Schiffswrack am Strand von Sylt: Experten wollen nun Alter ermitteln
Es könnte viele Jahrhunderte alt sein - ein Schiffswrack, das nach stürmischem Wetter auf Sylt gefunden wurde. Experten wollen die Wrackteile in dieser Woche genau untersuchen.
Wettergegerbte Holzbohlen, zusammengehalten mit Holz- und Kupfernägeln: Diese Überreste liegen am Sylter Strand südlich von Rantum (Kreis Nordfriesland). Etwa zehn dunkle Balken ragten noch vor zwei Tagen aus dem Sand hervor - jetzt ist wieder alles bedeckt und man kann die Fundstelle nur erahnen. Der Sylter Treibholzkünstler Bo von Dünenstrauss war am vergangenen Sonntagabend quasi in der Abenddämmerung zufällig über die Bohlen gestolpert - und gleich hellauf begeistert.
"Von weitem hast du es kaum gesehen, da musste schon nah davor stehen und dann hast du die Balken und den Rumpf gesehen." Auch Metallnägel hat der Sylter Holzkünstler gesehen. "Ich war euphorisiert, ich hab mich gefühlt wie der letzte Kapitän auf dem Schiff", strahlt er über beide Ohren, als er an der Fundstelle steht. Die ist allerdings wieder komplett mit Sand überspült worden. "Gut so, dann kommen keine Strandräuber", witzelt er.
"Ich war total euphorisiert", Bo von Dünenstrauss, Sylter Holzkünstler
Wie alt mag das Wrack sein? Darüber rätseln jetzt Experten und auch das Archäologische Landesamt hat Interesse an dem Fund. Mit Hilfe von 3D-Technik sollen die Bohlen in dieser Woche vermessen und untersucht werden - auch um herauszubekommen, um welchen Schiffstyp es sich handelt.
Schiffswrack liegt wieder unter dicker Sandschicht
Der Fund sprach sich am Wochenende in einer Facebook Gruppe auf Sylt rum. Erste Bilder vom Wrack hatte Sylt-Historiker Günter Schroeder am Wochenende gemacht, sagt er und blickt mit Bo von Dünenstrauss auf die Stelle, wo sie das alte Schiff vermuten. Außer Sand ist im Moment aber nichts mehr zu sehen. "Innerhalb von 48 Stunden ist das Wrack durch die Brandung jetzt wieder mit Sand bedeckt worden", so Gunter Schroeder.
"Ich denke, es ist 300 bis 350 Jahre alt" Gunter Schroeder, Sylt-Historiker
Der 85-Jährige hat bereits mehrfach ähnliche Schiffe gesehen und schätzt das Alter auf etwa 300 bis 350 Jahre. "Ich bin mir sicher, dass die Holzproben beweisen werden, dass das Schiff von etwa 1700 stammt", sagt er und hält eine alte Karte mit anderen Sylter Fundstellen und aktuelle Fotos von den Überresten in den Händen. Die hat er am Wochenende direkt an das Archäologische Landesamt geschickt.
Wohl kein Wikingerschiff
Das hat die Bilder bereits begutachtet und kommt nach einer ersten Einschätzung zu dem Ergebnis, dass es kein Wikingerschiff ist. "Es ist erstmal neuzeitlicher Schiffbau, nichts sensationell altes, das wir auch so in den letzten Jahren an anderer Stelle schon einmal beobachten konnten", sagt Stefanie Klooß vom Landesamt.
Bei Sturm gestrandet: Schiffswracks sind keine Seltenheit
Zuletzt war auf Sylt 2016 an der Hörnumer Odde ein Schiffswrack entdeckt worden. Es stammte aus dem 17. Jahrhundert. Immer wieder tauchen im Nordfriesischen Wattenmeer Teile von alten Schiffen auf. Die flache Küste vor Sylt wurde für viele Seefahrer bei Stürmen zur tödlichen Falle.
Es gibt weitere Beispiele: Westlich der Hallig Hooge - am Außensand Japsand - war 2017 ein Wrack gefunden worden. Fünf Jahre später sorgte das Wrack der spanischen Dreimastbark Ulpiano auf dem Süderoogsand für Schlagzeilen. Das Schiff war an Heiligabend 1870 havariert. Für den gesamten Bereich des Nordfriesischen Wattenmeeres liegen für den Zeitraum vom 17. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts laut Archäologischem Landesamt knapp 900 Strandungsberichte vor.
Das Archäologische Amt hofft jetzt, dass niemand selber zur Schaufel greift und nach dem Wrack gräbt, denn dann könnte es teilweise zerstört werden. Wahrscheinlich bleibt es aber bis Montag, wenn die Experten auf die Insel kommen gut geschützt, 30-40 Zentimeter unter dem Nordsee-Sand verborgen.