Eine Einsatzkraft steht am Ufer des Nord-Ostsee-Kanals in Brunsbüttel nach einem Pipeline-Leck. © NDR

Deutlich mehr Öl als befürchtet in den Nord-Ostsee-Kanal geflossen

Stand: 30.12.2022 19:16 Uhr

Seit mehr als einer Woche geht auf dem Nord-Ostsee-Kanal nach einem Ölunfall nichts mehr. Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) hält an der Sperrung bis mindestens 3. Januar fest. Das Öl auf dem NOK kann nicht komplett entfernt werden.

Es handelt sich um einen der größten Öl-Unfälle in der Geschichte Schleswig-Holsteins - so deutlich formulierte es Umweltminister Goldschmidt bei einer Pressekonferenz am Freitag. Seit Tagen schöpfen Einsatzkräfte das bei den Schleusen von Brunsbüttel ausgelaufene Rohöl aus dem Nord-Ostsee-Kanal. Nun ist klar: Es ist deutlich mehr Öl ausgelaufen als bisher bekannt war. Das Umweltministerium spricht von 294.000 Litern, die inzwischen bereits aus dem Wasser und an Land aufgenommen wurden. Die geborgene Menge Rohöl entspricht etwa 1.800 gefüllten Badewannen.

Noch immer gibt es Öl-Verschmutzungen - vor allem an den Schleusen in Brunsbüttel sowie am Ufer. Es kann also noch mehr werden. Klar sei, dass nicht die gesamte Ölmenge entfernt werden kann, erklärte die Birgit Matelski, Direktorin des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN) in Schleswig-Holstein. Goldschmidt betonte, Rohöl sei hochgiftig und mit Schwermetallen versetzt. Dank des raschen Eingreifens sei eine Ölkatastrophe verhindert worden.

Goldschmidt: Wiedereröffnung wäre derzeit unverantwortlich

Tobias Goldschmidt bei seinem Statement nahe des Kanals. © picture alliance/dpa | Jonas Walzberg Foto: picture alliance/dpa | Jonas Walzberg
Umweltminister Tobias Goldschmidt will die Auswirkungen auf Umwelt und Schifffahrt möglichst gering halten.

Trotz der laut Ministerium bisher erfolgreichen Arbeiten sei die Situation noch nicht beendet, mahnt der Umweltminister. Noch immer befinde sich zu viel Öl im Wasser und an den technischen Anlagen in Brunsbüttel. Aktuell seien rund 60 Menschen im Einsatz, um das Schilf, die Spundwände, die Schiffe und Schleusen von dem Öl zu befreien. Mit dabei: die Ölbekämpfungseinheit "Lüttmoor" mit "Odin" - zwei gemeinschaftliche Geräte des Bundes und der Küstenländer zur Bekämpfung von Meeresverschmutzungen.

Erst wenn auch im Uferbereich oder an den Schleusenkammern keine Ölreste mehr vorhanden sind, kann der Kanal nach Ansicht von Goldschmidt wieder freigegeben werden. Denn selbst wenn Schiffe langsam den Kanal befahren, gibt es Wellenschlag. Durch diesen könnten die Ölrückstände, die sich zum Beispiel an der Uferböschung abgelagert haben, wieder ins freie Wasser gespült werden, eventuell sogar in die Nordsee oder die Elbe gelangen. Das soll laut Goldschmidt unter allen Umständen verhindert werden. Am Montag (2.1.) soll entschieden werden, ob der Kanal am 3. Januar wieder für die Schifffahrt freigegeben wird.

Eine Belastung für die Umwelt

Am Mittwoch hatte das Land vom Havariekommando die Einsatzleitung für den Nord-Ostsee-Kanal übernommen. Der Kanal wurde am 21. Dezember gesperrt, nachdem wegen eines Lecks in einer Pipeline im Hafen von Brunsbüttel große Mengen Öl ausgelaufen waren - eine Gefahr für die Umwelt. Als der Ölunfall gerade passiert war und das Öl noch auf der Wasseroberfläche schwamm, waren einige Wasservögel mit ölverschmiertem Gefieder gesichtet worden. Allerdings beschränkte sich dies auf eine zweistellige Anzahl an Tieren. Laut Goldschmidt schließt die Polizei eine Sabotage an der Pipeline inzwischen aus.

Was geschieht mit dem Öl?

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Jens Rauterberg vom Havariekommando steht am Ufer des Nord-Ostseekanals in Brunsbüttel und blickt in die Kamera. © NDR
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Um die Liegeplätze reinigen zu können, werden noch liegende Schiffe nach und nach ausgeschleust. Die Reinigung der Uferbereiche und der Hafen- und Schleusenanlagen haben inzwischen externe Fachfirmen übernommen. Die Reinigung der Uferbefestigungen, Leitwerke und Dalben wird laut LKN aufwendiger als gedacht. Parallel dazu wird das abgesaugte Öl-Wasser-Gemisch in Saugwagen abgefahren und nach Heide in die Raffinerie gebracht. Dort wird das Gemisch zunächst separiert: Schlechte Mengen werden entsorgt - gutes Öl wird in den Raffinerieprozess eingebracht und aufgearbeitet.

Die Raffinerie Heide ist auch Betreiberin der leckgeschlagenen Rohöl-Pipeline, nicht jedoch Eigentümerin. Dies teilte das Unternehmen auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein mit.

FDP: Weitere Sperrung gefährdet Wirtschaft im Norden

Unterdessen werden die kritischen Stimmen, die eine schnelle Freigabe der Wasserstraße fordern, immer lauter. Die IHK befürchtet, dass Reedereien die Routen für ihre Container-Schiffe längerfristig ändern und der NOK künftig weniger genutzt werden könnte. Und auch die FDP warnt: Für die Wirtschaft im Norden sei die weitere Sperrung ein massives Problem, so Landeschef Oliver Kumbartzky. Doch Goldschmidt betonte am Freitag: "Auch unser Ziel ist es, den Nord-Ostsee-Kanal zeitnah freigeben zu können." Eine verfrühte Öffnung mit anschließender erneuter Sperrung bringe niemandem etwas, so der Minister weiter.

Unternehmensverband sieht Bund in der Pflicht

In Bezug auf die Öl-Havarie und die weitere Sperrung des Nord-Ostsee-Kanals hat der Unternehmensverband Nord den Bund kritisiert. Hauptgeschäftsführer Michael Thomas Fröhlich sprach von einer "Aneinanderreihung von Pleiten, Pech und Pannen rund um den Nordostseekanal". Der NOK werde als Bundeswasserstraße seiner Meinung nach immer noch stiefmütterlich behandelt. "Wir brauchen einen NOK-Manager für die ganzen Baustellen, einen Kümmerer", sagte Fröhlich. Man könne einiges besser machen. Es wäre fatal, wenn Reeder das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des NOK verlieren und stattdessen den Umweg über das Kattegat nutzen würden.

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NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 30.12.2022 | 15:00 Uhr

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Umweltschutz

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