Nach Farbattacken der "Letzten Generation": Verunsicherung auf Sylt
Die erste Farbattacke der "Letzten Generation" auf Sylt hat es Anfang Juni gegeben. Mitglieder der Gruppe beschmierten und beschädigten einen Privatjet auf dem Sylter Flughafen. Weitere Attacken folgten - auf eine Hotelbar und eine Boutique. Was machen diese Aktionen mit der Insel?
Ziel unserer Sylt-Tour ist es, zwei Wochen nach der ersten Farb-Attacke, Stimmungen und Stimmen der Betroffenen auf der Insel einzufangen. Wie geht es jetzt weiter? Wie gehen die Sylterinnen und Sylter mit der Situation um? Schon bei der Fahrt mit einem NDR-Wagen auf dem Autozug gibt es einen Kommentar von der Einweiserin des Sylt Shuttles: "Wollt ihr auch über die Idioten berichten? Klimaschutz ist ja wichtig, aber dieser Quatsch hilft niemandem." Die Frau fasst die Stimmung auf Sylt schon vor der Abfahrt zusammen.
Hotelbesitzer zeigt sich verunsichert
In Westerland lehnt ein Hotelbesitzer ein Interview mit klaren Worten ab. "Wenn diese Typen hören, was ich von denen halte, dann bin ich doch der Nächste auf der Liste." Der braungebrannte Mann ist zwar gesprächig, aber seinen Namen oder der seines Hotels darf nicht genannt werden. Er berichtet von großer Wut unter den Kolleginnen und Kollegen. "Es kann doch nicht sein, dass diese selbsternannten Aktivisten jedes Mal wieder freikommen." Er habe gehört, dass die Mitglieder der "Letzten Generation" aktuell gar nicht auf der Insel seien.
Dazu passt, dass am Dienstag aktuell von Farbattacken auf eine Yacht in Neustadt (Kreis Ostholstein) berichtet wird. "Wir haben mit mehreren Kollegen eine Whats App-Gruppe. Wenn die hier wieder auftauchen, dann warnen wir uns gegegenseitig", so der Hotelbesitzer, der sichtlich bemüht ist seine Wut zurückzuhalten.
Auch im Hotel "Miramar" möchte sich niemand äußern, aber wir erfahren immerhin, dass die Renovierung der Hotelbar gut voran geht. Sie wird vermutlich bald wieder geöffnet.
Haben Sylter einige Gruppenmitglieder angegriffen?
Die Stimmung ist bei einigen Syltern gereizt. "Wir versuchen hier, nachhaltig zu arbeiten. Wir bieten regionale Gerichte an", erzählt ein etwa 40-jähriger Mann auf der Promenade in Westerland. Er arbeitet nach eigenen Angaben in einem Restaurant auf der Insel. Mehr möchte er nicht sagen: "Sonst sind wird doch die nächsten Kandidaten." Klimaschutz sei auch ihm wichtig, "aber so geht das nicht". Ein anderer Gastonomiemitarbeiter wird deutlicher: "Wehe ich erwische einen von denen!"
Es gibt Berichte, dass sich Sylter auch schon zur Wehr gesetzt haben. So sollen in Kampen Mitglieder der "Letzten Generation" ebenfalls mit Farbe bespritzt worden sein. Es wird außerdem von einer "Rangelei" mit einem Journalisten berichtet. Möglicherweise eine Verwechslung? Wurde der Reporter für ein Mitglied der Gruppierung gehalten? Die Polizei in Flensburg hält sich auf Nachfrage zurück. Die Pressestelle dort verweist auf die Ermittlungen.
"BeachHouse"-Chef: "Wir machen hier Umweltschutz"
Jan Scharfe ist seit zehn Jahren Chef des Restaurants "BeachHouse" in den Westerländer Dünen. Er ist der einzige angefragte Gastonom, der zu einem Interview bereit ist. Er zeigt auf die Solaranlage auf dem Dach. "Wir machen hier Umweltschutz. Wir leben von und mit der Natur", so der Gastronom, der auf dem nordfriesischen Festland aufgewachsen ist. Für ihn seien die Ziele der Aktivisten zwar ehrenwert, aber die angewendeten Mittel völlig falsch. Jan Scharfe kann Kollegen verstehen, die wütend sind und nicht mehr mit der Presse sprechen. "Vielleicht sollten wir den Leuten tatsächlich nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken", so der Familienvater.
Kampen lockt Schaulustige an
Vor der Dior-Boutique in Kampen machen Schaulustige immer mal wieder Bilder, denn die Farbschmiereien sind immer noch gut zu sehen. Die Mitarbeitenden sind freundlich, machen aber auch klar: "Wir wollen nichts mehr dazu sagen." Im Restaurant "Manne Pahl" ein paar Schritte weiter kommt eine freundliche Mitarbeiterin auf uns zu. "Die Chefetage ist auf dem Festland. Bitte Donnerstag noch mal nachfragen." Auch in anderen Restaurants freundliche Gesichter, aber verschlossene Münder.
Dirk Erdmann ist Hotelbesitzer in Kampen und Chef des Sylter Hotel- und Gaststättenverbands. Auch er möchte sich vorerst nicht mehr zu den Vorfällen äußern. Die Insel will zurück zur Tagesordnung.