Abstieg, Abgang, Wiedereinstellung - Ernst Middendorps verrückte Woche
Die ereignisreiche Trainer-Karriere von Ernst Middendorp ist um eine Anekdote reicher. In seiner Wahlheimat Südafrika hatten der gebürtige Emsländer und der Cape Town Spurs FC ihre Zusammenarbeit nach dem Abstieg aus der Premiership beendet. Doch nur eine Woche später ist der 65-Jährige plötzlich wieder im Amt.
Das Gefühl, entlassen zu werden - Middendorp kennt es bestens. Der aus Freren stammende Fußballlehrer hat schließlich bereits in so ziemlich jedem Winkel der Welt Mannschaften gecoacht. Bemerkenswerte 31 Stationen standen in seinen Bewerbungsunterlagen, als er im vergangenen November bei den Cape Town Spurs anheuerte. Der Club aus einem Vorort von Kapstadt war zu diesem Zeitpunkt abgeschlagenes Tabellenschlusslicht. Middendorp begab sich auf eine "unmögliche Mission", wie er sagte, wollte den Verein vor dem Abstieg retten.
Das Vorhaben misslang - und der 65-Jährige musste gehen. Anders als bei den vielen anderen Entlassungen in seiner Karriere wurde er diesmal aber in den höchsten Tönen weggelobt. Middendorp habe einen "unglaublichen temperamentvollen Kampf" mit der Mannschaft gezeigt, wurde Spurs-Boss Alexi Efstathiou in einer Pressemitteilung zitiert, an deren Anfang die "einvernehmliche Trennung" und das "sofortige Ende der Zusammenarbeit" verkündet wurde.
Mit lobenden Worten vor die Tür gesetzt
Blieb die Frage, warum "Power-Ernst", wie er zu seinen Bundesliga-Zeiten gerufen wurde, denn nun der Stecker gezogen wurde? Zumal "der Trainer klar zum Ausdruck gebracht hat, dass er bereit ist, zu bleiben", wie es weiter hieß. Es war - wie so vieles im Leben - eine Frage des Geldes. "Leider war es dem Club aufgrund der restriktiven finanziellen Rahmenbedingungen der NFD (National First Division, die Redaktion) nicht möglich, den Vertrag zu verlängern", sagte Efstathiou.
Damit schien das Kapitel Cape Town Spurs FC für Middendorp nach 20 Partien, von denen er nur fünf gewinnen konnte, beendet zu sein. Nachdem er bei seinen vorherigen Stationen SV Meppen ("Ich bin kein Animateur") und den Singida Big Stars FC aus Tansania ("Meine Ansichten waren nicht gefragt, eine Diskussion unerwünscht") zurückgetreten war, wurde er nun vor die Tür gesetzt - wenn auch mit lobenden Worten.
Versöhnung beim Frühstück
Doch man sieht sich bekanntlich immer zweimal im Leben. Im Falle von Middendorp und den Vorständen des Premiership-Absteigers geschah dies bei einer morgendlichen Schlemmerei. "Als ich am Freitag nach Kapstadt zurückkehrte, erhielt ich einen Anruf von den Direktoren, sie haben mich zum Frühstück eingeladen", wird der Coach in einer Mitteilung des Clubs zitiert, in der nun seine Wiedereinstellung verkündet wurde.
Verein und Trainer hätten ihre anfangs unterschiedlichen Ansichten über eine weitere Zusammenarbeit ausräumen können, hieß es weiter. "Ich freue mich, dass wir jetzt dort weitermachen können, wo wir aufgehört haben, und einen Verein aufbauen können, von dem wir alle glauben, dass er eines Tages seinen rechtmäßigen Platz im südafrikanischen Fußball einnehmen wird", schloss Middendorp.
Erstmals Coach in Südafrikas Zweiter Liga
Der 65-Jährige betritt nun Neuland. Erstmals betreut er in seiner Wahlheimat Südafrika einen Zweitligisten. Ob er daran lange Freude haben wird, muss abgewartet werden. Denn Middendorps Ansprüche an sich und seine Spieler sind unabhängig von der Spielklasse stets hoch. Davon können sie im fernen Meppen ein Lied singen.
Denn bei den Emsländern warf Middendorp in der vergangenen Saison nach nur drei Spieltagen die Brocken hin. Ihm missfiel die Einstellung seiner Kicker, die allerdings anders als er nach dem Drittliga-Abstieg nicht mehr ausschließlich vom Fußball lebten. "Ich habe der Mannschaft mitgeteilt, dass ich nicht dafür geeignet bin, Amateure zum Laufen zu bringen", wütete er. "Das ist nicht meine Welt", ergänzte der Trainer.
Kurz darauf verließ er Deutschland in Richtung seines Wohnortes Südafrika. Es folgten ein nur zweiwöchiges Intermezzo in Tansania sowie der Beginn der Rettermission bei den Spurs. Dass Trainer-Station Nummer 32 die letzte in der Karriere von Ernst Middendorp sein wird, erscheint beim Blick auf seine Vita zumindest fraglich.