Nordsee und Ostsee zu warm: Wie warme Meere Extremwetter begünstigen
Aktuell sind die Nord- und die Ostsee deutlich wärmer als sonst. Das mag den einen oder anderen zu Beginn der Sommerferien freuen. Dabei sind die wärmeren Wassertemperaturen keineswegs Anlass zur Freude.
In den Ozeanen entstehen die Extremwetterlagen, die auch Deutschland in den vergangenen sechs Monaten erlebt hat. Meere sind gigantische Wärmespeicher, die maßgeblich das gesamte Klima beeinflussen. Messungen zeigen, dass sich das Oberflächenwasser der Ozeane erwärmt - am stärksten im Nordatlantik, der Wetterküche Europas. Dort ist das Wasser um mehr als ein Grad Celsius wärmer als im Durchschnitt der vergangenen drei Jahrzehnte.
"Wir sehen, dass mit jedem weiteren Grad Temperatur Erwärmung das Wetter extremer wird. Man kann sagen, es treten häufigere und intensivere Starkniederschläge als auch häufigere und intensivere Dürren auf", sagt Stephanie Fiedler, die am Geomar in Kiel den Forschungsbereich Maritime Meteorologie leitet.
Atmosphäre ist wie ein Schwamm
Anhand von Klimamodellen simuliert Fiedler, wie sich Wetterextreme unter bestimmten Bedingungen entwickeln. Dabei wird klar, dass durch den Treibhauseffekt wärmer werdende Meere und die stärkere Verdunstung immer extremere Wettererscheinungen nach sich zieht. "Wenn die Atmosphäre wärmer ist, dann kann sie viel mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Wie ein Schwamm, der sehr viel mehr halten kann. Und dadurch ist erst mal sehr viel mehr Energie in der Atmosphäre vorhanden, im Sinne von Wärme und auch Wasser, sodass, wenn es zu einer Hebung kommt und Starkniederschläge auftreten, dann auch mehr Wasser darin enthalten ist“, sagt die Professorin.
So viel Regen wie noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichnungen
Viele solcher Starkregentage gab es in den vergangenen zwölf Monaten. Der Deutsche Wetterdienst hat in dieser Zeit so viel Niederschlag in Deutschland gemessen wie noch nie seit Beginn der Messungen 1881. Wetterextreme wie Starkregen-Ereignisse zum Beispiel in Mölln, im Saarland, Baden-Württemberg und Bayern sind Beispiele dieser drastischen Auswirkungen hinter der Statistik. Dabei werden Schäden in Milliardenhöhe verursacht.
Gemeinde Ellerbek fordert Hochwasserschutz
Auch die Anwohner in der schleswig-holsteinischen Gemeinde Ellerbek(Kreis Pinneberg) bemerken die Auswirkungen des Klimawandels. Immer häufiger tritt dort seit zehn Jahren etwa der kleine Kellergraben über. Der Kellergraben verbindet ein Regenrückhaltebecken in Rellingen mit der Mühlenau in Ellerbek. Regnet es mehrere Tage am Stück, läuft das kleine Becken über und fließt ungebremst in das kleine Flüsschen. Im vergangenen Jahr gab es zweimal eine Überflutung, einmal stand eine Werkstatt unter Wasser, bei einem weiteren Anwohner der Keller. Die Anwohner fordern seit Jahren einen besseren Hochwasserschutz.
Experten befürchten mehr und stärkere Extremwetter
Damit Entwicklungen wie diese und Wetter-Szenarien wie Starkregen und extreme Hitze nicht immer öfter und mit noch mehr Wucht eintreten, müssten die Treibhausgase weiter reduziert werden. Darauf weisen Wissenschaftler schon lange hin. "Nur so könne man überhaupt in einem Klima-Erwärmungsbereich von 1,5 bis zwei Grad bleiben", so Stephanie Fiedler.
"Um nicht über 1,5 Grad globaler Erwärmung zu kommen, muss man die CO2-Emissionen bis 2035 senken und man muss die erneuerbaren Energien ausbauen, so dass 70 bis 80 Prozent des Energiebedarfs durch sie gedeckt werden und das bis 2050." Prof. Dr. Stephanie Fiedler, Leiterin der Forschungseinheit: Maritime Meteorologie am GEOMAR
Wetterextreme bleiben - selbst wenn Vorgaben erfüllt werden
Die Zeit ist knapp bis dahin. Selbst wenn man diese Vorgaben schaffen würde, blieben die Auswirkungen der Klimawandels, sagt Stephanie Fiedler. "Man würde nach wie vor Extremereignisse erleben. Denn die Treibhausgase gehen nicht von heute auf morgen weg, dafür sind sie zu langlebig“, sagt die Professorin. Was in jedem Fall zu tun sei: sich vorbereiten auf weitere Sturmfluten und mehr Wassermassen, so ihr Fazit.