U-Boot-Taufe in Kiel: Kanzler und Premier besiegeln Partnerschaft
Deutschland liefert dem kleinen, aber reichen Stadtstaat Singapur weitere U-Boote. Die Taufe ist ein besonderer Tag für Thyssenkrupp Marine Systems in Kiel - und ein Signal des Bundeskanzlers.
Zwei Hauptdarsteller sind schon da, als die Sonnenstrahlen noch mühsam über die Werkshallen bei Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) klettern: Die beiden U-Boote "Impeccable" und "Illustrious" liegen bereit. Sie sind das zweite und dritte von vier Booten, die das Unternehmen für die Marine von Singapur gebaut hat. Heute sollen sie getauft werden.
Die blauen Stühle auf der Tribüne mit Blick auf die beiden U-Boote sind noch leer. Sie sind mit Namen versehen, auf jedem Platz liegen Kopfhörer fürs Dolmetschen bereit und - fast noch wichtiger bei diesen Temperaturen - blaue Decken. Nach und nach kommen Gäste auf dem Ponton an, auf dem die Tribüne steht.
Außenpolitik auf der Kieler Förde
Während Mitarbeiter und singapurische Marineangehörige Fotos machen und CEO (englisch, Chief Executive Officer, Geschäftsführer) Oliver Burkhard Interviews gibt, sind die beiden anderen Hauptdarsteller noch auf der Förde unterwegs: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der Premierminister von Singapur, Lee Hsien Loong, haben sich morgens im Kieler Yachtclub zu einem Gespräch getroffen. Jetzt werden sie von der Küstenwache in Richtung Werft gefahren.
Dort hat die Sonne mittlerweile einen höheren Stand erreicht und bringt die beiden U-Boote zum Strahlen. Es läuft sanfte Fahrstuhlmusik über die Soundanlage. CEO Burkhard steht einen Moment alleine da und blickt auf die U-Boote. Er selbst, sagt er, sei noch nicht lange auf seinem Posten. Aber er weiß, dass die Mitarbeiter heute regelrecht "Trennungsschmerz" haben, weil sie seit Jahren an den Booten arbeiten.
Vor der Bootstaufe noch Eis auf dem roten Teppich
Die Tribüne füllt sich langsam, dann eine Durchsage wie im Flugzeug: Platz einnehmen, Handy leise stellen. Unter den Besuchern sind Offiziere und Admirale, Führungskräfte des Unternehmens und verschiedene Gäste aus Politik und Wirtschaft. Es werden Hände geschüttelt und weitere Interviews gegeben. Ein paar Wolken schieben sich der Sonne in den Weg.
Jetzt wartet alles auf die beiden Spitzenpolitiker. Auf dem roten Teppich sind noch zwei Männer mit Besen zugange, die letzten Eisreste auf dem Rot bleiben aber hartnäckig. Dann richtet der Projektleiter seinen Daumen nach oben. Die Männer ziehen mit ihren Besen von dannen. Die meisten Gäste auf der Tribüne haben inzwischen die blauen Decken über den Knien ausgebreitet.
Bundeskanzler Scholz will in Kiel ein Signal setzen
Olaf Scholz und Lee Hsien Loong nebst Gattin werden von der Ansager-Stimme feierlich angekündigt, als sie über den roten Teppich die Tribüne ansteuern. Als sie Platz genommen haben, hat erst TKMS-CEO Burkhard das Wort. Er betont, wie besonders dieser Tag für das Unternehmen sei. Zum ersten Mal werden zwei U-Boote zusammen getauft. Die Zusammenarbeit mit der Marine Singapurs gehe weit über das normale Verhältnis zu Kunden hinaus. Auch dankt Burkhardt den Mitarbeitern für ihre Mühe und harte Arbeit.
Der Bundeskanzler rafft seine Karteikarten zusammen und tritt ans Pult. Zitiert ein Seemannssprichwort: "Nicht der Wind, sondern die Segel bestimmen den Kurs." Deutschland und Singapur müssten die Segel nun neu ausrichten, sagt Scholz. Er macht längere Pausen während seiner Rede. Spricht von einem deutlichen Signal, das von der Taufe der beiden U-Boote ausgehe. Deutschland übernehme Verantwortung für seine Partner. "Man kann sich auf uns verlassen", verspricht Scholz.
Beitrag zur Sicherheit für den Welthandel
Der Rüstungsexport trage zur Sicherung einer der wichtigsten Handelsrouten der Welt. Durch die Straße von Singapur, die am südwestlichen Ende des Südchinesischen Meeres liegt, läuft ein großer Teil des globalen Handels. Laut Scholz sorgten Sicherheit und Stabilität im Indopazifik dafür, dass die internationale Ordnung insgesamt aufrecht erhalten werden kann: "Sie sind ein Schutz gegen Imperialismus und Kriegstreiberei."
Scholz: "Wir haben viel miteinander vor"
Dass die beiden Staaten stärker zusammenarbeiten wollen, haben sie vor einem Monat schon in einem gemeinsamen Papier festgehalten, als Scholz in Singapur war. "Wir haben noch viel miteinander vor", sagt er in seiner Rede in Kiel. Das betrifft nicht nur die Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung, sondern auch bei Wirtschaft und Innovation.
Der singapurische Regierungschef beginnt seine Rede mit einem lockeren "moin, moin" und sorgt für Schmunzeln auf der Tribüne. Die U-Boote, berichtet er, seien "maßgeschneidert" - zum Beispiel seien sie für flache Gewässer geeignet und es gebe ergonomische Optimierungen für die Besatzungen. "Das bedeutet einfach, dass wir kleiner gebaut sind", sagt Regierungschef Lee Hsien Loong. Wieder wird gelacht.
Singende Matrosen und splitterndes Glas
Die Frau des Premierministers ist dann für die Taufe zuständig: Sie drückt dafür einen roten Knopf - und dann gibt es einen kurzen Countdown. Drei, zwei, eins, das Schiffshorn gibt einen ohrenbetäubenden Ton ab. Die beiden mechanischen Vorrichtungen am Bug der U-Boote schnappen nach vorne - und die Champagner-Flaschen zerschellen.
Dann ertönen die Hymnen. Die singapurischen Soldaten salutieren und singen anschließend ihren "Navy Song" mit - dazu laufen Filmsequenzen auf einer großen Leinwand zwischen den beiden U-Booten.
Es ist viertel nach zwölf, die leichte Verspätung zu Beginn ist aufgeholt und der Zeitplan ist eingehalten. Die Delegationen posieren noch für Fotos auf dem roten Teppich, andere machen sich schon auf den Weg. Die beiden U-Boote bleiben zurück.