Von Wasserstoff bis Weltraum: Alles zum Wissenschaftsfestival in Kiel
Bis zum 30. September zeigt das Wissenschaftsfestival "Highlights der Physik" in Kiel aktuelle Forschungsprojekte und Innovationen. In einer Ausstellungen laden Experimente zum Mitmachen ein, außerdem gibt es kostenlose Vorträge.
- Öffnungszeiten
- Vorträge und Diskussionsveranstaltungen
- Shows und Live-Experimente
- Science Day
- Programm für Kinder
Überall in dem weißen Zelt auf dem Rathausplatz surrt, knistert oder ploppt es. Dazwischen sind immer wieder überraschte oder erstaunte Ausrufe zu hören. Schnelle Kinderschritte hallen durch die Gänge. Genau so hatten es sich die Organisatorinnen und Organisatoren vorgestellt. "Wir sind erleichtert, dass es endlich losgeht", sagt Prof. Dr. Jan Benedikt von der Sektion Physik der Universität Kiel. Eigentlich sollte das Wissenschaftsfestival in Kiel schon 2021 stattfinden, wurde wegen Corona aber verschoben. Jetzt können Interessierte noch bis zum 30. September Vorträge, Workshops und die Ausstellung besuchen - und vor allem ganz viele Experimente ausprobieren.
"Die Gesellschaft braucht Physiker!"
"Wir legen großen Wert darauf, dass man alles Anfassen und Ausprobieren kann", sagt Benedikt. Damit soll das Image von Physik als schwer und kompliziert aufgebrochen werden. "Das Ziel ist es, mehr junge Menschen für Physik zu begeistern. Die Gesellschaft braucht Physiker!", so der Wissenschaftler. Die Angebote richten sich aber nicht nur an junge Menschen, sondern sollen auch die Öffentlichkeit über Physik und Forschung informieren. Gerade in den aktuellen Zeiten könne Physik mit Fakten aufwarten und diese einordnen, sagt Benedikt.
Mit dem Fahrrad Wasserstoff herstellen
Eines der Highlights in der Ausstellung ist ein Fahrrad, an dem Besucherinnen und Besucher selbst Wasserstoff herstellen können. Durch das Treten erzeugen sie elektrischen Strom, mit dem dann durch Elektrolyse Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt wird.
Das hat auch Klaus Borgelt angezogen. "Mich hat interessiert, was ein Fahrrad mit Wasserstoff zu tun hat", sagt der 68-Jährige. Während er das ausprobiert, lässt er sich von zwei Physikstudierenden der Universität Kiel erklären, wie der Wasserstoff entsteht und wie man ihn einsetzen kann. "Wasserstoff ist relativ leicht, hat aber ein großes Volumen", sagt Finn Schröter. Um ihn zum Beispiel in Tanks zu füllen, muss man ihn also erst komprimieren. Mit einem Liter Wasserstoff, der auf einen Druck von 700 bar komprimiert wurde, kann man demnach 1,3 Kilowattstunden Energie erzeugen. "Damit könnte man etwa zehn Kilometer mit einem Elektroauto fahren", vergleicht Schröter. Vor allem soll das Experiment zeigen, wie viel Energie man mit Muskelkraft erzeugen kann - die Ein-Liter-Säule ist schnell gefüllt. "Es ist interessant, das selbst mal so bildhaft zu sehen", bestätigt Borgelt. Er und seine Begleiter sind sich einig, dass politisch mehr getan werden sollte, um diese Form der Energie nutzbar und kostengünstiger zu machen.
Sensortechnik für Landwirtschaft, Ionenantriebe für Raumfahrt
An einem anderen Stand tropfen zwei Mädchen gerade pinke und blaue Lebensmittelfarbe in zwei Wassertanks, die sich unterschiedlich schnell drehen. Sie simulieren Wirbel in den Ozeanen. Mit der Farbe wird sichtbar gemacht, wie sich dadurch Wärme, aber auch Salz und andere Nährstoffe verteilen und vermischen.
Nebenan zeigt Wirtschaftschemiker Nicholas Enders gerade einen winzigen Sensor, der im Boden vergraben wird und Landwirten kontinuierlich die Nitrat- und Phosphorwerte übermittelt. 2025 sollen damit erste Feldtests durchgeführt werden, Ziel ist es, aus dem Forschungsprojekt eine Firma zu gründen, die die Sensoren dann verkauft. An einem anderen Stand werden Plasmaphänomene erklärt - zu denen auch Nordlichter gehören, die gerade immer wieder über Schleswig-Holstein zu sehen sind. Aber auch Ionenantriebe, wie sie in der Raumfahrt zum Einsatz kommen, werden hier demonstriert.
MIt der VR-Brille ins Weltall oder den Elektronenbeschleuniger
Bei den Schülerinnen Tabea, Sontje und Viktoria kommt ein Experiment zur Influenz am besten an, bei dem sie eine Metallkugel anfassen müssen, sodass ihnen im wahrsten Sinne des Wortes die Haare zu Berge stehen. Sie mögen auch in der Schule Physik, sagen sie, und finden die Ausstellung super. Auch Emma und Charlotte hat der Versuch mit den fliegenden Haaren, gefallen außerdem die VR-Brillen, mit denen man die Entstehung eines Planeten beobachten konnte. An einer anderen Station können die Besucherinnen und Besucher mit einer VR-Brille den Elektronenbeschleuniger DESY in Hamburg betreten. Emma und Charlotte wollen als nächstes zu dem Stand, an dem man sich die Röhre eines Kernspintomographen legen kann.
Dort steht gerade auch der 82-jährige Dietrich Onnasch, der früher selbst Physiker war. Im Rahmen des Wissenschaftsfestivals hat er mit seiner Frau schon zwei Vorträge besucht, vor allem der zu dunkler Materie hat ihm gefallen. "Die Ausstellung ist schön für junge Leute, da gab es auch viel Zuspruch von den Schülern", sagt er.
Ausstellung noch bis Sonnabend
Die Ausstellung auf dem Rathausplatz ist noch bis einschließlich Sonnabend täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. Alle Stände werden von Doktoranden, wissenschaftlichen Mitarbeitenden oder Studierenden betreut, die Fragen beantworten und Experimente erklären.
Vorträge und Diskussionsveranstaltungen
Zum Programm des Wissenschaftsfestivals gehören außerdem kostenlose Vorträge. Vorkenntnisse in Physik sind nicht erforderlich. Im Format "Auf den Punkt gebracht" können Interessierte mit einem Experten oder einer Expertin moderiert über verschiedene gesellschaftliche Themen diskutieren, zum Beispiel Erneuerbare Energien, Plastik im Ozean oder ChatGPT. Bei einen "Blick über den Tellerrand" geht es um Verbindungen zwischen Physik und anderen Disziplinen wie Medizin oder Sport. Vorträge in lockerem Rahmen gibt es bei "Physik in der Kneipe". Alle Veranstaltungen sind kostenlos, für einige müssen jedoch wegen begrenzter Platzzahl Einlasskarten erworben werden.
Shows und Live-Experimente
Jeden Tag findet um 11 Uhr, 14 Uhr und 17 Uhr eine Stickstoff-Show auf dem Rathausplatz statt. Vorträge mit Live-Experimenten gibt es im Kulturforum von Dienstag bis Freitag von 14 bis 14.45 Uhr und am Sonnabend von 12 bis 12.45 Uhr im Kultur-Forum. Teilweise sind kostenlose Einlasskarten erforderlich. Die Veranstaltungen können auch im Livestream auf YouTube verfolgt werden.
Science Day
Am 29. September findet der Science Day statt. An diesem Tag gibt es in der ganzen Stadt Mitmachaktionen, Vorträge und Diskussionsveranstaltungen - zum Beispiel Touren durch die Labore des Instituts für Schiffbau, Bastelstationen, eine Modell-Windkraftanlage oder ein Computerspiel über das Immunsystem. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen und zum GEOMAR Aquarium ist an diesem Tag frei, außerdem können Busse und Schiffe des ÖPNV kostenlos genutzt werden.
"Highlights der Physik" für Kinder
Kinder können in der Ausstellung und im Juniorlabor auf dem Rathausplatz zahlreiche Experimente selbst ausprobieren. Ein Erlebnistheater führt drei verschiedene Physik-Kindertheater-Stücke auf. Außerdem gibt es an den Vormittagen zahlreiche Vorträge, die sich an Schülerinnen und Schüler ab der 9. Klasse richten. Klassen der Jahrgangsstufe 4 können in einem Quiz gegeneinander antreten - hierfür ist vorab einen Anmeldung per E-Mail notwendig. Lehrkräfte können zudem Schülergruppen oder Schulklassen zu verschiedenen Workshops anmelden. Im Rahmen des Wissenschaftsfestival wird auch der Schülerwettbewerb "exciting physics" ausgetragen, bei dem Schülerinnen und Schüler von Jahrgangsstufe 5 bis 13 einzeln oder in der Gruppe kreativ physikalische Aufgaben lösen mussten. Anmeldeschluss war der 31. Juli 2023. Alle Lösungen werden während der Veranstaltung in der Zeit vom 27. bis 29.September in Kiel einer Jury vorgestellt. Die besten werden prämiert.
Das Programm des Wissenschaftsfestival "Highlights der Physik" ist auf der Internetseite oder im Flyer zu finden.