Sachsenwald als Steueroase? So viel Geld ging an von Bismarck
Eine Verordnung in Schleswig-Holstein macht es möglich, dass Waldbesitzer Gregor Graf von Bismarck Gewerbesteuern in seinem Sachsenwald erheben darf. In den vergangenen Jahren kamen mehr als zwei Millionen Euro zusammen.
Eine Recherche des ZDF Magazins Royale in Zusammenarbeit mit der Plattform "Frag den Staat" hatte ergeben, dass in einer Hütte im Sachsenwald (Kreis Herzogtum-Lauenburg) mindestens 21 Firmen gemeldet sind. Der Verdacht: Es könnte sich um Briefkastenfirmen handeln, die von einer niedrigen Gewerbesteuer profitieren, die der Eigentümer auf Basis einer Landesverordnung erheben darf. Der FDP-Abgeordnete Christopher Vogt und die SPD-Abgeordnete Beate Raudies wollten daraufhin von der Landesregierung unter anderem wissen, wie hoch die Einnahmen sind, die Waldbesitzer Gregor Graf von Bismarck kassiert. Über die Antwort der Kleinen Anfragen hatte "LN-Online" zuvor berichtet.
Mehr als 2,6 Millionen Euro durch Gewerbesteuer eingenommen
Die Antwort der Landesregierung zeigt einen starken Anstieg der Steuereinnahmen in den vergangenen Jahren. So nahm der Eigentümer in den Jahren 2017 bis 2019 insgesamt rund 4.100 Euro an Gewerbesteuer ein. Im Jahr 2020 waren es bereits 671.000 Euro. In den Jahren 2021 und 2022 kamen jeweils rund 400.000 Euro zusammen. Im vergangenen Jahr stieg die Summe dann deutlich auf mehr als 1,1 Millionen Euro. Der FDP-Abgeordnete Vogt sagte dazu: "Bei der Entwicklung der gezahlten Gewerbesteuern muss man schon fast von einem kleinen Wirtschaftswunder im Sachsenwald sprechen." Vogt findet es nach eigenen Angaben äußerst befremdlich, dass dieses Steuermodel möglich ist. Die SPD-Abgeordnete Raudies sagte: "Wir werden in der Sitzung des Finanzausschusses am 14. November Aufklärung verlangen, um Licht ins Dunkle des Sachsenwalds zu bringen."
Innenministerium: Regelung ist rechtlich "sauber"
"Der Hebesatz für den Forstgutsbezirk Sachsenwald wurde durch den Landrat des Kreises Herzogtum Lauenburg mit Schreiben vom 06.01.1958 auf 275 vom Hundert festgesetzt", bestätigte Tim Radtke, Sprecher des Innenministeriums die Recherchen der Sendung "ZDF Magazin Royale" um Moderator Jan Böhmermann und der Plattform "FragDenStaat". Damit bewege sich die Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes von 275 Prozent im Forstgutsbezirk Sachsenwald innerhalb der gesetzlich zulässigen Vorgaben. "Nach Erkenntnissen des Innenministeriums wird die Gewerbesteuer vom Gutsvorsteher für alle gewerbesteuerpflichtigen Betriebsstätten ordnungsgemäß erhoben und die Gewerbesteuerumlage ordnungsgemäß an die Landeskasse abgeführt", heißt es weiter. Trotzdem werde die Landesregierung den gesamten Sachverhalt noch einmal prüfen.
Die Staatsanwaltschaft Lübeck wollte sich nicht dazu äußern, ob in dem Fall ermittelt werde. Hintergrund sei das Steuergeheimnis.
Bismarck: Gewerbesteuern fließen in den Wald
Mit dem Vorwurf konfrontiert, in der Waldhütte könnten Briefkastenfirmen gemeldet sein, erklärte Eigentümer Gregor Graf von Bismarck, die Büros in dem Gebäude würden regelmäßig als Betriebsstätte genutzt. Außerdem würden die erhobenen Gewerbesteuern "für die Erhaltung und Aufforstung des größten Waldes in Norddeutschland genutzt, der einen wertvollen Beitrag zur Klimawende leistet." Auch Vertreter der Firmen, die dort ansässig sind, behaupteten, die Unternehmen seien aus Gründen der Nachhaltigkeit in den Wald gezogen. Die Arbeitsplätze in der Hütte würden regelmäßig genutzt.