Medienkompetenz: "Die Kinder sind den Lehrern voraus"
Welcher Quelle kann ich trauen und wie funktioniert ein Algorithmus? Der NDR startet das neue Medienkompetenz-Portal für Lehrende.
"Wie viel Zeit verbringst du täglich auf Social Media?" fragt Konrektorin Sarah Schellmann die Jungs und Mädchen ihrer zehnten Klasse der Waldschule in Hatten. "Gefühlt den ganzen Tag. Ich bin gern auf Discord aktiv", sagt eine Schülerin. "Ich komm schon mal auf zehn bis zwölf Stunden", antwortet ein Schüler. Die Antworten überraschen sogar die digital versierte Schellmann. An ihrer Schule wird Medienkompetenz gelebt. Tablets sind Standard, Jugendliche produzieren Podcasts und können zur schuleigenen Social-Media-Sprechstunde gehen.
Heute wollen die Schüler*innen darüber sprechen, was ein Algorithmus ist. Schellmann wirft dafür das Video des neuen Medienkompetenz-Portals des NDR für Lehrkräfte an das Whiteboard. Einfach.Medien Presenterin Lia Gavi erklärt den Schüler*innen darin, dass der Algorithmus von sozialen Netzwerken darauf achtet, wie lange Videos geschaut werden und was geliked und kommentiert wird. Und Gavi erklärt, wie man den Algorithmus selbst beeinflussen kann.
Lehrer*innen fällt es schwer, in der digitalen Welt mitzuhalten
"Man konnte sehen, was der Algorithmus mit einem macht. Dass er die traurigen Menschen weiter in die Depression führen kann, statt sie aufzuheitern oder abzulenken", fasst eine Schülerin anschließend zusammen. "Wer hat sich nach der Nutzung von Social Media schon mal richtig schlecht gefühlt?", fragt Schellmann in die Runde. Mehrere Hände gehen nach oben. "Ich hatte mal sehr viele traurige Videos gesehen und jetzt werde ich die fast gar nicht mehr los. Warum existieren die eigentlich auf meiner 'For-You-Page'? Ich like die doch gar nicht mehr", fragt Samantha.
"For-You-Page", fragt die selbst twitternde Schellmann zurück. "Ist das der Feed bei TikTok?" Auch die 32 Jahre alte Lehrerin kennt nicht jedes Detail der digitalen Jugendwelt. Sie ist dankbar für das Unterrichtsangebot des NDR. Ihrer Ansicht nach fehlt es bisher an aktuellen Materialien zum Thema Internet und Social Media für den Schulunterricht. "Man merkt schon tagtäglich, dass die Kinder einem ziemlich voraus sind. Man muss sich ständig auf Stand halten, um mithalten zu können und das fällt vielen Lehrkräften schwer."
Einfach.Medien bietet Materialien für modernen Unterricht
Genau dort setzt der NDR mit seinem Angebot nun an. "Medienkompetenz ist und bleibt ein wichtiger Schlüssel zur Teilhabe an einer demokratischen Gesellschaft und zur Meinungs- und Willensbildung. Mit einfach.Medien wollten wir Lehrende dabei unterstützen, Kindern und Jugendlichen einen sachkundigen Umgang mit den vielen Angeboten im Netz zu vermitteln", erklärt NDR Intendant Joachim Knuth. Auf dem Medienkompetenz-Portal finden sich neben den Erklärvideos für Schüler*innen auch Lernmodule zu Journalismus, Social Media und Web. Klassen können sich dort zu Web-Talks anmelden, Begriffe im Glossar nachlesen und Unterrichtsmethoden erproben, die sich am Redaktionsalltag orientieren. Zudem gibt es Wettbewerbe, Events und NDR Berichte zum Thema.
Einfach.Medien will den Lehrerinnen und Lehrern praxisnahes Unterrichtsmaterial an die Hand geben, um mit ihren Schüler*innen über Medienthemen ins Gespräch zu kommen. Die Medienwelt verstehen, hinterfragen und kritisieren können - das ist das Ziel. Hört man der 10b aus Hatten während der Unterrichtseinheit zu, scheint das mit den neuen Materialien ganz gut zu klappen: "Ich glaube, dass wir selber gar nicht realisiert haben, warum da irgendwelche Sachen auf TikTok oder Instagram sind, die uns total gut gefallen. Für mich war es sehr aufschlussreich, weil ich jetzt weiß, warum mir gewisse Sachen angezeigt werden."