Sachsenwald als Steueroase? Schwere Vorwürfe gegen Bismarck
Wird ein Privatwald im Kreis Herzogtum Lauenburg als Steuerschlupfloch missbraucht? Nach einem Medienbericht steht Graf Gregor von Bismarck, ein Nachfahre des Reichskanzlers, in der Kritik. Er weist die Vorwürfe zurück.
Es klingt erstmal abstrus: Mindestens 21 Unternehmen sollen in einer abgeschiedenen Waldhütte von Gregor von Bismarck ihren Sitz haben, einem Ururenkel des Reichskanzlers Otto von Bismarck. Die Hütte liegt im Sachsenwald (Kreis Herzogtum Lauenburg), der zu großen Teilen der Bismarck-Familie gehört.
Wie das "ZDF Magazin Royale" mit Moderator Jan Böhmermann und die Plattform "FragDenStaat" nahelegen, handelt es sich dabei mutmaßlich um Briefkastenfirmen. Fotos würden darauf hindeuten, dass dort kaum gearbeitet werde und die Büros verwaist seien: "Schon auf den zweiten Blick offenbart sich ein Bild, das mehr an eine verlassene Theaterkulisse erinnert als an ein Büro, in dem teils Umsätze in Millionenhöhe generiert werden sollen", heißt es.
Eine ominöse Adresse im Wald
Um ihre Vorwürfe zu erhärten, haben die Journalistinnen und Journalisten eine Wildkamera am einzigen öffentlichen Zufahrtsweg zur Hütte platziert - über einen Zeitraum von zwei Monaten. "Jedes Mal, wenn sich dort jemand bewegt hat, hat die Kamera ausgelöst". Das Ergebnis: Nur 25 Mal bewegten sich demnach Menschen in Richtung der Hütte - wo angeblich 21 teils millionenschwere Firmen ihren Sitz haben sollen.
Außerdem haben die Journalistinnen und Journalisten nach eigenen Angaben Briefe an die angeblichen Firmensitze verschickt; diese seien allerdings zunächst nicht an die ominöse Adresse im Wald geliefert worden, sondern an die Adressen der Mutterfirmen in Hamburg. "Briefkastenfirmen, die ihre Briefkästen nicht nutzen?", heißt es ironisch in dem Bericht.
Vorwurf: Firmen umgehen Gewerbesteuern
Der außergewöhnliche Firmensitz im Sachsenwald habe für die Unternehmen einen großen Vorteil: Sie müssten einen äußerst geringen Gewerbesteuersatz bezahlen - etwa halb so hoch wie der im benachbarten Hamburg. Das liege daran, dass der Sachsenwald rechtlich als sogenanntes "gemeindefreies Gebiet" gelte. Der Waldbesitzer Gregor von Bismarck könne die Gewerbesteuern deshalb über einen Gutsvorsteher indirekt selbst festlegen - und zahle die Steuern quasi an sich selbst. Bei dieser Regelung handle es sich um ein "historisches Relikt" mit Ursprüngen im 19. Jahrhundert.
Mit den Vorwürfen konfrontiert, erklärte Graf Gregor von Bismarck, die Büros in dem Gebäude würden regelmäßig als Betriebsstätte genutzt. Außerdem würden die erhobenen Gewerbesteuern "für die Erhaltung und Aufforstung des größten Waldes in Norddeutschland genutzt, der einen wertvollen Beitrag zur Klimawende leistet". Auch Vertreter der Firmen, die dort angeblich ansässig sind, behaupteten, die Unternehmen seien aus Gründen der Nachhaltigkeit in den Wald gezogen. Die Arbeitsplätze in der Hütte würden regelmäßig genutzt.
Wie viel Steuern kassierte Bismarck?
Unklar bleibt dem Bericht zufolge, wie viel Geld der Waldbesitzer von Bismarck durch die Gewerbesteuern eingenommen hat. Das Statistikamt Nord verfügt demnach über keine Zahlen - auch wenn diese dem Amt eigentlich hätten gemeldet werden müssen. Auch das schleswig-holsteinische Innenministerium habe keine Zahlen zum Steueraufkommen aus dem Sachsenwald. Gregor von Bismarck selbst wollte dazu keine konkreten Angaben machen, heißt es.
Laut "ZDF Magazin Royale" versuchte von Bismarck vor der Ausstrahlung der Sendung, die Veröffentlichung der Rechercheergebnisse zu verhindern: Er werde sich "entschieden und auf rechtlichem Wege dagegen zur Wehr setzen", wird von Bismarck in der Sendung zitiert. Die Drohung hat offenbar wenig gebracht. Allein auf der Plattform YouTube verzeichnete die Folge der Sendung am Montagabend mehr als 700.000 Aufrufe.