Wegen hoher Energiepreise: Immer mehr Menschen haben Schulden
Energiekrise, Inflation und die Folgen der Corona-Pandemie bringen immer mehr Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner in Existenznot. Die Schuldnerberatungen im Land arbeiten am Limit.
Die Schuldnerberatungen in Schleswig-Holstein bekommen zunehmend Anfragen wegen gestiegener Energiepreise. Das geht aus einem aktuellen Report der Koordinierungsstelle Schuldnerberatung für das Jahr 2022 hervor. Demnach berichteten in einer Umfrage 57 Prozent der Mitarbeitenden in den Schuldnerberatungen von mehr Anfragen wegen Miet- und Stromschulden. Das seien 15 Prozent mehr als bei der Umfrage für das Jahr 2021.
Nicht mehr nur Arbeitslose betroffen
Unter den Ratsuchenden sind nach Angaben der Koordinierungsstelle auch immer häufiger Erwerbstätige. Außerdem kommen viele ältere Menschen, bei denen die Rente nicht mehr für die gestiegenen Kosten ausreicht. Auch Selbstständige brauchen oft Hilfe, sie kämpfen oft noch mit den Folgen der Corona-Pandemie. Eine weitere Gruppe, die die Inflation hart trifft, sind Alleinerziehende. "Der Strom von Menschen, die wegen hoher Energierechnungen unsere Beratungsstellen aufsuchen, reißt nicht ab", sagt die Leiterin der Koordinierungsstelle Schuldnerberatung Sibylle Schwenk. Es treffe grundsätzlich diejenigen, die schon vor dem Anstieg der Inflation jeden Cent umdrehen mussten. Die angekündigten Strom- und Gaspreisdeckel würden oft nicht helfen.
Kiel: Bis zu 120 Hilfesuchende im Monat müssen abgewiesen werden
Die 36 öffentlich geförderten Schuldnerberatungen können den Anfragen kaum noch nachkommen. 20 bis 30 Menschen im Monat könne sie annehmen und versuchen ihnen zu helfen, sagt die Leiterin der Kieler Beratungsstelle, Ursula Jakobi. Bis zu 120 müssten abgewiesen werden. Auch die anderen Schuldnerberatungen im Land arbeiten nach Angaben der Beratungsstelle an der Belastungsgrenze. 2021 war die Zahl der Hilfesuchenden leicht zurückgegangen, als Grund sieht die Koordinierungsstelle den Lockdown während der Pandemie. Für 2022 rechnen die Beratungstellen mit deutlich gestiegenen Zahlen. 63 Prozent der befragten Mitarbeitenden hatten generell von mehr Anfragen im Vergleich zu 2019 berichtet.
Nur ein Bruchteil der Hilfebedürftigen wird erreicht
Vor diesem Hintergrund fordert Schwenk, dass das Angebot an Schuldnerberatungen in Schleswig-Holstein ausgebaut wird. Sie will sich deshalb dafür einsetzten, die Finanzierung der Beratungsstellen durch die Kommunen langfristig zu sichern. Es sei wichtig, dass den Betroffenen kurzfristige Hilfen, aber auch Perspektiven aus der Überschuldung aufgezeigt werden können. Bislang werde aber nur ein Bruchteil der potentiell Hilfebedürftigen erreicht. Viele würden auch zunächst ihre Ersparnisse aufbrauchen oder sich Unterstützung im sozialen Umfeld organisieren, bevor sie eine Beratungsstelle aufsuchen, dabei könne dort auch präventiv geholfen werden.