Stegner will Grote und Günther im Ausschuss hören
Eigentlich ist schon seit ein paar Tagen Sommerpause im Landtag. Doch Ralf Stegner, SPD-Fraktionschef, hat noch etwas zu sagen. Er hat der Landesregierung einen Fragenkatalog geschickt: 21 Fragen haben sich bei ihm ergeben, nachdem er die Akten im Zusammenhang mit dem Rücktritt des früheren Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) durchgearbeitet hat. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte den Rücktritt mit mangelndem Vertrauen begründet. Stegner glaubt, dass das nicht die wahren Gründe sind. Das erklärt er am Nachmittag auf einer Pressekonferenz.
Stegner bleibt bei seiner Einschätzung
Am Mittwochmorgen wurden die Antworten der Landesregierung per Bote an Stegner übergeben. Eineinhalb Tage später wird nun deutlich, dass sich an Stegners Bewertung dadurch nichts ändert. So sieht er im Chat zwischen Grote und einem Reporter keine ausreichenden Gründe für eine Entlassung des Innenministers: "Daran ist nichts bemerkenswert, gar nichts", sagt Stegner im großen Ausschusssaal im ersten Stock des Landtags vor den Journalisten.
Auch die Tatsache, dass der Regierungssprecher die vorbereitete Rücktrittserklärung Grotes an die Kieler Oberstaatsanwältin Heß schickte, ist für Stegner auch nach Beantwortung seiner Fragen nicht plausibler geworden. Er bleibt bei seiner Meinung, "dass dieser Vorgang absolut inakzeptabel ist."
Früher an diesem Tag hat er sich mit Generalstaatsanwalt Zepter getroffen. Der zuletzt noch nachdrücklich betont hatte, die Justiz mache keine Politik. Zugleich hatte er aber auch gesagt, dass der Kontakt zwischen Staatskanzlei und Oberstaatsanwältin eigentlich nicht dem Dienstweg entspreche.
Staatskanzlei-Chef macht Stegner Vorwürfe
Die Regierung, meint Stegner, sei wohl "not amused" über seine Fragen gewesen - aber das sei nun mal die Aufgabe der Opposition. Die Fragen und Antworten machte Stegner im Anschluss an die Pressekonferenz öffentlich. Darin ist zu lesen, dass der Ministerpräsident die Fragen eher zurückhaltend beantwortet und meist auf seine Aussagen im Innen- und Rechtsausschuss verweist.
Dagegen geht ein anderes Mitglied der Landesregierung zum Frontalangriff auf Stegner über: Der Chef der Staatskanzlei, Dirk Schrödter (CDU). Er kritisiert zunächst Stegners Aussagen im Rahmen seiner letzten Pressekonferenz und moniert, dass manche Darstellungen dort "nachweislich unrichtig" seien. Besonders sauer stößt ihm auf, dass Stegner davon spricht, die Rücktrittserklärung Grotes sei mit der Staatsanwaltschaft Kiel rückgekoppelt - und die Kabinettsumbildung mit der Staatsanwaltschaft "abgestimmt" - gewesen. Schrödter schreibt, dies habe in der Realität nie stattgefunden.
In der Pressekonferenz nennt Stegner diese Ausführungen ein "stilistisch hoch bemerkenswertes Begleitschreiben."
Rückendeckung von Jamaika-Fraktionen
Die Regierungsfraktionen hatten schon vor der Pressekonferenz der SPD signalisiert, dass sie geschlossen an der Seite des Ministerpräsidenten stehen. CDU, Grüne und FDP sind sich in einer gemeinsamen Pressemitteilung einig: Der Fall ist erledigt. "Der Ministerpräsident hat seinem damaligen Innenminister zurecht das Vertrauen entzogen, weil dieser ihn nicht umfassend, vollständig und wahrheitsgemäß über die Art und Weise seiner Kontakte zu einem Journalisten unterrichtete", sagt etwa der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU, Tim Brockmann. Auch er wirft Stegner vor, nicht wahrheitsgemäß aus Akten zu zitieren, "um Verschwörungserzählungen spinnen zu können."
Vom grünen Innenpolitiker Burkhard Peters heißt es, Stegner versuche Zwietracht zu säen. "Damit ist er bei uns an der falschen Adresse." Auch Jan Marcus Rossa von der FDP sieht "Unaufrichtigkeiten" im Verhalten des ehemaligen Innenministers und folgert: "Dem Ministerpräsidenten blieb nichts anderes übrig, als seinen Innenminister zum Rücktritt aufzufordern."
Stegner traut dieser Einigkeit bei den Koalitionspartnern nicht. Spricht ironisch von einer "Inbrunst der Verteidigungslinie."
Günther und Grote sollen in Ausschuss kommen
Aber was konkret wirft Stegner der Regierung vor? Er deutet an, dass Grote in Teilen der CDU nach wie vor übel genommen wird, dass er die Polizeispitze austauschte und dass er möglicherweise deshalb gehen musste. Genauer wird Stegner nicht - nur der Zweifel an der Version der Landesregierung bleibt: "Wir wissen nicht, wie es war. Aber so war es nicht."
Bei alledem vermeidet Stegner das Wort "Lüge" - wirft dem Ministerpräsidenten aber vor, "wahrheitswidrig" geantwortet zu haben. Der SPD-Fraktionschef will nach der Sommerpause unter anderem den Ministerpräsidenten, die Oberstaatsanwaltin und den Ex-Innenminister in den Innen- und Rechtsausschuss einladen.
Es wird also weitergehen - nach der Sommerpause.