Nachfolge im Familienunternehmen: Verantwortung auf beiden Seiten
Das eigene Unternehmen in fähige Hände abgeben - das ist für mittelständischen Betriebe in Schleswig-Holstein ein großes Thema. Doch laut IHK beschäftigen sich viele nicht rechtzeitig damit, die Übergabe zu organisieren. EDUR Pumpen in Kiel hat es anders gemacht.
Überall in der Produktionshalle in Kiel herrscht Betrieb. Mitarbeiter schieben Hubwagen hin und her, an Werkbänken wird geschraubt oder lackiert. Dabei entstehen Pumpen in verschiedenen Formen, Farben und Größen - denn die sind das Hauptprodukt der Firma EDUR. Mittendrin Frederike Holdhof, die das Unternehmen 2021 gemeinsam mit einem langjährigen Mitarbeiter von ihren Eltern übernommen hat.
Nachfolge wie aus dem Lehrbuch
Drei Jahre hat sich die Unternehmerfamilie Zeit für den Übergabe-Prozess genommen, vorbereitet wurde er schon länger. Unterstützt wurden die Holdhofs dabei von einer externen Beratungsagentur. Damit hat der Pumpenhersteller die Nachfolge geradezu lehrbuchmäßig organisiert und gemeistert. So gut schaffen es längst nicht alle kleinen und mittelständischen Unternehmen in Schleswig-Holstein, zeigt eine aktuelle Studie der Industrie- und Handelskammer. Demnach hat zwar knapp die Hälfte der 500 teilnehmenden Unternehmen vor, den Betrieb abzugeben - 57 Prozent haben aber noch keine konkreten Schritte unternommen.
Für Glenny Holdhof, deren Vater das Unternehmen EDUR gegründet hat, und ihren Mann Jürgen war schon lange klar, dass sie es mit der Nachfolge ernst nehmen wollen. "Wir haben uns relativ früh damit beschäftigt, weil wir immer gesagt haben: Es muss auch scheitern können, ohne dass wir dann mit 70 immer noch in der Unternehmensleitung sind, weil wir keinen Plan B haben", sagt sie. Sie und ihr Mann hatten ja selbst das Unternehmen von der Gründer-Generation übernommen - und dabei negative Erfahrungen gemacht, die sie nicht wiederholen wollen, sagt Jürgen Holdhof.
So sei schnell klar gewesen, dass sie die Firma nicht in allen Bereichen allein führen wollte, sagt Frederike Holdhof. Deshalb wurde der langjährige kaufmännische Leiter, Thomas Naß, mit ins Boot geholt.
Suche nach Nachfolgern ist größtes Hindernis
Eine der größten Hürden, nämlich die Suche nach einem geeigneten Kandidaten, war deshalb bei EDUR schnell geklärt. In der IHK-Umfrage gaben 42 Prozent an, das als größtes Hindernis zu sehen. 47 Prozent suchen noch einen Nachfolge-Interessenten für den eigenen Betrieb. Für Frederike Holdhof war die Sache nach eigenen Angaben dagegen schon lange klar - auch wenn sie in der Schule zunächst auch andere Pläne hatte. "Für mich war die Firma schon immer da und ist einfach Teil meiner Familie", sagt sie. "Und ich habe dieses Leben in einem Unternehmen einfach von klein auf an geliebt und mit allem Für und Wieder, das das Leben als Geschäftsführer mit sich bringt, könnte ich mir eigentlich überhaupt nichts anderes vorstellen."
Hätte es keinen Interessenten aus der Familie gegeben, hätten die Eltern auch über einen Verkauf nachgedacht. Das sei grundsätzlich auch eine Option, sagt IHK-Nachfolgeberaterin Annika Körlin. Vor allem, wenn andere Unternehmen aus der Region den Betrieb übernehmen könnten, sei das eine Chance. "Man hat mehr Mitarbeiter oder zum Beispiel Zugang zu anderen Märkten", sagt sie. "Wenn wir es schaffen, Unternehmer dafür zu sensibilisieren, dann könnte das eine gute Strategie für Schleswig-Holstein sein", sagt Körlin. Wichtig sei dann eine gute Beratung, denn schließlich gehöre ein Verkauf nicht zum Alltagsgeschäft.
Übergabe ist kein Selbstläufer
Doch auch wenn Kinder oder langjährige Mitarbeiter die Nachfolge antreten, ist diese kein Selbstläufer. "Fettnäpfchen stehen ja genug auf diesem Weg der Nachfolgeregelung", sagt der frühere Geschäftsführer Jürgen Holdhof. "Es sind unterschiedliche Menschen und damit immer unterschiedliche Sichtweisen, unterschiedliche Auffassungen, auch wenn man die gleiche Zielsetzung verfolgt und diese Unterschiede müssen vernünftig gemanagt werden." Dabei half eine externe Personalberatung. Bei der Nachfolge geht es schließlich auch ums Loslassen, ergänzt Glenny Holdhof. "Das Ganze in die Hände von jemand anderem zu legen, dieses Vertrauen muss man ja erst einmal haben."
Tochter Frederike sieht die Verantwortung auch bei der nachfolgenden Generation. "Wer in einem Familienunternehmen groß geworden ist, sollte sich zumindest aktiv damit auseinandersetzen. Letzten Endes steht natürlich jedem frei, eine bewusste Entscheidung dagegen zu treffen", sagt sie. Das Signal für die Übernahme müsse von den Nachfolgern selbst kommen.
Immer weniger Unternehmen bleiben in Familienhand
Tatsächlich bleiben immer weniger Unternehmen in Familienhand, ergab die IHK-Umfrage. Nur 36 Prozent gaben an, dass ein Angehöriger der Nachfolger sein könnte - 2013 waren es noch 60 Prozent. Dabei spielt laut IHK auch der demografische Wandel eine Rolle, denn es gibt schlicht weniger potentielle Nachfolger im passenden Alter als Geschäftsführer, die ihr Unternehmen abgeben wollen. Außerdem würden viele jüngere Menschen lieber ein Angestelltenverhältnis eingehen, heißt es von der IHK. Dennoch sei jeder Betrieb, der schwarze Zahlen schreibt, mindestens verkäuflich, sagt Nachfolgeberaterin Körlin. Wichtig sei vor allem, sich rechtzeitig mit den verschiedenen Möglichkeiten auseinanderzusetzen - und Plan B und C zu haben.
Um geeignete Nachfolger oder Käufer zu finden, gibt es in Schleswig-Holstein das Portal "Unternehmensnachfolge in SH", außerdem die bundesweite Plattform nexxt. Die IHK bietet verschiedene Beratungsformate an, auch von den Handerwerkskammern gibt es Angebote. Um diese bekannter zu machen und die Informationen zu bündeln, startet das Land ab sofort eine Kampagne.