Schlange, Schildkröte und Co.: Ausgesetzt zur Ferienzeit
Mit einer handvoll Tieren fing es an. Inzwischen leben knapp 65 Wasserschildkröten in den Teichen des Wildtier- und Artenschutzzentrums Klein Offenseth-Sparrieshoop. Immer öfter landen hier Exoten und invasive Arten.
Keine Hundert Meter entfernt pfeift Grau-Papagei "Jacko" mit seinen Artgenossen in einem Käfig fröhlich um die Wette. Im kleinen Haus der Anlage, gut versteckt zwischen Gräsern und Tiergehegen, befinden sich fünf Terrarien. Hier leben derzeit mehrere Schlangen und Echsen. Was scheinbar idyllisch aussieht, bedeutet für Christian Erdmann zunehmend eine angespannte Situation. "Jetzt zur Ferienzeit werden wieder mehr Tiere ausgesetzt", erzählt der Betreiber der Station. Eine große Überraschung ist das für ihn nicht. "Viele Menschen denken sich: Ach, so eine Kornnatter als Haustier, wieso nicht. Die kostet ja nichts", sagt Erdmann. Das sei aber ein Trugschluss. Auch wenn die Tiere in der Anschaffung zunächst kostengünstig erscheinen mögen, so ist ihre Haltung alles andere als simpel. Schildkröten und Schlangen beispielsweise brauchen besondere Gehege und Terrarien, Wärmelampen und Spezialfutter. Die Kosten dafür würden nicht wenige unterschätzen, betont der Mitarbeiter des Wildtier- und Artenschutzzentrums in Klein Offenseth-Sparrieshoop (Kreis Pinneberg).
Finanzielle und räumliche Belastung immens
Was folgt, sind ausgesetzte Exoten in Gräben, Wäldern, Gärten oder städtischen Seen. Fast täglich nimmt das Zentrum nach eigenen Angaben exotische Neuankömmlinge auf. Dabei haben die Betreiber ihre Anlage einst gegründet, um einheimische Tiere in Not aufzupäppeln und sie anschließend wieder auszuwildern. Auf knapp zweieinhalb Hektar Land betreut das Team in Südholstein pro Jahr knapp 2.500 Tiere. In den vergangenen Jahren kamen hier aber immer mehr Exoten an - unter anderem ein Känguru, Würgeschlangen und beschlagnahmte Grau-Papageien. Für die eigentlichen Schützlinge wie Störche oder Fischotter bleibt laut Christian Erdmann nun aber immer weniger Platz und Geld.
"Die allermeisten Schildkröten, die hier ankommen, sind in einem schlechten Zustand. Und so eine Tierarztbehandlung für zehn Schildkröten kostet schnell mal an die Tausend Euro", erklärt er. Zudem ließen sich die wärmeliebenden Tiere nur schwer vermitteln. Weil es sich bei den Exoten teilweise auch um invasive Arten handelt, können sie nicht einfach ausgesetzt werden. So passiert es nicht selten, dass eine Schildkröte vier oder fünf Jahre in den Gehegen verbringt.
"Die allermeisten Schildkröten, die hier ankommen, sind in einem schlechten Zustand." Christian Erdmann, Betreiber der Wildtier- und Artenschutzzentrums Klein Offenseth-Sparrieshoop
Aufnahmestopp für Wasserschildkröten
In den vergangenen Wochen hat sich die Situation laut Erdmann so sehr zugespitzt, dass die Kapazitäten nun ausgeschöpft sind. Das Wildtier- und Artenschutzzentrum hat deswegen Ende Juli einen Aufnahmestopp für exotische Wasserschildkröten verhängt. "Die Teiche sind voll", sagt Christian Erdmann. Wer künftig in Gräben oder Stadtparkseen eine exotische Wasserschildkröte findet, muss sich demnach zunächst an die zuständigen Ämter wenden.
Zwei neue Gehege für Landschildkröten
Ein kleiner Hoffnungsschimmer bleibt aber doch: Mithilfe von Spendengeldern konnten zwei neue Gewächshäuser gebaut werden. Zwischen Sand und Vulkanstein sollen künftig bis zu 30 Landschildkröten leben können. Und keine zwei Meter über ihren Köpfen, auf der oberen Ebene, schlängeln künftig Kornnattern und Co.. "In Käfigen bekommen sie mehr Luft als in Terrarien", erklärt Christian Erdmann. So artgerecht wie in der Natur sei das zwar immer noch nicht, aber immerhin. Langfristig wünscht er sich ein privates Halteverbot von exotischen Tieren. "Das sind keine Haustiere." So könnten er und sein Team auch wieder mehr Zeit und Platz für die eigentlichen Bewohner des Zentrums haben - die heimischen Arten.