Stutthof-Prozess: Nebenklage-Anwalt kritisiert Gericht scharf
Am zweiten Tag des Prozesses gegen eine ehemalige KZ-Sekräterin vor dem Landgericht Itzehoe haben mehrere Nebenklage-Vertreter schwere Vorwürfe gegenüber dem Gericht erhoben.
Rechtsanwalt Onur Özata, der drei Überlebende des KZ Stutthof bei Danzig vertritt, hatte heute eine Eröffnungserklärung abgeben wollen, was das Gericht ablehnte. Daraufhin warf Özata dem Vorsitzenden Richter Dominik Groß vor, die Nebenklage "mundtot" machen zu wollen: "Sie degradieren uns zu Statisten", sagte Özata. Nebenklage-Vertreter Christoph Rückel appellierte an das Gericht, auf Kooperation statt Konfrontation zu setzen. Es dürfe den Opfern nicht das Wort abschneiden.
Groß erwiderte, dass selbstverständlich geplant sei, die Zeugen zu hören. Die langfristige Terminplanung sei in dem Verfahren jedoch schwierig. "Daraus zu schlussfolgern, dass diese Damen und Herren nicht gehört werden sollen, ist einfach abwegig", betonte der Richter.
Anklage: Beihilfe zum Mord in mehr als 11.000 Fällen
Angeklagt ist Schreibkraft in der Kommandantur des deutschen Konzentrationslagers gewesen. Die Anklage wirft der 96-jährigen Irmgard F. Beihilfe zum Mord in über 11.000 Fällen vor.
Durch ihre Tätigkeit von Juni 1943 bis April 1945 habe sie den Verantwortlichen des Lagers bei der systematischen Tötung von Gefangenen Hilfe geleistet. Zur Tatzeit war die Frau 18 bis 19 Jahre alt. Darum findet der Prozess vor einer Jugendkammer statt. Die 96-Jährige wurde am Dienstag erneut in einem Rollstuhl in den Gerichtssaal geschoben. Während der Verhandlung behielt sie ihren weinroten Anorak und ihre rote Mütze auf, schnäuzte sich immer wieder die Nase.