Vor Bund-Länder-Treffen: Kommunen in SH hoffen auf mehr Hilfen
Die Ministerpräsidenten der Länder treffen sich am Mittwoch mit Bundeskanzler Scholz in Berlin. Oben auf der Tagesordnung steht die Migrationspolitik. Vor allem die Kommunen im Land blicken gespannt auf das Treffen.
Wenn die Länderchefs nach Berlin reisen, um über ein brisantes Thema wie die Migrationspolitik zu sprechen, schauen die Kommunen ganz genau hin. Denn sie müssen die Ideen, die dort auf oberster Ebene besprochen werden, vor Ort umsetzen. Und immer mehr Kommunen stoßen bei der Aufnahme von Geflüchteten an ihre Kapazitätsgrenzen. Heißt: Es fehlt an Wohnraum, es fehlt an Personal.
"Greifen nach jedem Strohhalm"
"Wir greifen zurzeit nach jedem Strohhalm", sagt Rainhard Zug (CDU), Bürgermeister der Stadt Glinde (Kreis Stormarn). Gemeint sind Wohnungen, um Geflüchtete unterzubringen, oder Grundstücke, auf denen neue Unterkünfte gebaut werden können. Denn der Zulauf an Geflüchteten lasse nicht nach, so Zug. Doch neuer Wohnraum ist ein Problem. Wie in den meisten Gemeinden im Land ist auch in Glinde der Wohnungsmarkt angespannt und neue Grundstücke gibt es kaum. Ein Problem, das erschwerend hinzukommt, ist für Zug die fehlende Planungssicherheit: "Es ist schon sehr schwierig, die Lage zu beherrschen, zumal es keine Plan-Zahlen gibt. Wir müssen es uns selbst hinbasteln, wie viele Menschen kommen, und wie viele wir unterzubringen haben. Ob das dann passt oder nicht, weiß kein Mensch."
Außerdem würden weiterhin Menschen ohne Bleibeperspektive nach Glinde kommen, so Zug. Und das, obwohl beim schleswig-holsteinischen Migrationsgipfel im Oktober 2023 beschlossen wurde, dass Menschen ohne Perspektive nicht verteilt sondern in den Landesunterkünften bleiben sollen. Das hatte Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) damals verkündet.
Viele Gemeinden überlastet
Während das Hilfe-System in Glinde - von der Betreuung bis hin zu den Unterkünften - laut Bürgermeister Zug am Rande der Leistungsfähigkeit ist, sind andere Gemeinden im Land bereits darüber hinaus. Zu ihnen gehören zum Beispiel die Stadt Preetz, Schwentinental oder Plön (alle Kreis Plön). Sie sind überlastet, können niemanden mehr aufnehmen, und müssen die vom Land zugewiesene Geflüchtete an andere Gemeinden weitergeben. Mit sogenannten Überlastungsanzeigen haben sie sich an die Kreise gewendet.
Hoffnung auf Lösungen
Glindes Bürgermeister Zug erhofft sich vom Bund-Länder-Treffen, dass die Kommunen mit den Problemen nicht allein gelassen werden. "Das heißt, es geht zum einen um Geld - aber auch um das Absetzen von Baustandards." Es müsse schneller neuer Wohnraum geschaffen werden, so Zug, sonst gebe es bald keine Unterkünfte mehr für die Menschen. Ein Problem, das nicht nur Glinde betreffe, sondern Kommunen in ganz Deutschland.
Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) geht mit hohen Erwartungen nach Berlin: "Wir haben zum Teil eine überfordernde Situation in den Kommunen. Das heißt, wir müssen die Zahlen begrenzen. Das haben wir verabredet. Und da ist der Bund jetzt in der Pflicht, die Umsetzung jetzt auch in den Griff zu bekommen." Klar sei, so Günther, dass der Bund schnell zu einer Begrenzung kommen müsse. Das würde die Kommunen als auch das Land entlasten. Dass der Bund mehr Geld zur Verfügung stellen werde, davon geht Günther allerdings nicht aus.
Flüchtlingskrise bereits im November Thema
Vier Monate sind seit dem letzten Bund-Länder-Treffen in Berlin vergangenen. Bereits im November 2023 stand die Ministerpräsidentenkonferenz ganz im Zeichen der Flüchtlingskrise. Bund und Länder einigten sich damals, dass die Kommunen mehr Hilfen bei der Versorgung von Geflüchteten erhalten sollten. Außerdem sollten sie finanziell entlastet und die irreguläre Migration weiter begrenzt werden - so der Kompromiss.
Konkret wurde beschlossen, dass die Kosten der Migrationspolitik solidarisch von Bund, Ländern und Kommunen getragen werden sollen. Insgesamt will der Bund die Länder und Kommunen um rund 3,5 Milliarden Euro entlasten. Darunter fallen jährliche Pro-Kopf-Pauschalen von 7.500 Euro, die der Bund ab dem kommenden Jahr zahlen will.
Land soll Mittel an Kommunen weitergeben
Das sei ein positives Signal gewesen, sagt Sönke Schulz, geschäftsführender Vorstand des schleswig-holsteinischen Landkreistages. Es sei zwar mehr gefordert worden - auch von den Ländern - aber gut sei, dass das Geld eins zu eins an die Kommunen weitergegeben werde. Das erwartet Schulz auch von Mitteln, die der Bund den Ländern zur Förderung von mehr Wohnraum zur Verfügung stellt. "Angesichts der Haushalts-Situation des Landes haben wir da noch nicht die Signale bekommen, dass man da sofort und uneingeschränkt bereit ist. Aber daran arbeiten wir.”
Große Hoffnung, dass das Treffen neue Lösungen liefere, habe Sönke Schulz allerdings nicht. "Meine Hoffnung ist eher, dass die vielen kleinen Maßnahmen, die bereits auf dem Weg sind, irgendwann wirken werden." Statt neue Symbolpolitik zu schaffen, solle jetzt an die Arbeit gegangen werden.
Statement für Nachmittag erwartet
Das Treffen findet in der Berliner Landesvertretung von Hessen statt. Das Bundesland hat derzeit den Vorsitz der Konferenz inne. Ein Statement des Kanzlers gemeinsam mit Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) wird für den Nachmittag erwartet.