Restaurants unter Druck: Kommt die Rechnung bald vor dem Essen?

Stand: 24.01.2025 05:00 Uhr

Wenn Gäste reservieren, dann aber ohne Absage nicht kommen, stehen Restaurants häufig vor Schwierigkeiten. Solche No-Shows nehmen zu. Als Gegenmaßnahme wird das Thema Vorkasse diskutiert.

von Daniela Tabarelli

An diesem Abend sind es zwei Gäste, die im Restaurant von Kay Pellegrini in Kisdorf (Kreis Segeberg) reserviert haben, dann aber nicht kommen - einer davon, ohne abzusagen. Was im kleinen Rahmen nicht ungewöhnlich ist, nimmt bei ihm seit mehreren Monaten deutlich größere Dimensionen an. Zum Sonntagsbrunch kamen zuletzt beispielsweise nur knapp 100 von 150 angemeldeten Gästen. "Es ist schwierig, da wir immer frisch einkaufen und zubereiten. Wenn dann auf einmal 30 Prozent weniger Gäste da sind, ist es tatsächlich so, dass wir überlegen, ob wir [Lebensmittel] entsorgen müssen", sagt Pellegrini.

Ein Mann steht hinter einem Tresen in einem Restaurant. © NDR
Kay Pellegrini hat in seinem Restaurant in Kisdorf mit No-Shows zu kämpfen.

Auch die Personalplanung wird dadurch erschwert. Laut Pellegrini kommt es in den vergangenen Monaten immer häufiger vor, dass deutlich weniger Gäste kommen als angekündigt. Teilweise sagen sie ab, in vielen Fällen handelt es sich jedoch auch um sogenannte No-Shows, sprich: Gäste reservieren, kommen dann aber ohne Absage einfach nicht.

Mehr No-Shows in Schleswig-Holstein

Damit ist der Kisdorfer Gastronom nicht allein. Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga beobachtet in Schleswig-Holstein eine Zunahme des Phänomens. Konkrete Zahlen gibt es nicht, da diese nicht statistisch erhoben werden. Gastronomen berichten jedoch von spürbaren Effekten wie Umsatzeinbußen, da Tische nicht immer nachbesetzt werden können. "Das ist wirklich ein aktuelles Thema bei uns in der Branche. Leider hat sich das eingeschlichen in den vergangenen zwei, drei Jahren, dass Tische bestellt werden, aber dann die Leute nicht kommen und das finde ich sehr schade", sagt Lutz Frank, Dehoga-Vizepräsident in Schleswig-Holstein und Vorsitzender der Fachgruppe Gastronomie. Folgen habe das vor allem für kleinere Restaurants, bei denen bereits ein oder zwei Tische, die an einem Abend nicht besetzt werden, zu wirtschaftlichen Verlusten führen.

Vor dem Restaurantbesuch bereits bezahlen?

Um Umsatzeinbußen zu vermeiden, überlegen erste Restaurants in Schleswig-Holstein, auch im á-la-carte-Betrieb Vorkasse einzuführen, wie es bei Hochzeiten oder anderen größeren Feiern bereits vielerorts üblich ist. Möglich wäre das beispielsweise über eine Anzahlung, die dann mit der Restaurantrechnung verrechnet wird. Für Kay Pellegrini ist Vorkasse an den Feiertagen oder beim Sonntagsbrunch eine Option, mit der er sich aktuell befasst. Jedoch sei es eigentlich etwas, das er vermeiden wolle, fügt er hinzu.

Vorkasse ist schwierig umzusetzen

Insgesamt tun sich Gastronomen, die Vorkasse aus wirtschaftlichen Gründen einführen möchten, schwer bei der Umsetzung. Einerseits soll die Stimmung der Gäste nicht gedämpft werden, andererseits ist das Konzept auch für die Betriebe mit einem hohen Aufwand verbunden. Diese Erfahrung haben auch Torben und Eyleen Albeck gemacht, die ein Restaurant in Lübeck betreiben.

Gerade zur Weihnachtszeit oder im Sommer würden Gäste häufig Tische reservieren, um sie sich zu sichern, sich dann aber erst kurzfristig entscheiden, ob sie nicht doch in ein anderes Restaurant gehen. "Das ist natürlich nicht gut fürs Geschäft, da man die Tische dann oft nicht nachbesetzt bekommt", sagt Torben Albeck. Absagen fänden kaum noch statt. Wegen der vielen No-Shows wollten die Gastronomen zum Jahresstart Vorkasse einführen, stießen jedoch auf technische und rechtliche Hürden. Denn um die Vorkasse bei der Online-Buchung abzuwickeln, müssten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf der Homepage so angepasst werden, dass die Gäste bei der Buchung eine Art Vertrag eingehen. "Wir müssten dann eine Kreditkarte im Kassensystem hinterlegen, damit wir die Kosten abbuchen könnten, was mit einem erhöhten Aufwand zusammenhängt. Für uns ist das in der Form nicht realisierbar", sagt Eyleen Albeck.

Gäste reagieren positiv

Doch es gibt auch Restaurants, die bereits positive Erfahrungen mit dem Konzept der Vorkasse gesammelt haben. Familie Stieper bietet in ihrem Restaurant in Hammoor (Kreis Stormarn) Essen an bestimmten Tagen nur gegen Vorkasse an. "Wenn die Leute bei uns zum Beispiel ein Gänseessen buchen, dann müssen sie den gesamten Preis des Essens vorab bezahlen. Wenn sie nicht kommen, wird das nicht erstattet, aber sie können vorbeikommen und sich das Essen für zu Hause mitnehmen", sagt Norman Stieper. Das Geld müssen die Gäste vorab überweisen. Dieses Konzept verfolgen die Gastronomen bereits seit dem eingeschränkten Betrieb während der Coronapandemie und sie wollen daran festhalten. "Die Akzeptanz ist groß und wir müssen nichts an Lebensmittel verschwenden", so Stieper.

Reservierungsgebühr statt Vorkasse?

Auch Restaurantgäste in Kisdorf sagen, dass sie Verständnis für ein Restaurant hätten, das Vorkasse einführt. "Vorkasse würde ja heißen, das ganze Essen, ich weiß aber noch gar nicht, was ich essen würde. Aber eine ordentliche Reservierungsgebühr, das wäre ok. Man muss natürlich die Möglichkeit haben, innerhalb einer gewissen Frist absagen zu können", sagt Christine Böttcher. Ihr Mann Raimund stimmt zu: "25 bis 30 Euro vorab bei der Reservierung, das würde er befürworten." Auch Restaurantgast Sven Berthold würde Vorkasse nicht abschrecken. "Ich würde das wahrscheinlich begrüßen, weil ich selber genauso in der Situation bin, dass Leute nicht kommen, wir Termine geblockt haben, anderen Kunden vielleicht abgesagt haben. Das sind für mich auch Einnahmen, die verloren gehen. Von daher könnte ich das nachvollziehen, wenn das ein Gastronom so machen würde", sagt der Versicherungsunternehmer.

Gastronomie setzt weiter auf verlässliche Gäste

Der Kisdorfer Gastronom Kay Pellegrini möchte die Situation nun noch einige Wochen beobachten, bevor er eine Entscheidung zum Thema Vorkasse trifft. Er hofft, dass die zuletzt deutlich gestiegene Zahl der No-Shows wieder sinkt und setzt auf verlässliche Gäste. Denn auch davon gibt es schließlich viele. Das betont auch Lutz Frank vom Dehoga. Die meisten Gäste verhielten sich vorbildlich. Von den anderen wünschen sich die Gastronomen laut Frank "eine gewisse Wertschätzung, indem sie absagen, auch wenn es in letzter Minute ist, damit wir weiterhin gut planen können und die Tische wieder gut besetzen können."

Mann steht in einem Restaurant. © NDR Foto: Daniela Tabarelli
Lutz Frank ist Vizepräsident des Dehoga in Schleswig-Holstein und führt ein Restaurant in Bad Segeberg.
Branche insgesamt unter Druck

Das Problem der No-Shows sei jedoch nicht das Einzige, das die Gastronomiebranche in Schleswig-Holstein vor große Herausforderungen stellt. Laut Frank sind es vor allem gestiegene Preise, die Gastronomen unter Druck setzen. Das gilt etwa für Strom- und Gas-, aber auch Lebensmittelpreise. Hinzu kommen die Löhne. "Die sind in den letzten zwei Jahren bei uns in der Gastronomie ungefähr um 30 Prozent nach oben gegangen. Das müssen wir durch unsere Umsätze auffangen und das ist eine große Herausforderung", so Frank. Für Entlastung könnten laut dem Dehoga-Vizepräsidenten politische Entscheidungen sorgen, etwa zum Bürokratieabbau oder der Senkung der Mehrwertsteuer. Diese war im Zuge der Corona-Hilfen für Speisen auf sieben Prozent gesenkt, im vergangenen Jahr jedoch wieder auf 19 Prozent angehoben worden.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 24.01.2025 | 19:30 Uhr

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