Prozess nach Messerattacke Brokstedt: Das denken die Menschen im Ort
Am Freitag beginnt der Prozess gegen Ibrahim A., der im Januar in einem Regionalzug bei Brokstedt zwei Menschen mit einem Messer getötet und fünf weitere verletzt haben soll. Im Ort wirkt die Tat noch nach.
In Brokstedt (Kreis Steinburg) erinnert jetzt ein Holzkreuz an die beiden Todesopfer der Messerattacke im Januar 2023. Die Bahn hat es nach Angaben einer Sprecherin in Absprache mit den Angehörigen neben einem Wartehäuschen am Bahnsteig aufgestellt. Hier kam damals der Regionalexpress zum Stehen, als ein Mann mehrere Fahrgäste mit einem Messer angriff. Der mutmaßliche Täter, Ibrahim A., muss sich ab Freitag vor dem Landgericht Itzehoe verantworten.
Menschen wünschen sich gerechte Strafe
Als Reporter von NDR Schleswig-Holstein Menschen im Ort nach ihren Erwartungen an den Prozess fragen, sind sich fast alle einig: Eine gerechte Strafe soll der Täter bekommen. "Das entschädigt nicht für das, was er getan hat", sagt Kirsten Reek. Dennoch müsse ein Gericht feststellen, wofür er verantwortlich ist.
"Ich hoffe, dass er nicht zu leicht davonkommt", sagt Xavio Pfaff. Auch die psychische Verfassung des mutmaßlichen Täters müsse dabei berücksichtigt werden. "Ich hoffe, dass man erkennt, wie ernst die Lage bei manchen Menschen ist und dass eine Menge passieren muss, um an so einen Punkt zu gelangen. Sobald man fähig ist, so etwas zu tun, sollte man mit dieser psychischen Verfassung nicht mehr in der Öffentlichkeit auftreten. Ich hoffe, er bekommt die Hilfe, die er verdient."
Über die Tat gesprochen werde im Ort im Gegensatz zur Anfangszeit nicht mehr so viel, berichtet Kirsten Reek. Insbesondere die Jugendlichen seien aber gut betreut worden. Dennoch haben einige Anwohnerinnen und Anwohner offenbar noch ein mulmiges Gefühl. "Ich habe Angst um meine Kinder", sagt Ina Schamber. "Ich hoffe sehr, dass solche Menschen richtig bestraft werden, dass andere nicht auf solche Ideen kommen oder besser beobachtet werden."
Pendler denken noch hin und wieder an die Tat
Auch bei Pendlerinnen und Pendlern wirkt die Tat noch nach. Auf der Strecke zwischen Kiel und Hamburg nutzen viele Menschen den Regionalzug, um zur Arbeit oder zur Schule und zurück zu kommen. Sie denken ab und zu noch an die Tat oder daran, dass ihnen so etwas auch passieren könnte, sagen mehrere Fahrgäste auf Nachfrage. Anwohnerin Rita Fischer sagt: "Das Problem ist, dass viele Leute hier in der Gegend Angst haben Zug zu fahren." Vielleicht könne das durch den Prozess wieder besser werden, hofft sie.
Es sei normal, dass es etwas Zeit und Ruhe brauche, sich auch wieder an Dinge wie zum Beispiel an das Zugfahren oder das Betreten des Bahnsteigs zu gewöhnen, sagt Propst Stefan Block vom Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Altholstein. Deshalb sei es gut, dass die große Aufregung im Ort vorbei sei. Die Tat und die Betroffenen seien nach wie vor Thema in Fürbitten.
Bürgermeister: Ort ist zusammengewachsen
Insgesamt habe sich die Lage im Ort aber beruhigt, sagt Bürgermeister Clemens Preine (CDU), auch wenn man noch häufig daran erinnert werde. "Natürlich hängt das über der Gemeinde. Das verbindet man nun mal mit Brokstedt, insofern freuen wir uns natürlich, wenn mal ein Schlussstrich gezogen werden kann, wenn der Prozess hoffentlich schnell abgehandelt wird", sagt er.
Preine lobt außerdem die Opferhilfe und die Betreuung der Jugendlichen. Daraus habe sich ein Jugendtreff entwickelt, der Hoffnung gebe, dass man aus der schlimmen Situation auch gestärkt hervorgehe, so Preine. Der ganze Ort sei noch einmal enger zusammengewachsen. Den Prozess will Preine, wenn überhaupt, allerdings nur aus der Distanz beobachten.