Kommunalwahl 2023: Kreis Steinburg im Wandel der Zeit

Stand: 05.05.2023 10:03 Uhr

Bei der Kommunalwahl am 14. Mai entscheiden 109.239 Wählerinnen und Wähler darüber, wie es im Kreis Steinburg und in den Städten und Gemeinden weitergeht - ein Überblick über die wichtigsten Themen.

von Janina Harder und Laura Albus

Der Kreis Steinburg gehört zur Metropolregion Hamburg, einem der stärksten Wirtschaftsräume in Deutschland. Heute leben auf einer Fläche von 1.056 Quadratkilometern mehr als 131.000 Einwohner. Die Arbeitslosenquote im Kreis betrug im März 5,3 Prozent (Landesschnitt: 5,6 Prozent). Im Kreis Steinburg prägten bisher überwiegend kleinere und mittlere Betriebe die Wirtschaft. Doch durch das Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie haben sich in der Kreisstadt Itzehoe auch weitere zukunftsweisende Technologieunternehmen angesiedelt, zum Beispiel der Halbleiterhersteller Vishay, der seinen Standort ab diesem Jahr um eine Chipfabrik erweitert, oder auch der Batteriezellenentwickler Customcells, der Lithium-Ionen-Batteriezellen in Serie herstellt. Der Ausbau der Produktionskapazitäten in Itzehoe gilt als richtungsweisend dafür, dass die Region eine wichtige Rolle für Zukunftstechnologien spielt, die in Verbindung mit der Energiewende stehen.

Acht Parteien und Wählergemeinschaften

Der Kreis Steinburg ist in 23 Wahlkreise aufgeteilt - von Itzehoe bis Wewelsfleth. Gewählt wird in 162 Stimmbezirken. Alle Bewerber wurden zugelassen. Insgesamt konkurrieren 174 Direktkandidatinnen und -kandidaten um die Sitze im Steinburger Kreistag. Dieser besteht aus 45 Abgeordneten. Die Kreistagswahl vor fünf Jahren endete mit einer deutlichen Mehrheit für die CDU. Sie erreichte fast 40 Prozent der Stimmen, gewann fast alle Wahlkreise direkt. Bislang stellt die CDU mit 22 Sitzen die größte Fraktion im Kreistag, gefolgt von SPD (11), Grünen (8), FDP (4), AfD (3), Freie Wähler (2) und Linke (2). Für die kommende Kommunalwahl haben sieben altbekannte Parteien und Wählervereinigungen ihre Kandidatinnen und Kandidaten benannt. Mit der Basisdemokratischen Partei, die aus der Querdenker-Szene hervorgegangen ist, tritt eine Partei an, die bisher nicht im Kreistag vertreten ist.

Kontroverse Infrastruktur und umstrittene Industrie

Das Kernkraftwerk Brokdorf im Kreis Steinburg. © NDR Foto: Laura Albus
In der Silvesternacht von 2021 auf 2022 ist das Kernkraftwerk Brokdorf vom Netz gegangen.

Mit Brokdorf ist der Kreis seit 1986 Standort eines Atomkraftwerks. Der Meiler wurde im Zuge des Atomausstiegs aber Ende 2021 endgültig vom Netz genommen. Das Holcim-Zementwerk in Lägerdorf ist landesweit der zweitgrößte CO2-Emittent unter allen Industriebetrieben Schleswig-Holsteins. Das will Holcim durch die weltweit erste CO2-neutrale Ofenlinie ändern. Gleichzeitig klagt eine Bürgerinitiative gegen das Zementwerk: Holcim soll keine Salze in die Stör einleiten.

In der Nähe von Glückstadt soll beim geplanten Weiterbau der A20 die Elbe nach Niedersachsen gequert werden. Größtenteils würde die Küstenautobahn auch durch den Kreis Steinburg und dann weiter durch den Kreis Segeberg gehen. Eine kontroverse Entwicklung, die unter anderem auch Folgen für die Elbfähre hätte. Apropos Elbfähre: Das Thema Verschlickung durch die Elbvertiefung ist nicht nur bei der Fährverbindung Glückstadt-Wischhafen ein Problem, sondern auch für viele Flüsse und Häfen im Kreis Steinburg. An anderer Stelle sind Hochwasser und Überschwemmungen ein Thema: So zum Beispiel in der Störstadt Kellinghusen. Ein wirksames Hochwasserkonzept der Stadt lässt schon seit Jahrzehnten auf sich warten.

Innenstadtsterben in Itzehoe und Kellinghusen

In der Innenstadt Itzehoes gibt es Probleme: Und zwar macht der Kreisstadt das Sterben der Innenstadt zu schaffen. Diese Entwicklung lässt sich auch in anderen Städten wie Kellinghusen beobachten. In Itzehoe ist deswegen eines der entscheidenden Themen die Belebung der Innenstadt. In den Fußgängerzonen gibt es derzeit 22 leerstehende Ladenlokale und Gewerbeflächen. Das sind laut Stadtverwaltung bei insgesamt 180 Gewerbeflächen zwölf Prozent.

Die Pläne der Parteien für die Innenstädte

  • Die CDU will laut Wahlprogramm bis 2030 ein "flächendeckendes Netz von Velorouten, Radwegen und Fahrradstraßen schaffen, um stadtweit sicheres Fahren zu ermöglichen". Und sie plant sogenannte Begegnungsstätten, besonders für Jüngere - etwa durch die Ansiedlung eines Beach Clubs.
  • Die SPD möchte sich für "einen gerecht verteilten Verkehr" einsetzen, zum Beispiel für eine neue Fahrradbrücke über die Stör in den Stadtteil Wellenkamp.
  • Der Kreisverband der Grünen möchte sich für Tempo 30 in der Innenstadt einsetzen und diese von Lkw befreien, die nur auf hindurchfahren.
  • Die FDP möchte, dass die Kommunen durch "Offenheit und den Mut für neue Ansätze" den Strukturwandel schaffen. Außerdem will die Partei Hilfen bei der Suche nach der geeigneten Personen für eine Betriebsnachfolge verbessern.
  • Im Wahlprogramm des AfD-Kreisverbandes Steinburg und der Bürgerliste Steinburg werden keine konkreten Punkte zur Wiederbelebung der Innenstadt genannt.

Von Glückstadt bis Hingstheide: Die umstrittene "Küstenautobahn" A20

Eigentlich ist die A20 seit fast 30 Jahren eine Dauerbaustelle. Sie sollte ursprünglich Brandenburg über Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein mit dem nordwestlichen Niedersachsen verbinden und dort mehrere Autobahnen miteinander verknüpfen. Zwischen 1992 und 2005 wurden bereits rund 320 Kilometer Autobahn gebaut, von der Uckermark bis zur A1 bei Lübeck. Von 2005 bis 2009 kamen dann noch 22 Kilometer bis kurz vor Bad Segeberg dazu. Hier endet die A20 derzeit. Alle weiteren Abschnitte befinden sich in der Planung.

Ein Plakat mit der Aufschrift «A20 Nicht mit uns!» hängt vor einem Protestcamp. © picture alliance/dpa | Sina Schuldt Foto: Sina Schuldt
Der mögliche Weiterbau der A20 ist ein Thema, das stark polarisiert.

Im Kreis Steinburg soll die Autobahn 20 aus dem Kreis Segeberg kommend in Glückstadt enden - mit der Elbquerung. Der mögliche Weiterbau der A20 ist ein Thema, das stark polarisiert. Von der Autobahn betroffen wären vor allem die Stadt Bad Bramstedt, Gemeinden wie Weddelbrook, Mönkloh, Hingstheide, Wulfsmoor, Osterhorn, Westerhorn, Glindesmoor, Hohenfelde, Horst, Grönland, Sommerland, Süderau, Herzhorn, Engelbrechtsche Wildnis und die Orte Kollmar und Glückstadt. Die Anwohner sehen den geplanten Autobahnbau größtenteils kritisch, ebenso wie viele Bürgermeister der betroffenen Gemeinden.

Die Pläne der Parteien für die A20

  • Die AfD Steinburg will den A20-Ausbau vorantreiben, da der Weiterbau der Autobahn und neue Umgehungsstraßen die Bürger vom hohen Verkehrsaufkommen innerorts entlaste.
  • Auch der Kreisverband der CDU ist für den Bau der A20. Laut eigenen Angaben habe die Partei immer wieder die unverzügliche Realisierung der A20 und die Planung für eine optimale Anbindung der Kreisstraßen vorangetrieben.
  • Die Steinburger Grünen lehnen den weiteren Neubau von Fernstraßen durch das Kreisgebiet - und damit auch die A20 - nach wie vor ab. Die A20 würde den Kreis zerschneiden und für viele Menschen eine erhebliche Belastung darstellen. Stattdessen setzen sie darauf, bestehende Straßen und Radwege zu sanieren und alte Bahnhöfe zu reaktivieren.
  • Auch die SPD Steinburg will sich insbesondere für einen zügigen Weiterbau der Autobahn A20 einsetzen und möchte sie als zusätzliche Entwicklungsachse nutzen. Die SPD will die Landesmittel und Ausgleichszahlungen für die durch den Autobahnbau zerstörte Natur verstärkt für die Renaturierung und Wiedervernässung von Mooren einsetzen, um damit die Kohlendioxidbilanz zu verbessern.
  • Auch die Bürgerliste Steinburg will einen konsequenten und zügigen Ausbau der A20 über die A7.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 14.05.2023 | 18:00 Uhr

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