Stadtbahn in Kiel: Konkrete Planung kann starten
Die Meinungen über den Bau einer Stadtbahn in Kiel sind wegen hoher Kosten kontrovers. Am Donnerstag entschied die Ratsversammlung, dass die Planungen der ersten Linie konkretisiert werden.
Am Donnerstagabend (20.3.) hat die Kieler Ratsversammlung beschlossen, dass die Planungen für die erste Linie der Stadtbahn intensiver fortgesetzt werden. SPD, Grüne, Linke, SSW und "Die Partei" stimmten dafür. Diese Linie soll nach Angaben der Stadt bis zu 564 Millionen Euro kosten und ab 2034 in Betrieb genommen werden. Drei weitere Strecken sind auch noch geplant.
Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) machte im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein deutlich, dass mit dem Beschluss jedoch noch nicht über den Bau entschieden wurde. Dennoch sei ein riesiger Schritt geschafft, so Kämpfer: "Wir werden jetzt ganz konkret die erste Linie der Stadtbahn planen, sodass sie dann im Entwurf fertig ist." Dazu gehöre etwa, welche Bäume gefällt werden und wie der Betriebshof aussieht. Erst dann könnten auch die Förderungen beantragt werden. Die Ratsversammlung habe mit dem Beschluss gezeigt, dass es eine Verkehrswende braucht, sagte Kämpfer. "Und die Stadtbahn ist der Schlüssel dazu."
Voß: Stadtbahn zuverlässiger als Busse

Insgesamt soll das Stadtbahn-Netz in Kiel 35,8 Kilometer lang werden. Kiel braucht nach Angaben der Stadt aus mehreren Gründen eine Stadtbahn. So sei das Busnetz an der Überlastungsgrenze, erklärte Kiels Mobilitätsdezernentin Alke Voß (Grüne).
In eine Stadtbahn passen laut Voß drei Mal so viele Menschen wie in einen Linienbus. Ein weiterer Vorteil sei, dass die Stadtbahn in vielen Bereichen Kiels nicht mit den Autos auf einer Straße fahre. "So ist sie nicht der Stau- und der allgemeinen Verkehrssituation unterworfen", sagt Voß. Damit sei eine Stadtbahn zuverlässiger als Busse, so die Dezernentin.
Die Stadt Kiel erhofft sich außerdem, dass durch die Stadtbahn die Personalknappheit bei Busfahrerinnen und Busfahrern verbessert werden kann. Der Grund: Weil mehr Menschen in eine Stadtbahn passen, könnten - bei einer ähnlichen Taktung - weniger Busse fahren.
Stadtbahn in Kiel zu teuer?

Die CDU-Ratsfraktion kritisiert das millionenschwere Projekt. Ratsherr Carsten Rockstein (CDU) sagte NDR Schleswig-Holstein, dass sich Kiel mit Blick auf den Haushalt keine Stadtbahn leisten könne. "Investitionen in andere Bereiche, wie den Schulbau oder öffentliche Sicherheit, können so nicht getätigt werden", erklärt Rockstein. Für ihn gebe es Alternativen zur Stadtbahn. So spricht sich Rockstein für ein besseres Busnetz aus.
Auch der Bund der Steuerzahler fordert ein Umdenken hinsichtlich der Stadtbahn-Planungen. "Die Kosten steigen dramatisch, die Haushaltslage der Stadt wird immer schlechter und der Nutzen für die Bürger bleibt umstritten", erklärt der Präsident des Bundes der Steuerzahler Schleswig-Holstein, Aloys Altmann. Außerdem seien in den Kalkulationen der Stadt noch nicht Folgekosten eingerechnet, wie jahrzehntelange Baustellen oder Unwägbarkeiten, die beim Tiefbau zu erwarten seien, so Altmann.
Mobilitätsdezernentin Voß sieht das anders. In Kiel habe man eine ehrliche Rechnung aufgemacht. Sie sagt, dass der Ausbau der Stadtbahn essenziell wichtig für Kiel sei. Außerdem widerspricht sie Rockstein und Altmann und sagt auch, dass die Stadt sich den Ausbau doch leisten könne und dass auch andere Investitionen wie etwa Schulausbau oder Straßenbau weiterhin möglich seien.
Beispiel Lüttich: Autos aus der Innenstadt raushalten
Im belgischen Lüttich gibt es bereits eine neue Straßenbahn. Wie in Kiel gab es dort schon mal eine Straßenbahn, die in den sechziger Jahren abgebaut wurde, um mehr Platz für Autos zu haben. Die neue soll jetzt genau das Gegenteil bewirken und die Autos wieder aus der Innenstadt raushalten, erklärt Daniel Wathelet. Er ist Pressesprecher von Transport en Commun, einem Unternehmen, das für den öffentlichen Personennahverkehr in der belgischen Region Wallonien zuständig ist, zu der Lüttich gehört.
Aktuell befindet sich die Straßenbahn noch in einer Testphase. Im April können dann auch die ersten Fahrgäste die Straßenbahn nutzen.
Verkehrsbehinderungen und Baustellen während Baumaßnahmen
Bislang fahren in Lüttich ausschließlich Busse. Weil die aber an ihre Kapazitätsgrenzen gekommen sind, hat man sich dort für eine Straßenbahn auf einer etwa zwölf Kilometer langen Strecke entschieden.
Besonders die Bauphase sei durch die vielen Baustellen und Verkehrsbehinderungen für viele Menschen keine gute Erfahrung gewesen, erklärt Wathelet. Auch die Einkommen der Geschäfte seien während der Bauphase gesunken. "Ich sehe aber in den letzten Monaten, dass sich Menschen die Straßenbahn angucken und mal mitfahren wollen", sagt der Pressesprecher.
Für die Stadtbahn in Lüttich habe es sehr viel Gegenwind gegeben, sagt Wathelet - auch hinsichtlich der 480 Millionen Euro, die die Straßenbahn dort gekostet habe. Wathelet selbst freut sich, wenn im April die ersten Fahrgäste mit der Straßenbahn fahren.
In Kiel wurde am Donnerstag zudem beschlossen, dass eine GmbH gegründet wird, die Planung und Bau der Stadtbahn übernehmen wird. Zudem hat die Ratsversammlung zugestimmt, dass ein Stadtbahnbeirat gegründet wird. Er setzt sich aus Teilnehmenden aus Stadt- und Straßenbahnbahnprojekten oder Neubauprojekten anderer Städte zusammen und soll beratend zur Seite stehen.
