Trockene Moore, sinkendes Grundwasser: SH leidet unter Trockenheit
Wasser gibt es in Schleswig-Holstein genug, könnte man denken. Doch das ändert sich. Seit 22 Tagen fehlt der Regen. Seen und Moore im Land liegen trocken, die Grundwasserpegel in Trave, Lecker Au und Stör sinken. Aktuelle Daten zeigen, dass besonders an der Ostseeküste das Wasser im Boden fehlt.
Am stärksten betroffen sind die Regionen östlich von Kiel. "Seit Dezember war es hier zu trocken, seit April ist es zu niederschlagsarm", erklärt Klimaforscher Andreas Marx, Leiter des Mitteldeutschen Klimabüros am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Aus seiner Sicht sei zu erwarten, dass "in der Landwirtschaft entsprechend unterdurchschnittliche Erträge erzielt werden." Besonders ausgetrocknet ist der Boden derzeit im Kreis Ostholstein an der Lübecker Bucht. Und auch in Kiel, Rendsburg-Eckernförde, Neumünster, Plön, Segeberg und Pinneberg stehen die Pflanzen unter Trockenstress: Sie bekommen zu wenig Wasser und wachsen nicht mehr.
Flensburg verbietet Wasserentnahmen
In Flensburg hat die Stadt jetzt verboten, Wasser aus Bächen und Seen zu entnehmen, um Blumen im eigenen Garten zu gießen. Die Wasserbehörde der Stadt werde dies künftig kontrollieren, heißt es. "Bei einer zusätzlichen Entnahme würden die Gewässer eben noch mehr austrocknen als sie ohnehin schon sind. Das heißt alle die Tiere und Pflanzen, die im und am Wasser leben, würden eben noch widrigere Bedingungen bekommen", so Clemens Teschendorf, Sprecher der Stadt Flensburg. Wer erwischt wird, dem droht ein "empfindliches Bußgeld". In welcher Höhe dies sein wird, dazu macht die Stadt keine Angaben.
Trockenheit kommt ungewöhnlich früh
Schon das Jahr 2022 war auffällig warm. Es gab Hitzerekorde im Juli und 15 Prozent weniger Regen als im vergangenen Jahr. Landwirte beklagten Ernteausfälle, es gab Trockenschäden in Wäldern und die Wasserstände in Seen und Flüssen waren zu niedrig. "Ungewöhnlich ist, dass die Trockenheit so früh in diesem Jahr kommt", sagt Martin Schmidt, Sprecher des Landesamts für Umwelt.
Ähnliche Entwicklungen sind inzwischen weltweit zu beobachten. Seit 1992 haben Seen auf der ganzen Welt an Wasser verloren. Das zeigen Daten aus Satellitenbeobachtungen und Klimadaten, die Forscher der University of Colorado Boulder ausgewertet haben. Grund dafür seien Verdunstung durch Hitze, veränderte Wassernutzung und weniger Niederschlag, schreiben die Autoren in einer Studie in der Fachzeitschrift Science.
Schifffahrt in Schleswig-Holstein nicht beeinträchtigt
Sinkende Pegelstände könnten auch in diesem Jahr die Schifffahrt im Land ausbremsen. Auf dem Nord-Ostsee-Kanal gibt es davon aber noch keine Anzeichen. Nach Auskunft des Wasser- und Schifffahrtsamtes ist der Kanalwasserstand normal. Weil kein Regen fällt, ist "derzeit deutlich weniger Entwässerung nötig", so ein Sprecher.
Das schleswig-holsteinische Umweltministerium betont, es sehe im Gewässerschutz in Schleswig-Holstein "heute und zukünftig eine besondere Verpflichtung". So werde beispielsweise eine Gewässerschutzberatung für Landwirte und Wasser- und Bodenverbände angeboten. Und das Ministerium will knappe Wasserressourcen im Land ausfindig machen. Ab 2024 sollen der Wasserbedarf sowie Grundwassermengen im Land analysiert werden, erklärt das Ministerium auf Anfrage.
Dürren verschärfen sich
Auch in den kommenden Jahren sind Trockenperioden zu erwarten. Mit dem Klimawandel "verschärfen sich sowohl sommerliche Niedrigwassersituationen als auch landwirtschaftliche Dürren", resümiert das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung.