbekleidung, Anzeigengeschäft
- Teil 3: Kein Fußball für 'nen Appel und ein Ei