Todesfall-App hilft, das "digitale Erbe" zu managen
Nach dem Tod eines Verwandten sind viele Angehörigen oft nicht nur mit Trauer sondern auch mit einem großen Berg Arbeit konfrontiert. Eine App soll nun helfen, den "digitalen Nachlass" zu managen.
Wenn geliebte Menschen sterben, bleiben nicht nur Erinnerungen: Gerade die etwas Jüngeren, die online aktiv waren, hinterlassen noch etwas anderes: Ihr „digitales Erbe“. Zum Beispiel Abos bei Streamingdiensten, E-Mail-Konten und Social-Media-Profile. Aber: Was passiert damit im Todesfall? Wer kümmert sich um all die Dinge, die geregelt und organisiert werden müssen, um den sogenannten "digitalen Nachlass"? Ein junger Unternehmer aus Schleswig-Holstein hatte dazu eine clevere Idee, mit der sich das digitale Erbe einigermaßen unkompliziert handhaben lässt, wie die NDR Info Perspektiven berichten.
Im Todesfall einfach den PC wegschmeißen?
Es gibt viele Fragen, die sich auftun können, wenn eine geliebte Person stirbt. Eine Betroffene berichtet etwa von einem Suizid im unmittelbaren Umfeld. Zur Trauer gesellte sich schnell die Frage, was mit dem Facebook-Profil des Verstorbenen passieren soll. Man könne doch einfach "den PC wegschmeißen" schlägt eine andere lachend vor und fügt hinzu, dass ihr Sohn sich wohl dann um alles kümmern müsse. Das Thema "digitaler Nachlass" betrifft einfach jeden, der im Netz Daten hat - Lösungen dafür sind also entsprechend gefragt.
Abmeldung bei Portalen oft kompliziert
Eine Lösung für zumindest etwas mehr Übersicht hat Benjamin Waack aus dem ostholsteinischen Malente. Er entwickelte eine App, mit deren Hilfe Angehörige digitales Erbe verwalten und abwickeln können: "Mein Onkel ist viel zu früh gestorben. Ich habe mich viel damit auseinandergesetzt, um was ich mich nun kümmern muss. Er hatte einen YouTube-Kanal für Musik. Wie kündigt man das eigentlich?" Nach etwas Internetrecherche fand er heraus, dass eine Anmeldung bei vielen Portalen ziemlich leicht geht, eine Abmeldung ohne Zugangsdaten allerdings gar nicht.
Betroffener entwickelt App
Die App bietet den Nutzern unter anderem E-Mail-Vorlagen für Kündigungen der bekanntesten Anbieter von Online-Diensten wie Twitter, Instagram, Amazon und Spotify. Wie der 33-Jährige herausgefunden hat, fordern die Unternehmen teilweise völlig unterschiedliche Nachweise über den Tod des Nutzers: "Manche wollen ein Foto der Traueranzeige, manchen reicht eine Kopie der Sterbeurkunde. Andere wollen wissen, in welchem Verwandtschaftsgrad man zum Verstorbenen steht. Es sind ganz unterschiedliche Dinge, die angefordert werden."
Digitales Erbe im Testament mitdenken
Unternehmen müssen zumindest den Erben Zugang zu Konten und Nutzerprofilen geben - und eben auch die Möglichkeit, Konten zu kündigen, sagt der Lübecker Anwalt für Vertragsrecht Christian Dwars. Noch einfacher wird es, wenn der digitale Nachlass im Testament geregelt wurde. Zum Bespiel mit einer Liste über alle genutzten Konten und Portale. Haben die Erben im Todesfall gleich Zugriff auf sämtliche Passwörter und Zugangsdaten, wird es noch einfacher: "Es gibt auch elektronische Lösungen, mit denen man das machen kann, sogenannte Passwortsafes, die sich aktualisieren, wenn Passworte oder Zugangsdaten geändert werden. Dann muss ich nur noch eine Zugangsberechtigung weitergeben."
Mehr Zeit zur Trauerbewältigung
Hat der Verstorbene nichts geregelt, ist Manuel Waacks App zumindest eine Hilfe, um sich im Dschungel der möglichen Online-Aktivitäten zurechtzufinden. Der Entwickler, der eigentlich Drucker und Büroausstattung verkauft, freut sich darüber, dass seine App schon 11.000 Mal heruntergeladen wurde - obwohl er, wie er sagt, kaum etwas daran verdient: "Ich habe auch E-Mails mit Trauergeschichten bekommen. Bei manchen Geschichten musste ich schon schlucken. Etwa wenn ich höre, dass jemand gegen einen Baum gefahren ist." Sein Ansporn seien aber eher Rückmeldungen von Usern, denen die App Zeit zur Trauerbewältigung verschafft hat. Die App "Beistand im Todesfall" ist für Android-Nutzer kostenlos, bei Apple kostet sie 3,49 Euro.