Von Meldorf nach Ciechanów: Ukraine-Hilfe mit langem Atem
Während die Spendenbereitschaft für die Ukraine bundesweit eher abnimmt, liefert die Organisation Hoelp Meldorf mit einem Brunsbütteler immer mehr Hilfsgüter. Eine Dithmarscher Erfolgsgeschichte.
Hinter dem polnischen Ciechanów wird es für Jan Peters und Stephan Isenberg zu gefährlich. Auf ukrainischer Seite übernehmen einheimische Fahrer den Transport der schleswig-holsteinischen Fracht in die umkämpften Gebiete im Osten des Landes. In dieser Woche kommen aus Meldorf unter anderem 80 Notstromaggregate, 60 Heizlüfter und mehrere Paletten Fertiggerichte. Warenwert: laut Peters mehr als 80.000 Euro.
Die Videos, die die ukrainischen Fahrer auf ihren gefährlichen Kurierfahrten machen, brennen sich bei dem Brunsbütteler im Gedächtnis ein: verstümmelte Körper auf Dorfstraßen, zerbombte Häuser, ein improvisierter Krankentransporter durchsiebt von Kugeln. Diskussionen um die Lieferung von schwerem Kriegsgerät dominieren seit Monaten die Debatten um Ukraine-Hilfen. Aber auch die humanitäre Hilfe wird wichtiger, je länger der Krieg dauert.
Der Donbas bestellt, Meldorf kauft ein
"Ich war beruflich sieben- oder achtmal in der Ukraine. Jetzt zu sehen, was den Menschen dort angetan wird, ist erschütternd. Deshalb helfe ich", sagt Peters. Um das so effizient wie möglich zu tun, hat er mit der Hilfsorganisation Hoelp Meldorf in den vergangenen Monaten eine Infrastruktur aufgebaut, die Güter seit knapp einem Jahr so direkt und zuverlässig wie irgendmöglich in den Donbas liefert. Das funktioniert so: Ehrenamtliche Helfer - sogenannte Volunteers - erstellen im Kriegsgebiet Bedarfslisten für Produkte. Bei der Hilfsorganisation Hoelp in Meldorf kaufen Alexander Rose und Martin Mers im Großhandel von dem Geld ein, das Jan Peters zuvor an der schleswig-holsteinischen Westküste eingeworben hat.
Er habe die Lions und Rotary Clubs in Dithmarschen besucht, aber auch Versammlungen vom Bundesverband Windenergie, erzählt Peters: "Die Spendenbereitschaft besonders der Windkraft- und Solakraftbetreiber war sehr hoch." Bemerkenswert für ihn: Viele Windkraftanlagenbetreiber an der Westküste, die durch die hohen Energiepreise mittelbar vom russischen Angriffskrieg profitiert hätten, gaben diese Gewinne teilweise in Form von Spenden zurück. Für die aktuelle Lieferung seien insgesamt mehr als 400 Spenden bei Peters eingegangen.
Die dritte Unimog-Tour über 1.000 Kilometer
Bis an die polnisch-ukrainische Grenze sind Peters und Isenberg mit dem Unimog etwa 17 Stunden unterwegs. In dieser Woche fahren sie die knapp 1.000 Kilometer lange Strecke zwischen Meldorf und der Grenzstadt Ciechanów zum dritten Mal - nach vorherigen Touren im April und Oktober. In Ciechanów koordiniert die polnische Hilfsorganisation Filantrop das Verladen und den Weitertransport in Zusammenarbeit mit ukrainischen Fahrerinnen und Fahrern.
"Wir haben hier jede Woche Lieferungen in die Ukraine. Dringend benötigt werden neben Nahrungsmitteln besonders Generatoren, Heizlüfter und medizinisches Equipment", sagt Filantrop-Mitarbeiter Przemek Bartcak am Telefon. Ursprünglich sei die Lagerhalle in Ciechanów für polnische Hilfsorganisationen gebaut worden, jetzt dienen solche Stätten fast ausschließlich der Ukraine-Hilfe.
Peters: Polnische Hilfe bestens organisiert
"Die Transporte in die Ukraine sind extrem gefährlich, obwohl die ukrainischen Fahrer die sichersten Wege gut kennen. Sie riskieren ihr Leben dafür, dass die Hilfe ankommt", sagt Bartcak. Für diese Transporte hat Hoelp in Meldorf bereits einen Lieferwagen gespendet, ein weiterer soll Mitte Februar in Ciechanów ankommen. Peters ist beeindruckt von der Professionalität der polnischen Hilfsbereitschaft: "Gestern kam sogar ein Kontrolleur der Behörden und hat die Haltbarkeitsdaten unserer Essenslieferungen überprüft."
Aktion Deutschland Hilft: 28.000 Ukraine-Spenden aus SH
Die Aktion Deutschland Hilft, ein Bündnis deutscher Hilfsorganisationen, teilt auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein mit, dass bei ihren Partnern im vergangenen Jahr 28.000 Ukraine-Spenden aus Schleswig-Holstein mit einem Gesamtwert von 6.801.535 Millionen Euro eingegangen seien. Bundesweit waren es mehr als 250 Millionen Euro. Die Spendenkurve sei im Laufe des Jahres abgeflacht, dabei handele sich aber um eine normale Spendenentwicklung.
"Wenngleich sich die mediale und politische Aufmerksamkeit zunehmend auf die Auswirkungen der Energiekrise lenkt, spüren wir weiterhin ein ausgeprägtes Engagement und Solidarität für die vom Krieg betroffenen Menschen", heißt es vom Bündnis.
Jan Peters konnte bislang laut eigenen Angaben rund 100.000 Euro für die Ukraine einwerben. Wenn er zurück aus Polen ist, will er in Dithmarschen und darüber hinaus gleich wieder um Spenden werben. Die nächste Tour nach Ciechanów ist schließlich schon geplant.